Kirche mit romanischem Kern: St. Peter und Paul in Bohnice
Die meisten Stadtteile am Rand von Prag waren früher selbständige Gemeinden. Vielerorts ist dort das historische Zentrum erhalten geblieben. So auch im Stadtteil Bohnice im Norden von Prag, wo inmitten der ursprünglichen Ansiedlung die St.-Peter-und-Paulkirche steht. Sie gehört zu den ältesten Kirchen in Tschechien, denn gegründet wurde sie bereits im 12. Jahrhundert.
„Die Kontinuität des Sakralraums ist über mehr als 850 Jahre erhalten geblieben. Die Kirche wurde vom Propst des Vyšehrad-Kapitels gegründet. Dieser kirchliche Würdenträger war eine wichtige Persönlichkeit am Hof des Fürsten Vladislav, der 1158 von Friedrich Barbarossa die Königswürde erhielt. Es ist beachtenswert, dass der König dieses Dorf unweit von Prag besucht hat, wo gerade die Kirche geweiht wurde. Davon ist eine Pergamenturkunde erhalten geblieben, in der es heißt: ‚Ich, der Prager Bischof Daniel, habe auf Anlass von König Vladislav in diesen Altar Reliquienschreine mit den sterblichen Überresten von Heiligen gelegt.’ 14 Heilige werden dort aufgezählt, darunter auch der heilige Peter. Unter der Aufzählung stehen die Namen von König Vladislav und Königin Judith. Als letzter wird der Gründer der Kirche, Propst Gervasius, genannt.“
Die Urkunde wurde per Zufall im 18. Jahrhundert in der Kirche gefunden, als der romanische Altar durch einen neuen ersetzt wurde. Die Originalurkunde wird im Prager Stadtarchiv aufbewahrt, eine Kopie davon ist auch in der Kirche zu sehen.Über den Bau der Kirche in Bohnice im Mittelalter ist nur wenig bekannt. Berichte existieren nur darüber, dass sich in der Kirche einst ein wertvolles romanisches Taufbecken befand. Dieses ließ einer der Pfarrer in die Gemeinde Liboc bringen. Die damaligen Pfarrer waren nicht ausschließlich für Bohnice zuständig. Eine selbständige Pfarrei entstand in Bohnice im 14. Jahrhundert. Damals wurde die Kirche wahrscheinlich auch dem heiligen Paul geweiht.
Während des Dreißigjährigen Kriegs wurden viele Kirchen in Böhmen geplündert, so auch die in Bohnice. In den 1650er Jahren wurde ein Verzeichnis aller Immobilien im Königtum zusammengestellt. Bei Bohnice wurde notiert, die Pfarrkirche sei „verwüstet“. Es gab dort auch keine selbständige Pfarrgemeinde mehr. Trotzdem sind zwei Gegenstände aus dieser Zeit erhalten geblieben, erzählt Vít Kofroň:„In der Kirche hängt immer noch eine Glocke aus der Zeit, die erstaunlicherweise auch die beiden Weltkriege unversehrt überstanden hat. Auf der 25 Kilo wiegenden Glocke steht, dass sie vom Glöckner Stanislav 1638 gegossen wurde – also noch vor dem Einmarsch der schwedischen Truppen. Zudem ist ein Weihbecken erhalten geblieben. Der Burggraf von Ovenec, Maxmilian Čistecký, hat das aus Marmor gefertigte Becken der Kirche im Jahre 1680 geschenkt. Dieser Burggraf verwaltete beispielsweise auch das in der Nähe liegende Schloss Troja.“
Nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Kriegs wurde Bohnice erst 1736 wieder eine selbständige Pfarrgemeinde. Diesmal wurden noch einige weiteren Gemeinden eingegliedert wie beispielsweise Podbaba und Lysolaje. Heute sind dies alles Stadtteile von Prag. An die Erneuerung der Pfarrgemeinde erinnert in der Kirche das Taufbecken, das bis heute genutzt wird:„1737 ließ der hiesige Pfarrer ein neues Taufbecken aus Zinn herstellen. Denn in einer Pfarrkirche musste es einen Behälter für die Aufbewahrung des Weihwassers geben. Ein hiesiges Ehepaar schenkte der Kirche im 18. Jahrhundert ein Gemälde mit der Madonna von Altötting. An den Wänden gab es zweifelsohne Fresken, die jedoch nicht erhalten blieben. Wir wissen, dass über dem Taufbecken eine Freske mit Johannes dem Täufer war.“
Die Kirche wurde später teilweise mit Altären und Gemälden aus Klöstern ausgestattet, Kaiser Josef II. ließ damals viele Klöster auflösen. 1805 wurde die Kirche dann umgebaut. Teilweise wurde dabei auch das romanische Mauerwerk genutzt. Erst bei der Instandsetzung der Kirche vor fünf Jahren kamen diese alten Mauern wieder zum Vorschein. Sie kann man heute auf beiden Seiten des Kirchenschiffs bewundern.Vít Kofroň macht auf den Hauptaltar aufmerksam:
„Am ältesten an dem Altar ist das Altarbild, das höchstwahrscheinlich von František Karlík stammt. Karlík war ein Maler, der sich im 19. Jahrhundert auf Gemälde mit religiösen Themen spezialisierte. Das Bild entstand wahrscheinlich vor 1805, als die romanische Kirche um die beiden Seitenräume erweitert wurden. Aus derselben Zeit stammt die Kanzel, die zwar wie eine Barockkanzel aussieht, aber erst um das Jahr 1800 errichtet wurde. Mitte des 20. Jahrhunderts gestaltete dann der Architekt František Kotrba den Innenraum der Kirche neu. Seine Frau, die Malerin Vilma Vrbová, malte einen modernen Kreuzweg für die Kirche. Die Orgel stammt aus dem Jahr 1912 und wurde vor kurzem renoviert.“
Die St.-Peter-und-Paulkirche ist in der Regel nur während der Gottesdienste geöffnet. Am besten ist sie mit Bus Nr. 102, 177 oder 200 von der Metro-Haltestelle Kobylisy zu erreichen.
Dieser Beitrag wurde am 13. Juli 2012 gesendet. Heute konnten Sie seine Wiederholung hören.