Neues tschechisches Webportal koordiniert Ukraine-Hilfe

Schnell, direkt und effektiv – so sollten derzeit Hilfsmaßnahmen für die Ukraine aussehen. In Tschechien ist dazu am vergangenen Wochenende die Website www.stojimezaukrajinou.cz (Wir stehen hinter der Ukraine) entstanden. Mit übersichtlich sortierten Kontakten und Hilfsangeboten koordiniert sie nicht nur die Unterstützung für die Menschen in und aus dem kriegsgeschüttelten Land. Sondern auch die Programmierung ist in rascher und ehrenamtlicher Arbeit vonstattengegangen.

Hinter dem neuen Online-Portal steht die gleichnamige Hilfsinitiative „Stojíme za Ukrajinou“. Sie beschreibt sich selbst als „organisationsübergreifende Gruppe Ehrenamtlicher und Aktivisten“, denen der von Russland geführte kriegerische Konflikt in der Ukraine nicht egal sei. Mit der technischen Umsetzung der Website wurde wiederum Česko.Digital beauftragt – ein loser Zusammenschluss von IT-Experten, der seit etwa drei Jahren besteht. Auch Martina Habová gehört dazu:

„Česko.Digital hat als Gemeinschaft von ehrenamtlichen Fachleuten seine Infrastruktur, Leute und Kontakte zur Verfügung gestellt. Dadurch ist es gelungen, die Webseite innerhalb von zwei Tagen online zu stellen.“

Martina Habová | Foto: YouTube

Nachdem erst am Freitag vergangener Woche alle Absprachen mit der Aktivisten-Vereinigung getroffen wurden, konnte Česko.Digital am Sonntag das fertige Produkt präsentieren. Die Seite stojimezaukrajinou.cz dient der Information und Koordination. Sie bietet vor allem Tipps und Anregungen zur konkreten Hilfe für die Ukraine oder Geflüchtete, sei es in Form von Geld- und Sachspenden, Petitionen oder Unterkünften. Die Idee dazu habe es bereits vor Beginn der Kriegshandlungen gegeben, sagt Habová:

„Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine haben das Ganze dann beschleunigt. Unsere Pläne für die Website waren eigentlich noch in der Phase der Feinabstimmung. Projekte für ähnliche Portale, die Hilfsangebote beinhalten, gibt es nämlich gerade viele. Wir wollten die vorhandenen Kräfte nicht spalten. Denn es ergibt keinen Sinn, mehrere solcher Seiten zu haben.“

Flüchtlinge aus der Ukraine | Foto: Czarek Sokolowski,  ČTK/AP Photo

Tatsächlich hat sich seit Kriegsbeginn am vergangenen Donnerstag in Tschechien eine große Welle der Solidarität entwickelt. Diese äußert sich nicht nur in entsprechenden Demonstrationen oder einer erhöhten Spendenbereitschaft. Menschen machen sich zudem auf den Weg an die slowakisch-ukrainische Grenze, um Geflüchtete in Empfang zu nehmen. Oder sie bieten hierzulande spontane Unterkunftsmöglichkeiten an.

Wichtige Kontakte, Unterkünfte, psychologische Hilfe

Professionelle Hilfsorganisationen sind froh über das Engagement der Bevölkerung, rufen inzwischen aber auch schon dazu auf, nichts auf eigene Faust zu unternehmen. Die Angebote sollen vielmehr an offizielle Stellen gemeldet und von diesen koordiniert werden. Dazu trägt nun auch stojimezaukrajinou.cz bei. Und Geflüchtete selbst finden unter der Internet-Adresse alle nützlichen Informationen und Kontaktstellen, angefangen vom Innenministerium über die Botschaft bis hin zu Rechtsbeistand und psychologischer Hilfe. Martina Habová:

Flüchtlinge aus der Ukraine | Foto: Vladimír Pryček,  ČTK

„Alles ist an einem Ort zu finden. Wichtig ist dabei, dass die Verlinkungen auf ihre Echtheit überprüft worden sind. Wir wollten nicht einfach eine Liste mit Links zusammenstellen, die vielleicht ungültig sind oder eine unklare Herkunft haben. Dies betrifft vor allem die Geldsammlungen, denn die Menschen sind heute oft misstrauisch. Es war also unser Ziel, wirklich umfangreiche Hilfsmöglichkeiten und glaubwürdige Kontakte zusammenzutragen.“

