Neujahrssendung: Schreiben Sie uns Ihre Lieblings- oder Wunschlieder!
Warum die Fußballstadien in Tschechien halbleer sind? Unter anderem diese Frage wird im Hörerforum beantwortet. Aber auch einen Appell an Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, enthält die Sendereihe, nämlich Ihre Wunschlieder für die Neujahrssendung uns zu schreiben.
„Eine Meldung aus den Nachrichten veranlasst mich zu einer Hörerfrage. Wenn die Fußballstadien in Tschechien nur zu 46 Prozent gefüllt sind, kann ich mir nicht vorstellen, dass es am Interesse der Fußballfreunde fehlt, die Spiele anzuschauen. Denn die Leistungen und Erfolge der Tschechischen Mannschaften sind doch sehr gut. Meine Vermutung geht mehr in die Richtung, dass es an den Eintrittspreisen liegt. Deshalb meine Frage, was kosten die verschiedenen Plätze in den tschechischen Stadien?“
Ich habe mich mit der Frage an den Sportexperten der Redaktion gewandt. Sie ahnen schon, dass nun mein Kollege Lothar Martin zu Wort kommt.Lothar, wie sieht es im tschechischen Fußball aus? Liegt das mangelnde Interesse der Fans tatsächlich am hohen Preis der Eintrittskarten, oder gibt es auch andere Ursachen?
„Sicher gibt es auch andere Ursachen, aber ich möchte zuerst etwas zu den Eintrittspreisen sagen. Natürlich spielt zurzeit sowohl in den tschechischen Kulturhäusern als auch im Sport, in Fußball- wie in Eishockeystadien, die Rezession eine Rolle. Die Bürger überlegen viel mehr, wofür sie ihr Geld ausgeben. Damit ist auch ein Rückgang von Zuschauern bei Sportveranstaltungen verbunden. Ich verdeutliche es kurz am Beispiel Eishockey, das hierzulande noch etwas populärer als Fußball ist, weil die Qualität der Eishockey-Liga besser ist. Aber auch beim Eishockey sind die Zuschauerzahlen in diesem Jahr leicht rückläufig. Es ist darauf zurückzuführen, dass sich die Leute wirklich überlegen, ob sie sich das jeweilige Punktspiel leisten können. Sie gehen meistens nur zu Spitzenspielen oder Derbys, da gibt es mehr Zuschauer.
Die Höhe der Eintrittspreise beim Fußball möchte ich an dieser Stelle an den Heimspiel-Tickets der beiden Prager Traditionsklubs Sparta und Slavia verdeutlichen. Slavia Prag hat das modernste Stadion, da werden die Eintrittskarten in verschiedenen Kategorien vergeben. Für ein Spiel geht es von der geringsten Kategorie von umgerechnet 5 Euro bis hoch zu 17,50 Euro. Fünf Euro, das sind ermäßigte Preise für in etwa 120 bis 130 Kronen. Wenn man aber für ein Spiel 200 Kronen ausgeben soll, das überlegt sich jeder schon. Und wenn jedes Team der ersten Liga 15 Heimspiele pro Saison hat, dann geht man auch nicht zum jeden Spiel. 200 Kronen sind umgerechnet 8 Euro, und bei diesem Betrag ist meiner Meinung nach die Schmerzgrenze schon erreicht. Bei Sparta Prag gehen die Preise von 6 Euro bis 22 Euro für ein Fußballspiel. Der Zuschauerschwund fällt aber ebenso noch auf einige andere Fakten zurück. Ich sehe das etwas anders als der Hörer, für den der tschechische Fußball weiterhin gute Leistungen bringt. Für mich ist der tschechische Fußball in den letzten Jahren in einer klaren Abwärtsentwicklung. Die Nationalmannschaft knüpft seit 2004, als sie wunderbaren Fußball gespielt hat, nicht mehr an frühere Leistungen an. Sie ist vielmehr im stetigen Abwärtstrend. Sie hat zwar die Qualifikation für die EM-Endrunde 2012 in Polen und der Ukraine geschafft, aber mit sehr schwachen Leistungen. Die Zuschauer wurden überhaupt nicht begeistert, das war mehr oder weniger Kick and Rush, das war kein Fußball, den man sich anschauen konnte. Auch Spieler wie Rosický, Plašil, Baroš und andere haben nicht das gebracht, was man sich erhoffte. Und die tschechische Liga ist auch nicht so gut. Eine Mannschaft wie Viktoria Pilsen, die jetzt als Gruppen-Dritter in der Champions League zumindest die nächste Runde der Europaliga erreicht hat, ist die goldene Ausnahme. Die meisten der anderen tschechischen Clubs scheitern schon in der Qualifikation gegen Mannschaften aus Zypern oder aus Weißrussland, und das honorieren natürlich die Leute nicht.Die tschechische Liga hat sich zwar etwas stabilisiert, aber sie bringt nicht den Fußball, der einen vom Hocker reißt. Und dazu kommt noch ein Problem, das auch in anderen Ländern leider sehr häufig diskutiert wird: es sind die Chaoten oder die so genannten Hooligans. Sie gibt es vor allem bei den drei großen und populären Clubs des Landes, bei Sparta Prag, Slavia Prag und Baník Ostrava. Wenn diese Mannschaften aufeinander treffen, dann herrscht zumeist Alarmstufe rot und die Polizei muss ständig einschreiten. Deswegen gehen Väter mit ihren Kindern nicht sehr gerne zum Fußball, weil sie ihre Familie nicht einer rüpelhaften bis gewaltbereiten Atmosphäre aussetzen möchten. Das ist bei dem Eishockey nicht der Fall.“
