Prag wird Sitz für Verwaltungsebene des Navigationssystems Galileo
Die Europäische Union hat etwa 40 Institutionen, die von ihr zentral verwaltet werden. Die Mehrzahl der Institutionen hat ihren Sitz in Brüssel, vier von ihnen aber sind auch schon in den neuen Mitgliedsländern in Mittel- und Osteuropa zu Hause. Aller Voraussicht nach wird ab Freitag auch die Tschechische Republik der Sitz einer EU-Agentur sein. Die Verwaltungsebene für das europäische Satellitennavigationssystem Galileo soll nämlich schon bald nach Prag umziehen. Das haben am Mittwoch die EU-Botschafter aller Mitgliedsländer in Brüssel beschlossen. Am Freitag müssen die EU-Minister für Wettbewerbsfähigkeit der Vorabwahl noch formal zustimmen.
„Die Bewerbung der Tschechischen Republik wurde von der Mehrheit der EU-Botschafter unterstützt. Von meinen 26 Kollegen enthielt sich nur einer, vier stimmten für den anderen Kandidaten, die Mehrheit für uns. Ein weiterer Schritt zum Erfolg unserer Bewerbung liegt also hinter uns“, sagte Reinišová gegenüber tschechischen Medien.
Sie werde allerdings erst dann jubeln, wenn die EU-Minister für Wettbewerbsfähigkeit am Freitag in Brüssel die endgültige Entscheidung gefällt haben. Sie sei aber optimistisch, so Reinišová:„Wenn wir das Prozedere einhalten, auf das wir uns verständigt haben, dann ist das Ganze nur noch eine Formsache. Denn derjenige, der bei der Vorabwahl die meisten Stimmen erhalten hat, dessen Wahl sollte am Freitag auch bestätigt werden. Mein holländischer Kollege hat mir jedenfalls schon gratuliert.“
Nicht von ungefähr, denn der niederländische Atlantik-Badeort Noordwijk war der einzige Gegenkandidat zur Kandidatur von Prag. Nach der Abstimmung vom Mittwoch hat Noordwijk seine Kandidatur zurückgezogen. Was aber bringt die Vergabe des Verwaltungssitzes von Galileo an Prag der Tschechischen Republik?
„Das ist vor allem ein Prestige-Erfolg. Dahinter steht aber de facto kein großes Geschäft, das uns Millionen in die Kassen spülen würde“, antwortete der tschechische Europa-Parlamentarier Evžen Tošenovský.
In die Entwicklung des Navigationssystems Galileo wurden bis 2007 zirka 1,5 Milliarden Euro investiert. Für den Endausbau des Systems stellt der EU-Haushalt bis 2013 weitere 3,4 Milliarden Euro bereit. Damit ist Galileo das bisher teuerste Gemeinschaftsprojekt, das die Europäische Union in Angriff genommen hat. Für Europa-Parlamentarier Vladimír Remek, der als erster und bisher einziger Tscheche schon im Weltall war, ist das eine sinnvolle Investition:
„Das ist kein herausgeworfenes Geld, es ist sehr nutzbringend für die Zukunft angelegt. Es handelt sich hier um eine Spitzentechnologie, die sowohl den Menschen als auch der Industrie neue Möglichkeiten eröffnet. Sie ermöglicht die Schaffung neuer Arbeitsplätze und vieles andere mehr.“Die Galileo-Agentur wird übrigens im Prager Stadtteil Holešovice untergebracht sein, und zwar in dem Gebäude, in dem einst die tschechische Konsolidierungsagentur ihren Sitz hatte. Die Beamten der neuen Behörde könnten – die Zustimmung der EU-Minister vorausgesetzt – schon ab nächstem Jahr in ihre neuen Büros einziehen. Das satellitengestützte System soll angeblich im Jahr 2014 anlaufen.