„Das Budget ist stabilisiert“ – Programmdirektor Schubert zu Radio Prag 2014

Gerald Schubert (Foto: Archiv Radio Prag)

Bei Radio Prag hat sich in den vergangenen Jahren einiges verändert. Für viele Hörer wohl der größte Einschnitt war die Abkehr von der Kurzwelle im Januar 2011. Hintergrund war der Sparkurs der damaligen Regierung in Prag gewesen, in der Folge kürzte das tschechische Außenministerium auch im Budget von Radio Prag. Wie nun das Jahr 2013 bei den Auslandssendungen des Tschechischen Rundfunks verlaufen ist und welche Aussichten für 2014 bestehen, dazu nun ein Gespräch mit Radio-Prag-Programmchef Gerald Schubert.

Gerald Schubert  (Foto: Archiv Radio Prag)
Gerald, wir haben hier bei Radio Prag ja vor einem Jahr erneut Kürzungen im Budget ertragen müssen. Was ist deine Bilanz, wie sehr hat sich das auf unsere Sendungen ausgewirkt?

„Leider sind 2013 vier unserer Redaktionen geschrumpft. Dazu müssen wir über den Tellerrand der deutschen Redaktion hinaussehen, weil diese und die englische Redaktion von den Budgetkürzungen vor einem Jahr kaum betroffen waren. Sie haben aber zuvor schon öfter Einsparungen erlitten. 2013 ging es vielmehr um die weiteren Sprachredaktionen, die spanische, die französische und die russische haben jeweils einen Redakteur oder eine Redakteurin verloren. Das bedeutet, die Redakteure haben seitdem weniger Spielraum und können nicht mehr so häufig auf Recherche oder zu Pressekonferenzen gehen. Das macht sich in der täglichen Arbeit bemerkbar. Ich würde auch sagen, dass diese Einsparungen und Einschränkungen der Rolle von Radio Prag als Stimme Tschechiens in der Welt nicht ganz entsprechen; denn wir sind eigentlich die wichtigste Informationsquelle für ausländische Rezipienten über die Tschechische Republik. Ich nennen in diesem Zusammenhang immer auch gerne die sogenannten Multiplikatoren. Wir senden ja nicht nur sozusagen für die Endverbraucher, sondern haben zudem ganz spezifische Zielgruppen. Dazu gehören hier in Prag zum Beispiel ausländische Diplomaten oder Korrespondenten ausländischer Medien. In dem Sinn erfüllen wir eine wichtige Rolle. Dazu ist aber ein Minimum an finanzieller und personeller Ausstattung nötig. Dennoch glaube ich, dass wir uns gut geschlagen haben. Auch in den genannten Redaktionen wird mit Kreativität und Themenwahl gut gearbeitet.“

Radio Prag - tschechische Webseite
Besonders getroffen haben die Kürzungen allerdings die tschechische Redaktion…

„Ja, dort gestalten nur noch zwei Leute das Programm. Man könnte natürlich sagen: Auslandstschechen können sich auch auf anderen tschechischen Webseiten informieren. Doch wir gehören ja nicht zu jenen Webseiten, die alle zehn Minuten der neuesten Nachricht hinterherhecheln, sondern wir bringen ein ganzheitliches Bild dessen, was täglich in der Tschechischen Republik geschieht.“

Wie sieht denn das Budget für das Jahr 2014 aus?

Foto: graur razvan ionut,  FreeDigitalPhotos.net
„Die wichtigste Nachricht ist, dass das Budget für 2014 offensichtlich stabilisiert ist - es gibt zumindest keine weitere Kürzung gegenüber dem Jahr 2013. Und mal sehen: Es könnte vielleicht sogar wieder ein bisschen mehr werden. Dazu gibt es noch keine konkreten Zahlen und keine definitiven Entscheidungen. Aber selbst wenn es mehr werden sollte, werden keine großen strukturellen Neuerungen möglich sein. Das ist dann auch noch eine Frage der Absprache innerhalb des Tschechischen Rundfunks. Nur als Erläuterung: Radio Prag ist ja nur ein Teil des großen Tschechischen Rundfunks, und die Absprachen laufen zwischen dem Rundfunks als Ganzem und dem Außenministerium. Und da bestehen eben noch viele Fragezeichen. Aber wichtig ist für uns, dass die Abwärtsspirale nun gestoppt ist und dass wir unserer Aufgabe, die Stimme Tschechiens in der Welt zu sein, weiter nachkommen können.“

