Korruption in der Koalition? – Die Regierungskrise Nr. 2
Weihnachten, das Fest der Liebe und der Eintracht, ist vorbei. Auch das neue Jahr wurde schon begossen - Zeit für Ernüchterung. Das gilt wohl am meisten für die Regierungskoalition, die wenige Tage vor dem großen Fest nur durch eine feierliche Stimmung auf der Prager Burg und den Segen von Präsident Klaus zusammengehalten wurde. Jetzt kracht es wieder. Nach dem neuen Jahr heißt man nun auch die neue Regierungskrise willkommen.
Nur wenige Tage zuvor hatte er sich auf der Burg zum Garanten für einen Koalitionsfrieden erklärt, ganz einfach weil ihm die Mitte-Rechts-Regierung mit Premier Petr Nečas an der Spitze so gut gefällt, wie keine andere zuvor. Jetzt aber kriselt es nicht nur erneut, es kracht geradezu.
Inhaltlich geht es um die Antikorruptionsstrategie von Innenminister John. Der Rest scheint Machtkampf zwischen den Bürgerdemokraten des Premiers und dem Koalitionsjunior, der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, zu sein.
„Ich glaube fest daran, dass die Antikorruptionsstrategie nicht verkrüppelt wird“, sagte am Dienstag Innenminister John. Er äußerte Unverständnis dafür, dass Nečas sowohl eine Kronzeugenregelung ablehne als auch eine Befugnis der Polizei, die Steuererklärungen einzusehen.„Wenn entsprechende Spezialeinheiten der Polizei keinen Einblick in die Steuerakten nehmen können, dann ist der ganze Kampf gegen die Korruption lächerlich.“
Der Innenminister beklagte sich vor den Medien, dass der Premier nur zwei Tage vor der Regierungssitzung Einspruch gegen die Strategie erhob und damit ein Absegnen durch die Regierung in Frage stellte. Die Reaktion von Premier Nečas kam postwendend:
„Die Äußerung des Ministers über eine angebliche – Zitat: ´Verkrüppelung´ der Antikorruptionsstrategie ist unannehmbar.“Johns Strategiepapier sei darüber hinaus schlecht, vieles fehle darin. Parteien sollten zum Beispiel verpflichtet sein, ihre Konten bei der Tschechischen Nationalbank zu haben. Und auch Parteikollege und Verteidigungsminister Alexandr Vondra hatte einen Wunsch: Eine Generalinspektion zur Kontrolle der Polizei- und Sicherheitseinheiten. Grund ist Verkehrsminister Vít Bárta. Der war nämlich noch vor seiner Ministertätigkeit Mitbesitzer einer der größten Sicherheitsagenturen mit vielen fetten Aufträgen aus der öffentlichen Hand:
„Die Bürgerdemokraten haben Bedenken vor dem zu großen Einfluss des Verkehrsministers aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Manager seiner Sicherheitsagentur ABL“, so Minister und Vizechef der Bürgerdemokraten Vondra.Bemerkenswert ist, dass diese Schwarze-Sheriff-Vergangenheit von Verkehrsminister Bárta den Bürgerdemokraten nichts ausmachte, als sie vor einem halben Jahr mit dessen Partei der öffentlichen Angelegenheiten eine Koalition eingingen.
Die Revanche im Koalitionskrieg für den Vorwurf Vondras brachte am Mittwochmorgen im Frühstückfernsehen Bártas Parteikollege und Innenminister John. Die Zielscheibe: Sein Amtsvorgänger Ivan Langer, Schatzmeister und graue Eminenz der Bürgerdemokraten:„Die Polizei wird von Ivan Langer gesteuert und beeinflusst, er erhält von ihr Informationen, die er weiterleitet.“
Die Antikorruptionsstrategie wurde am Mittwoch von der Regierung zwar mit Vorbehalten beschlossen. Was dem Bürger von all dem aber im Kopfe bleibt, ist wohl eine Regierungskoalition, die gegen die Korruption kämpfen wollte und sich dabei selbst als der größte Übeltäter darstellt.