Sprachkurse, Street Art und sehr viel Literatur
Berlin und Prag liegen Luftlinie nur 280 Kilometer auseinander. Diese Nähe ist auch förderlich für den Kulturaustausch, wie das Programm des Tschechischen Zentrums in der Bundeshauptstadt erneut beweist. Was in den kommenden Wochen ansteht, dazu mehr im Interview mit der stellvertretenden Direktorin des Zentrums, Christina Frankenberg.
„Das stimmt genau, bei uns ist der Sommer seit der letzten Woche vorbei. Wir zeigen den dritten Teil eines größeren Projektes, das sich unter dem Titel ‚The Art of Remark‘ mit Urban Art oder Street Art in Berlin und in Prag beschäftigt. Es gab ja schon eine Ausstellung in der Prager Trafačka, also in der Trafo-Galerie, und bis zum Juli eine Ausstellung über Berliner Street Art hier in unserer Galerie TZB. Jetzt zeigen wir seit vergangenem Donnerstag die Ausstellung ,Vabanque‘. In dieser präsentieren sich drei Künstler aus Prag, die unter den Pseudonymen Epos 257, Mind und Hrsman-Bay: An 164 auftreten. Sie sind ursprünglich Graffiti-Sprayer gewesen und jetzt als Street Artists in Prag unterwegs. Alle drei haben hier in Berlin Projekte weiterentwickelt, die sie in Prag schon einmal in ähnlicher Weise realisiert haben oder die von ähnlichen Gedanken inspiriert worden sind. Hier in Berlin zeigen wir drei Videos und zwei Objekte in der Galerie. Eines ist auch im öffentlichen Raum zu sehen. In einem dieser Projekte hat einer der Künstler beispielsweise einen Berliner Fußgängerüberweg nach dem Vorbild der Prager Zebrastreifen umgesprüht und diese Aktion in einem Video dokumentiert. Dieses Video kann man hier bei uns in der Galerie sehen.“
Der Titel der Ausstellung ist ja „Vabanque“. Worauf spielt das an?
„Das spielt darauf an, dass sie Arbeit der Künstler wirklich sozusagen ein Vabanque-Spiel ist. Die Arbeit von ihnen und auch von Graffiti-Künstlern ist immer mit dem Risiko verbunden, entdeckt zu werden. Deshalb haben sich die Künstler auch diese Pseudonyme angelegt, unter denen sie auftreten.“Im Spätsommer beginnen an den Tschechischen Zentren auch immer neue Sprachkurse. Was bieten Sie an, und bis wann kann man sich noch einschreiben?
„Der erste Kurs, den wir anbieten, ist ein Tschechisch-Intensivkurs. Er läuft von 15. bis 19. September, also eine Woche lang. Das ist ein Einstiegskurs für Anfänger ohne Vorkenntnisse. Für diesen Kurs kann man sich noch bis zum 10. September anmelden. Im Oktober geht es dann mit den regulären Sprachkursen weiter. Sie werden in den Niveaus von A1 bis C2 angeboten. Diese Sprachkurse finden immer Montag- bis Donnerstagnachmittag oder abends statt. Dafür kann man sich Ende September oder sogar Anfang Oktober noch anmelden. Die Hörer haben also noch über einen Monat Zeit, um sich das zu überlegen. Im Augenblick sind die aktuellen Informationen zu den Sprachkursen im Oktober noch nicht auf unserer Homepage zu finden, wir werden sie aber in den nächsten Tagen veröffentlichen.“
Im Herbst wird in Berlin bei mehreren Veranstaltungen an den tschechischen Schriftsteller Bohumil Hrabal gedacht, der vor 100 Jahren geboren wurde. Am 25. September wird zunächst eine Ausstellung eröffnet. Vielleicht können Sie ein bisschen mehr dazu sagen und auch in welcher Weise das Tschechische Zentrum im Berlin daran beteiligt ist…