Das heißt aber andersherum auch, dass es bei uns keine allgemeine Rückkehr zur Kurzwelle geben wird. Dies ist ja häufig eine Frage unserer Hörer…

„Zumindest im Jahr 2014 nicht. Es gibt aber immer wieder Angebote von anderen Kurzwellensendern, die an unseren Inhalten interessiert sind und unsere Sendungen übernehmen würden. So sind wir teilweise mit unseren spanischen und englischen Sendungen wieder auf die Kurzwelle zurückgekehrt. Die werden im süd- und mittelamerikanischen Raum ausgestrahlt, dank eines sogenannten Re-Broadcasters, den wir dort haben. Und auch für die deutschen Sendungen bestehen solche Angebote. Man muss sich aber noch ansehen, was das dann genau kostet. Das heißt, eine Rückkehr auf die Kurzwelle ist prinzipiell nicht ausgeschlossen, aber die flächendeckende Rückkehr von Radio Prag über die alten Kurzwellensender, die in der Tschechischen Republik stehen, ist für 2014 nicht angedacht.“

Thronfolger Franz Ferdinand
Welche interessanten Projekte sind für das kommende Jahr geplant?

„Beginnen wir einmal beim Inhaltlichen: Wir wollen die Wirtschaftsberichterstattung intensivieren. Das ist ein wichtiges Thema, nicht nur vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, sondern auch weil Tschechien ein Exportland ist und wir dies auch so präsentieren wollen. Zudem können wir bilaterale wirtschaftliche Angelegenheiten ein bisschen mehr in den Mittelpunkt unserer Sendungen stellen. Das haben wir zumindest vor. Außerdem gibt es drei wichtige Jahrestage, darauf können wir jetzt schon hinweisen. Das ist zum einen am 28. Juni der 100. Jahrestag der Ermordung von Österreichs Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajewo. Das Gebiet der heutigen Tschechischen Republik war damals ja Teil der großen österreichisch-ungarischen Monarchie. Und wie wir wissen: Die Ermordung von Franz Ferdinand wird häufig als Auslöser gesehen für die Urkatastrophe im 20. Jahrhundert, den Ersten Weltkrieg, der letztlich auch zum Zweiten Weltkrieg geführt hat. Das ist also ein sehr wichtiges Datum, das wir inhaltlich bestimmt im Auge behalten werden. Die beiden weiteren Jahrestage sind: am 1. Mai der zehnte Jahrestag des EU-Beitritts von Tschechien und am 17. November ein Vierteljahrhundert Samtene Revolution. Im Herbst werden 25 Jahre vergangen sein, seitdem in Prag die großen Demonstrationen begannen, die letztlich zum Sturz des kommunistischen Regimes geführt haben.“

www.czech.cz
Und was ist abseits von den Inhalten angedacht?

„Wir planen zudem ein neues Web-Design. Wir werden uns wahrscheinlich wieder etwas mehr an das Design der anderen Stationen im Tschechischen Rundfunk annähern. Außerdem überlegen wir, schrittweise die Webseite von der Sendung zu entkoppeln, weil die Seite ja zu einem Großteil aus der schriftlichen Wiedergabe der Sendungen von Radio Prag besteht, inklusive Fotos. Aber das Internet bietet mehr Möglichkeiten. Wir werden mal ausloten, was möglich ist, vielleicht werden wir verstärkt Videos einsetzen und Inhalte zusätzlich zur Sendung bringen. Und vielleicht noch ein Detail, das jetzt nicht Radio Prag betrifft: Wir sind mit dem tschechischen Außenministerium im Gespräch, auch Inhalte für das Portal www.czech.cz zu liefern. Dies ist ein mehrsprachiges Portal des Außenministeriums. Ich finde dies eigentlich eine gute Entwicklung, dass wir uns auch in dieser Hinsicht mit dem Ressort verständigen und im Kontakt sind.“

Foto: Kristýna Maková
Radio Prag ist ja verstärkt auch in den Neuen Medien präsent. Macht sich das bemerkbar?

