Dreifach-Ausstellung, Filme und Lesung - Tschechisches Zentrum Wien startet ins Jahr 2013
Im Tschechischen Zentrum in Wien ist ab Montag schon wieder volles Programm. Der Leiter des Zentrums, Martin Krafl, erläutert im Gespräch, was alles geplant ist.
„Wir haben gedacht, dass wir eine ähnliche Film-Retrospektive vorbereiten, wie wir im vergangenen Jahr anlässlich des 80. Geburtstages von Miloš Forman präsentiert haben. Die Veranstaltung war nämlich sehr erfolgreich. In diesem Jahr steht aber das Jubiläum des Oscar-Preisträger Jiří Menzel im Vordergrund. Der Regisseur gilt als eine der Hauptfiguren der Neuen Tschechoslowakischen Welle. Er hat mit seinen Verfilmungen von den Erzählungen der tschechischen Literaturgröße Bohumil Hrabal mehrmals internationale und nationale Erfolge gefeiert. Für Menzels ersten Langfilm ‚Ostře sledované vlaky’ (‚Scharf beobachtete Züge’, Anm. d. Red.), erhielt er 1966 den Oscar für den besten ausländischen Film. Der Film wurde in aber Wien bereits mehrmals gezeigt. In dieser Retrospektive präsentiert das Tschechische Zentrum Wien zusammen mit dem Kulturklub der Tschechen und Slowaken unter anderem die Klassiker ‚Skřivánci na niti‘ und ‚Slavnosti sněženek‘ (‚Lerchen am Faden‘ und ‚Das Wildschwein ist los‘, Anm. d. Red.). Übrigens – wir sind momentan auch mit dem Filmfestival Locarno in der Schweiz in Kontakt, wo eine ähnliche Film-Retrospektive im Sommer 2013 stattfinden könnte.“
Obwohl Menzels Geburtstag erst im Februar ist, startet im Januar schon die kleine Filmreihe in der Tschechischen Botschaft in Wien. Wir springen aber in den Februar. Dort planen Sie unter anderem eine Ausstellung mit Collagen von tschechischen Künstlern. Warum Collagen?„Es handelt sich um die erste umfassende Präsentation der Sammlung der Prager Gaswerke in Österreich. Die Sammlung ist in ihrer Form in Tschechien einzigartig. Die Ausstellungen werden im Stift Klosterneuburg, in der Tschechischen Botschaft in Wien und im Tschechischen Zentrum gezeigt. Collagen sind seit dem Kubismus eine wichtige Charakteristik der tschechischen Kunst. Ihr Prinzip hat auf unterschiedliche Art und Weise nicht nur die angewandte Kunst, sondern auch Literatur, Theater und Film beeinflusst. In der Ausstellung wurden mehrere hundert Werke von Größen der Zwischenkriegs-Avantgarde zusammengetragen, zum Beispiel von Toyen, Jindřich Štyrský oder Adolf Hoffmeister. Dann sind auch die Vertreter progressiver Strömungen der 60er Jahre dabei, beispielsweise Jiří Kolář, Běla Kolářová oder Josef Hampl, aber auch Vertreter der jungen Generation wie Michal Cihlář. Die erste Vernissage findet am Donnerstag, 7. Februar, in der Tschechischen Botschaft statt. Die Vernissage der zweiten Ausstellung im Stift Klosterneuburg, bei der 80 Kunstwerke ausgestellt werden, ist am 21. Februar. Zu dieser Vernissage werden wir auch ein Konzert des Ensembles ‚The Tap Tap’ aus Prag organisieren.“
Das klingt nach einer großen Gesamtausstellung…„Genau. Es sind drei Ausstellungen zusammen - unser größtes Ausstellungsprojekt des Jahres.“
Kommen wir zu einem anderen Namen: Ivan Martin Jirous wurde auch Magor genannt. Er gilt als Legende des tschechischen Undergrounds und ist leider schon im November 2011 gestorben. In Wien wollen Sie an ihn erinnern und es nimmt auch ein bekannter österreichischer Schriftsteller teil. Wer ist das?
