Prager Koalition geplatzt – ODS putscht gegen eigenen Oberbürgermeister
Bei den letzten Kommunalwahlen 2010 in Prag konnte die neu angetretene Partei Top 09 einen Erdrutschwahlsieg erringen: von null auf 26 Mandate. Die Prager hatten Protest gewählt, gegen die etablierten Parteien der Bürgerdemokraten (ODS) und der Sozialdemokraten (ČSSD). Doch es kam anders: Völlig überraschend einigten sich die beiden Rivalen auf eine große Koalition – und der Newcomer Top 09 ging leer aus. Nicht einmal ein Jahr nach dem Coup ist aber wieder alles offen: Die Prager ODS ließ die Koalition mit den Sozialdemokraten am Montag platzen.
„Das hier ist keine Demokratie. In der Demokratie geht es darum, demokratische Regeln einzuhalten und anständig zu verhandeln.“
Svoboda wurde nun, fast genau ein Jahr später, Opfer eines anderen, wenig anständigen Ereignisses: Seine eigene Partei putschte am Montag gegen ihn. Der Prager ODS-Vorsitzende Boris Šťastný berief den regionalen Parteirat ein, und dieser beschloss einstimmig den Ausstieg aus der Koalition mit den Sozialdemokraten. Grund ist der Haushaltsentwurf der Koalition für das kommende Jahr, der laut Šťastný zu scheitern drohe. Der amtierende Bürgermeister Svoboda sieht das anders:„Der Haushaltsentwurf ist praktisch fertig, selbstverständlich muss er noch zu Verhandlungen in den Stadtrat und danach in die Stadtverordnetenversammlung. Ich glaube aber, wir können einen Haushalt vorlegen, der allen Erwartungen gerecht wird.“
Insgesamt zeigte sich der Oberbürgermeister überrascht und ratlos gegenüber der Entscheidung seiner Partei, die Koalition aufzukündigen. Tatsächlich sind der Parteivorsitzende Šťastný und Oberbürgermeister Svoboda nie miteinander warm geworden, Svoboda war erst kurz vor den Wahlen 2010 zur ODS gestoßen. Es scheint sich also um eine innerparteiliche Auseinandersetzung zu handeln, die jetzt die Top 09 an die Spitze des Prager Magistrats befördern könnte. Das Kalkül von Šťastný, nun mit der Top 09 weiterzuregieren, muss allerdings nicht aufgehen, denn der Prager Top-09-Vorsitzende František Laudát erklärte:„Da wir selbstverständlich die meisten Stadtverordneten haben, gehen wir ohne Lasten in die Verhandlungen. Wir werden mit der ODS verhandeln, aber selbstverständlich auch die Möglichkeiten erörtern, mit den Sozialdemokraten zusammenzuarbeiten. Zu diesem Zeitpunkt gebe ich keiner Variante den Vorzug.“
Ein Jahr nach der Wahl sieht es danach aus, als würde der damalige Wahlsieger doch noch in den Magistrat einziehen. Ob der damalige Spitzenkandidat der Partei Top 09, Zdeněk Tůma, allerdings zur Verfügung stehen wird, ist derzeit noch unklar. Von seinem Posten an der Spitze der Nationalbank trat er im vergangenen Jahr zwar zurück – zurzeit ist er aber Dozent an der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Prager Karlsuniversität.