Ombudsmann: Absurd hohe Zahl von Roma an Sonderschulen
Der tschechische Ombudsmann hat eine Studie veröffentlicht, nach der Kinder aus der Roma-Minderheit weiterhin verhältnismäßig oft auf Sonderschulen geschickt werden. Laut der Untersuchung sind etwa ein Drittel der Schüler dieser so genannten „praktischen Schulen“ Roma. Dies würde bedeuten: Die häufige nationale aber auch internationale Kritik an der Tschechischen Republik in diesem Bereich hat bisher nur wenig Ergebnisse gebracht.
„Wir haben in einer sehr objektiven Studie festgestellt, dass etwa 30 Prozent der Schüler an praktischen Schulen aus Roma-Familien stammen. Es wäre absurd anzunehmen, dass der Anteil der geistigen Behinderungen in dieser bestimmten ethnischen Gruppe einen solch hohen Wert erreicht. Daher entspricht die Praxis, die Kinder auf diese Schulen zu schicken, nicht objektiven Kriterien.“
Der Prozentsatz von Roma an der Gesamtbevölkerung liegt nämlich nur bei 1,4 bis 2,8 Prozent.
Zudem starten Abgänger der praktischen Schulen mit einer besonderen Last in den Berufsalltag, fügt Ombudsmann Varvařovský hinzu:„Diesen Kindern nur eine Ausbildung von niedrigerem Standard zu bieten ist nicht vorteilhaft, denn ihre die Chancen auf dem Arbeitsmarkt tendieren später gegen Null. Dadurch schaffen wir nur mehr und mehr Gruppen, die auf dem Arbeitsmarkt nicht zurechtkommen.“
Der Vorsitzende des Verbandes der Sonderschulpädagogen, Jiří Pilař, verteidigt das tschechische Bildungssystem:
„Wir müssen uns einmal vergegenwärtigen, dass dank unseres Ausbildungssystems 30 Prozent der Roma eine Mittelschulbildung haben. Im restlichen Europa liegt dieser Wert nur bei 20 Prozent. Und 30 bis 40 Prozent der Roma in Tschechien haben Arbeit. In Frankreich, Italien und anderen europäischen Ländern bewegt sich dieser Wert um die zehn Prozent. Daher glaube ich, dass unser System nicht so schlecht ist.“
Über eine Aufnahme von Kindern an praktischen Schulen entscheidet der Schuldirektor. Er braucht dazu das Gutachten einer fachlichen Beratungsstelle und das schriftliche Einverständnis der Eltern. Häufig fließen aber nicht medizinische Erkenntnisse, sondern soziokulturelle Umstände in die Beurteilung über eine geistige Behinderung ein, so die Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Monika Šimůnková. Dass dies gängige Praxis sei, bestätigte indirekt auch Pilař:„Wenn die Kinder aus einem sozial völlig unanpassungsfähigem Umfeld kommen, haben sie große Probleme, sich an normalen Schulen zurechtzufinden. Ihnen fehlt die Basis, die andere Kinder haben. Es geht nicht darum, ob jemand Roma oder Nicht-Roma ist, sondern darum, ob diese Grundlagen für die Schulbildung vorhanden sind.“
Der Ombudsmann hat der Regierung und dem Bildungsministerium nun einen Vorschlag unterbreitet. Zum 1. September sollen die Schulen dem Bildungsministerium melden, ob und wie viele Kinder mit leichter geistiger Behinderung sie aufnehmen.