„Der bekannte österreichische Schriftsteller heißt Josef Haslinger. Wir sind sehr froh, dass wir ihn gewinnen konnten. Er wird aus dem Buch ‚Ivan Martin Jirous. Leben, Werk und Zeit’ vorlesen. Das Buch ist ein repräsentativer Querschnitt des Schaffens des Dichters und Kunsttheoretikers Jirous und auf Deutsch geschrieben. Darin gibt es eine umfassende Auswahl seiner Essays, Kritiken, Briefe aus dem Gefängnis, Märchen und Gedichte. Ergänzt wird sie mit Zeitdokumenten, Material aus dem Staatspolizeiarchiv, Fotografien sowie Texten unter anderen von Václav Havel, Kurt Vonnegut, Eugen Brikcius, Paul Wilson oder Karel Schwarzenberg. Das Werk gibt Einblick in die ehemalige Dissidenten-Szene und die politischen Situation des damaligen kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei. Und für alle, die an diesem Abend ins Tschechischen Zentrum kommen, haben wir auch eine Kurzfilmüberraschung vorbereitet. Diese Veranstaltung findet am 19. Februar um 18.30 Uhr im Tschechischen Zentrum Wien statt.“Zu Beginn des Jahres lohnt sich sicher auch, noch ein bisschen weiter vorauszuschauen. Was sind denn weitere große Projekte, die das Tschechische Zentrum im Laufe des Jahres plant?„Es ist sehr viel geplant. Wir haben in diesem Jahr zwei Schwerpunkte: zum einen das 20-jährige Bestehen der Tschechischen Republik und zum anderen Literatur. Außerdem planen wir mehrere große Projekte - zum Beispiel die Fortsetzung der Konzertreihe ‚Junge Talente der Klassik’ im Stift Klosterneuburg. In diesem Jahr treten dort Josef Špaček und das Bellatrix-Trio auf. Josef Špaček gehört zur absoluten Spitze der jungen Violinisten-Generation der Tschechischen Republik. Das Bellatrix-Trio kommt aus dem Prager Konservatorium. Außerdem werden wir mit zwei Ausstellungen am ‚Monat der Grafik’ teilnehmen. Eine Ausstellung kommt aus den Sammlungen der mährischen Galerie Brünn. Die andere wird als Begleitprogramm im Tschechischen Zentrum Wien zu sehen sein. Dort werden Werke von Ondřej Michálek präsentiert. Beide Ausstellungen finden von Mitte April bis Mitte Juni statt und ergänzen die Grafiktriennale im Wiener Künstlerhaus. In diesem Jahr streben wir auch eine Teilnahme an der Buchmesse Wien im November 2013 an, zusammen mit dem Braumüller-Verlag und dem Kulturministerium der Tschechischen Republik. Der Braumüller-Verlag ist ein führender Verlag für tschechische Literatur in Österreich. Wir planen einen gemeinsamen Stand, an dem wir die gegenwärtige tschechische Literatur vorstellen möchten. Wir werden auch wieder bei der ‚Vienna Design Week’ sein, dieses Jahr mit der Ausstellung ‚Šperk 4D – Schmuck 4D’ von den vier jungen tschechischen Designerinnen Alena Hesounová, Lucie Houdková, Karla Olšáková und Kateřina Řezáčová. Im Herbst 2013 werden wir an die tschechischen Kulturtage der Bank Austria im vergangenen Jahr anknüpfen, und zwar mit den tschechischen Kulturtagen mit der VHS Urania, einer Volkshochschule in Wien. Dafür befinden sich Workshops, Ausstellungen, Filme und Konzerte in Planung. Die Zielgruppe ist vor allem das junge Wiener Publikum.“