„Das ist die große Ausstellung ,Bohumil Hrabal - Schriftsteller, Tscheche, Mitteleuropäer‘, die im Berliner Literaturhaus zu sehen sein wird. Die Ausstellung wird am 25. September eröffnet und läuft dann bis zum 23. November. Sie entstand in Zusammenarbeit mit dem Prager Museum der tschechischen Literatur auf dem Strahov-Hügel in Prag. In dieser Ausstellung werden die Persönlichkeit von Bohumil Hrabal und sein gesamtes Werk vorgestellt. Es handelt sich um eine sehr informative Ausstellung, in der auch Fotos zu sehen sein werden. Im Begleitprogramm, das über die gesamte Ausstellungsdauer laufen wird, wird es Lesungen und Diskussionen geben. Gezeigt werden zudem Filme, die nach dem Drehbuch von Bohumil Hrabal entstanden beziehungsweise von seinen Werken inspiriert sind. Da hat Jiří Menzel zum Beispiel ganz bekannte Filme gedreht, von denen ,Ostře sledované vlaky‘ ja sogar mit dem Oskar ausgezeichnet wurde. An einigen Veranstaltungen des Begleitprogramms wird das Tschechische Zentrum beteiligt sein. Auch wenn wir nicht direkt Veranstalter der Ausstellung sind, möchte ich sie trotzdem erwähnen, weil sie für das Berliner literaturinteressierte Publikum wirklich eine gute Möglichkeit ist, Bohumil Hrabal posthum näher kennen zu lernen. Erwähnen möchte ich jetzt auch schon eine Veranstaltung, die wir im Berliner Literaturhaus haben werden. Im vergangenen Winter hatten die Tschechischen Zentren einen Übersetzerwettbewerb zum Werk von Bohumil Hrabal organisiert. Dort haben wir junge Übersetzer bis 25 Jahre aus verschiedenen Ländern angesprochen und sie einen Text in die jeweilige Sprache übersetzen lassen, der zuvor noch nicht übersetzt worden war. In Deutschland hat Daniela Pusch diesen Wettbewerb gewonnen. Sie hat die Erzählung ,Perličky na dně‘ -,Perlen auf dem Meeresgrund‘ - neu übersetzt. Am 21. Oktober wird sie aus dieser Übersetzung lesen und in einer Diskussion von ihrer Arbeit erzählen.“Um Literatur geht es auch bei zwei weiteren Veranstaltungen, allerdings um eine heutige Autorin. Anfang Oktober kommt nämlich die tschechische Schriftstellerin Tereza Boučková nach Deutschland, und im Gepäck hat sie die deutsche Übersetzung ihres jüngsten Werks, Wahnsinnig traurige Geschichten‘. Vielleicht können Sie die Literatin ein bisschen vorstellen…
„Das mache ich sehr gerne. Zunächst vielleicht zu den Veranstaltungsdaten: Tereza Boučková wird am 8. Oktober hier in Berlin im Tschechischen Zentrum lesen. Am 9. Oktober wird sie dann auch in Frankfurt am Main zu Gast sein und ihren neuen Erzählungsband im Rahmen der dortigen Buchmesse vorstellen. Das ist der Band ,Wahnsinnig traurige Geschichten‘, der im September im Karl-Rauch-Verlag erscheint. Dieser Band enthält verschiedene Short Stories, in denen sie mit Humor und Ironie von nicht immer einfachen Situationen im Leben erzählt. Tereza Boučková ist ja in Tschechien eine relativ bekannte Autorin. In deutscher Sprache hat sie bisher erst ein Buch veröffentlicht, und zwar ihr literarisches Debüt. Im Tschechischen Zentrum haben wir aber auch schon Filme gezeigt, die nach Drehbüchern von Tereza Boučková gedreht wurden, das war zum Beispiel der Film Smradi. In diesem Drehbuch erzählt sie von einer Familie, die zwei Roma-Jungs adoptiert hat, und von den Problemen der Familie mit der tschechischen Umwelt. Der Film ist auch autobiografisch motiviert, denn Tereza Boučková hat selbst zwei Roma-Jungs adoptiert. Über dieses Thema Adoption ist sie auch der tschechischen Öffentlichkeit bekannt geworden. Außerdem hat sie einen großen Roman geschrieben – „Rok kohouta“, also ,Das Jahr des Hahns‘, in dem sie auf ihre Erfahrungen mit der Adoption eingeht. Dieser Roman ist in den tschechischen Medien sehr kontrovers besprochen worden. Soweit ich weiß, soll auch dieser Roman jetzt ins Deutsche übersetzt werden und im nächsten Jahr dann erscheinen.“