Also die Ursachen dafür, warum die Fußballstadien halbleer sind, liegen tiefer als nur bei den hohen Preisen…„Wie ich bereits gesagt habe, das alles hängt auch mit dem Niveau der tschechischen Liga und ihres Umfelds zusammen. Dazu gehört auch der zum Teil sehr schlechte Zustand der Stadien. Da gibt es im Prinzip nur drei bis vier Stadien, die neu oder modernisiert sind: Es sind die Stadien von Sparta und Slavia Prag sowie von Teplice und Liberec. Alle anderen Arenen sind alte Fußballstadien, die keine ordentlich abgedeckte Tribüne oder keine Sitzplätze haben, die viel Komfort bieten. Daher überlegen es sich die Leute zweimal, ob sie bei schlechtem Wetter dahin pilgern, um sich dann Durchschnittsfußball für relativ viel Geld anzuschauen. Ganz abgesehen davon, dass Fußball auch sehr oft im frei empfangbaren Fernsehen übertragen wird. Das hält auch viele Zuschauer davon ab, in ein Stadion zu gehen, wenn sie das Spiel fast gratis per TV ins Haus geliefert bekommen.“
Eine ausführliche Antwort von Lothar Martin auf die Frage von Bernd Seiser. Auf unseren Beitrag über das Schicksal der sudetendeutschen Sozialdemokraten in der Tschechoslowakei hat Achim Kissel aus Duisburg reagiert.„Sie waren oft als Antifaschisten Verfolgungen seitens der Nazis ausgesetzt und mussten ins Exil gehen, sofern sie nicht in den Konzentrationslagern gequält wurden und zu Tode kamen. Leider fanden sie nach dem Krieg in der damaligen Tschechoslowakei nicht die Anerkennung, die sie verdient hätten. Dabei haben sie tatsächlich auch auf die Entspannungspolitik der sozialliberalen Bundesregierung nach 1969 Einfluss genommen. Ich erinnere mich, dass es noch in den Jahren bis 1989 eine Wochenzeitung für die verbliebenen Deutschen in der Tschechoslowakei gab. Sie hieß Prager Volkszeitung, und herausgegeben wurde sie von einem Verband, der auch das Kulturleben der Deutschen in der Tschechoslowakei pflegte. Gibt es diesen Verband und diese Zeitung noch?“
Eigentlich hätte auch diese Frage von meinem Kollegen Lothar Martin beantwortet werden können, der einst als Redakteur eben in der Prager Volkszeitung gearbeitet hat. Allerdings hat er die Antwort bereits Anfang Oktober in unserer Sendereihe „Kapitel aus der tschechischen Geschichte“ gegeben, auf die wir hinweisen möchten. Schauen Sie, Herr Kissel, einfach in unserem Internetarchiv in den Beitrag „60 Jahre deutschsprachige Publikationen in der Tschechoslowakei: Von ´Aufbau und Frieden´ zur ´Prager Zeitung´“ vom 1. Oktober. Dort erfahren Sie, dass es die „Prager Volkszeitung“ nicht mehr gibt. Allerdings sind mehrere derzeitige deutsche Publikationen, unter anderem die „Prager Zeitung“, die bis heute jeden Donnerstag erscheint, daraus hervorgegangen. Den damaligen Verband gibt es aber noch, ebenso wie die Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien, die alle zwei Wochen die „Landeszeitung“ herausgibt.
Und zum aktuellen Geschehen äußert sich Hans Kopyciok aus Rostock:„Aus Ihren Nachrichten war ersichtlich, dass Tschechien einer Änderung der EU-Verträge zustimmen würde. Bei mir ergibt sich aber die Frage, ob damit eine wesentliche Verbesserung der Lage eintreten würde. Die kurzfristige Entsendung von Militärärzten in die Slowakei halte ich für richtig, wenn es um die Gesundheit der Bürger geht, muss man doch helfen, bedarf es daher erst großer Beratungen? Erfreut hat mich die Enthüllung einer Gedenktafel und einer Büste von Rainer Maria Rilke in Prag. Das wurde aber auch Zeit, Rilke gehört beiden Völkern. Das Thema des Wirtschaftsmagazins brachte etwas in Erinnerung, auch wenn hier in Mecklenburg zu Weihnachten kein Kartoffelsalat auf den Tisch kommt, den gibt es erst am Silvester, so möchte man doch gern Kartoffeln aus Böhmen auf dem Tisch haben. Hier ist man auf die Discounter angewiesen, was da angeboten wird, verschweigen wir lieber. In meiner alten Heimat Oberschlesien verstanden wir unter einer schmackhaften Kartoffel etwas anderes. So, ich habe mich wieder gemeldet. Mit herzlichen Grüßen an die Moldau Hans Kopyciok“
Vielen Dank, Herr Kopyciok. Mit Ihren Grüßen ist unser Hörerforum am Ende angelangt. Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit und freuen uns auf ein Wiederhören in zwei Wochen. Schreiben Sie uns weiter und vergessen Sie nicht, Ihre Wünsche für die Neujahrssendung einzuschicken. Die Adresse, nicht nur für Empfangsberichte, ist wie stets: Radio Prag, Vinohradská 12, 12099 Prag 2, Tschechische Republik. Und unsere: E-Mail-Adresse [email protected].