„Zunächst einmal allgemein: Die Neuen Medien ersetzen vieles, was wir nicht mehr über die Kurzwelle leisten können. Denn es gibt ja nicht nur die klassische Webseite, sondern auch Apps, Live-Streams, RSS-Benachrichtigungen, Podcasts usw.; seit einigen Tagen wird auch eine neue App des Tschechischen Rundfunks angeboten, und zwar für Android-Betriebssysteme, über die die meisten Mobilfunktelefone laufen. Da haben wir sehr gute Möglichkeiten, den Verlust der Kurzwelle zu verschmerzen. Dann gibt es natürlich auch die sozialen Netzwerke. Die englische und die spanische Redaktion haben dabei mehrere Tausend Nutzer, bei den anderen bewegen sich die Zahlen im Bereich mehrerer Hundert. Die Zahlen sind zwar nicht riesig, doch die Netzwerke bieten schon eine gute Möglichkeit, auch die Kommunikation mit den Hörern zu pflegen. Denn direkt in unseren Beiträgen haben wir keine Feedback-Möglichkeiten. Ich glaube dies ist etwas, das wir durchaus weiter verfolgen sollten.“

Mauerfall in Berlin  (Foto: Superikonoskop,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Bei Radio Prag gab es 2013 einen crossmedialen Hörerwettbewerb. Unsere Hörer waren aufgefordert, ein Foto und einen Text mit tschechischen Bezug hochzuladen. Ist Ähnliches auch für 2014 geplant?

„Was Wettbewerbe betrifft: Wir werden weiterhin unsere monatlichen Quizfragen stellen. Sie sind sehr beliebt, jeden Monat erhalten wir mehrere Hundert Antworten aus der ganzen Welt. Zum Einzugsbereich gehören auch Gebiete, von denen man das nicht erwarten würde, wie Japan oder Pakistan. Meist sind die Quizfragen an ein besonderes Ereignis gekoppelt oder an einen Jahrestag – das stellt eine schöne Ergänzung zu unseren Sendungen dar. Aber eine größere Aktion in Form einer multimedialen Beteiligung unserer Hörer ist tatsächlich auch wieder geplant. Ich würde das aber nicht als Wettbewerb bezeichnen, denn die genaue Form ist noch gar nicht ganz klar. Aber im Zusammenhang mit dem Jahrestag der Samtenen Revolution, von dem ich vorhin gesprochen habe, wollen wir die Hörer ganz gerne auch nach ihren Erinnerungen daran fragen. Das soll vielleicht nicht nur als Text oder als E-Mail geschehen, sondern auch als Video. Interessanterweise funktionieren Videos meist besser, als wenn man die Leute auffordert, eine Audio-Datei zu schicken. Denn die meisten Menschen haben heute in ihren Mobiltelefonen ohnehin Kameras. Die Wahrscheinlichkeit, dass mit einem Video ein Feedback kommt ist größer als mit einer Ton-Datei. Diese Rückmeldungen wollen wir dann auch direkt in unsere Sendungen integrieren. Die Hörer kommen also nicht nur in den sozialen Netzwerken zu Worte und in den regelmäßigen Hörersendungen, sondern auch direkt in der Berichterstattung. Das wäre vielleicht besonders schön für die sogenannten Auslandstschechen, die ja in ihren Exilländern die Revolution in der Tschechoslowakei damals sicher sehr intensiv verfolgt haben. Aber vielleicht ist es auch für die Deutschen besonders interessant. Denn 1989 war ja nicht nur in der Tschechoslowakei ein Revolutionsjahr, sondern eine Woche vor diesem 17. November ist ja auch die Berliner Mauer gefallen. Vielleicht gibt es da eindrucksvolle persönlich Erinnerungen unserer Hörerinnen und Hörer, auf die wir auch sehr gerne zurückgreifen würden. Aber Näheres und eine Aufforderung, uns das zu schicken, kommen dann später erst – so nach dem Sommer.“

Autor: Till Janzer
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