Dies alles steht in Tschechisch, Englisch und auch Ukrainisch zur Verfügung. Übersichtlich und professionell ist die Seite, die etwa 150 IT-Profis und Unterstützer aufgesetzt haben. Und weiter Habová:

Foto: Monika Hlaváčová,  ČTK

„Zum großen Teil sind dies freiwillige Unterstützer, die ansonsten woanders arbeiten. Ihnen kam entgegen, dass wir das Projekt am Wochenende umgesetzt haben. Die Beteiligten haben also ihre Freizeit geopfert – und vor allem auch ihren Schlaf, denn es wurde bis in die frühen Morgenstunden gearbeitet. Teilweise lief das über asynchrone Kommunikation ab. Das heißt, es wird zentral und transparent mitgeteilt, wer gerade woran arbeitet. Wir haben Dokumente genutzt, die für alle zugänglich waren. Einige von uns fungierten als Koordinatoren, die die Beteiligten bei der Informationssuche oder auch bei Übersetzungen unterstützt haben.“

Dabei konnten die Mitglieder von Česko.Digital schon auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Vergleichbare Online-Portale wurden unter ähnlich knappen zeitlichen Bedingungen während der Corona-Pandemie aufgesetzt. „Učíme online“ (Wir unterrichten online) etwa diente dem Distanzunterricht, als die Schulen geschlossen waren. Und auf „Dáme roušky“ (Wir verschenken Masken) wurde die kostenlose Verteilung selbstgenähter Mundschutzmasken in ganz Tschechien koordiniert.

„Wir verschenken Masken“

Erprobtes Know-How

Benefizkonzert für die Ukraine auf dem Prager Wenzelsplatz | Foto: Roman Vondrouš,  ČTK

Dieses Know-how und die gute Vernetzung von Česko.Digital kommen nun auch der Ukraine-Hilfe zugute. Die Seite stojimezaukrajinou.cz wurde allein am ersten Tag nach der Veröffentlichung mehr als 93.000 Mal aufgerufen. Sie enthält im Übrigen auch Veranstaltungshinweise, wie etwa Benefizkonzerte und Kundgebungen in einzelnen tschechischen Städten. Alles unter dem Hinweis, dass es eben nicht reiche, beunruhigt, aber passiv zu sein. Die Menschen in Tschechien werden vielmehr aufgerufen, zusammenzukommen und miteinander über das Geschehen in der Ukraine zu reden.

Noch sei die technische Arbeit an der Plattform nicht vorbei, wirft Habová ein:

„Vor uns liegt jetzt die Herausforderung, den langfristigen Betrieb und die Aktualisierung der Seite sicherzustellen. Damit beschäftigen wir uns in dieser Woche. Alle Portale, die bisher mit Hilfe von Česko.Digital aufgesetzt worden sind, haben wir nach einer gewissen Zeit dann den Organisationen beziehungsweise der staatlichen Verwaltung zum Weiterbetrieb übergeben. Auch mit der neuen Website gehen unsere Pläne in diese Richtung.“

Zuvor gibt es aber noch Ideen für Ergänzungen, um die Nutzung zu erleichtern. So sollen etwa alle Hilfsangebote zur besseren Orientierung auf eine Tschechien-Karte übertragen werden, kündigt Habová an. Durch das Projekt seien nicht nur neue freiwillige Mitarbeiter zum Team von Česko.Digital gestoßen. Auch die Solidarität unter den Partnern sei bemerkenswert, so die Koordinatorin:

Illustrationsfoto: Michal Jemelka,  Tschechischer Rundfunk

„Die Zusammenarbeit funktioniert quer durch alle Firmen, und das Konkurrenzdenken ist in den Hintergrund getreten. Organisationen, Unternehmen und Ehrenamtliche stehen sich dabei zur Seite. Es herrschen gegenseitiger Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft, alle haben aktiv und mit großer Einsatzbereitschaft gearbeitet. Dies ist ein unvergessliches Erlebnis.“