Prag wird das Tor der EU zum Weltraum

Illustrationsfoto: PIRO4D, Pixabay / CC0

Mit der Agentur für das Europäische GNSS (Satellitenortungssystem) hat eines der wichtigsten EU-Organe seinen Sitz in Prag. Nun könnte der Standort zu einer Agentur für ein EU-Weltraumprogramm ausgeweitet werden.

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Ariane-Rakete in Französisch-Guyana  (Foto: Spotting973,  Flickr,  CC BY-SA 2.0)
In Französisch-Guyana starten die europäischen Ariane-Raketen in Richtung Weltraum. Mit an Bord haben sie vor allem Satelliten für das EU-Navigationssystem Galileo, das kommendes Jahr komplett sein soll. Gesteuert wird das Ganze aber nicht von Südamerika aus, sondern von Prag. Dort ist nämlich der Sitz der zuständigen EU-Agentur.

Seit rund zwanzig Jahren entsteht das europäische Satelliten-Navigationssystem, es soll eine Alternative sein zum US-System GPS, dem russischen Glonass oder dem chinesischen Beidou. Jan Kolář vom Tschechischen Raumfahrt-Büro erklärt, warum das so wichtig ist:

„Man muss auf die Möglichkeit gefasst sein, dass die Amerikaner oder Russen ihre Dienste abschalten oder die Auflösung verschlechtern. Bisher ist das zum Glück noch nicht passiert. Aber der Hauptgrund für Galileo war die politische Eigenständigkeit Europas.“

Karel Dobeš  (Foto: Jana Přinosilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Seit 2010 hat die zuständige Agentur für das Europäische GNSS, kurz GSA, ihren Sitz in Prag. Für Tschechien biete das viele Chancen, vor allem in der Wirtschaft, meint Karel Dobeš. Er ist tschechischer Regierungsbeauftragter für das GSA und hat die Agentur ursprünglich nach Prag geholt:

„Es sind die ganzen Applikationen, die dem System Leben einhauchen. Galileo sagt einem generell, wo man gerade ist. Das System weiß aber nicht automatisch, in welcher Stadt oder gar Straße man sich befindet. Die kleinen Firmen, die hinter den ganzen Applikationen stehen, sind der Grund für die Weiterentwicklung von Galileo. Wir verstehen die Agentur auch als Motor für kleine und mittelständische Unternehmen. Denn in den betreffenden Branchen haben wir teils ein Wachstum von über zehn Prozent, und das ist einzigartig.“

Jan Kolář  (Foto: Petra Čechová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Laut einem Vorhaben von Vertretern des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und der Mitgliedsstaaten soll der Prager Standort zu einer Agentur für ein EU-Weltraumprogramm umgewandelt werden. Das bedeutet, dass auch das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus und das europäische Weltraummüll-Monitoring SSA von der Moldau aus gesteuert werden könnten. In der kommenden Haushaltsperiode hat die EU für ihre kosmischen Aktivitäten stolze 16 Milliarden Euro eingeplant.

Ob die GSA in Prag tatsächlich erweitert wird, steht bisher noch in den Sternen. Denn davor muss erst einmal das Plenum des EU-Parlaments sowie die nationalen Regierungen und Parlamente dem vorliegenden Plan zustimmen. Insgesamt dürfte die Ausweitung der Agentur allein Prag 700 neue Arbeitsplätze schaffen. Laut dem Chef des tschechischen Raumfahrt-Büros Jan Kolář wäre die Branche in Tschechien aber auch so an der Spitze in Europa:

„Für tschechische Firmen gibt es auch so viele gute Gelegenheiten. Das hat nichts damit zu tun, dass die GSA derzeit in Prag sitzt. Dadurch entsteht aber der Vorteil, dass die Firmen ihren wichtigsten Ansprechpartner direkt um die Ecke haben. Man spart sich so die Fahrtkosten und kann sich öfter mit den EU-Beamten treffen. Diese dürfen aber so oder so nicht Firmen aus einem bestimmten Land bevorzugen.“