Von eiskalt bis überhitzt – oder: Politik und Wetter im Zusammenspiel
In die Kommentarspalten der tschechischen Zeitungen am Dienstag hat auch der für diesen Zeitpunkt überraschend strenge Winter Einzug gehalten. Mit dem hierzulande geläufigen Schlagwort „Kalamita“, zu Deutsch in etwa schwierige Lage, betitelt die „Mladá fronta Dnes“ einen Kommentar von Karel Steigerwald.
„Ein Wetterumschwung wird als Folge einer politischen Tat betrachtet. Im Kommunismus beispielsweise herrschte Eiseskälte oder aber katastrophale Hitze, doch die Zeitungen durften nicht darüber schreiben. Die Leute schimpften, doch es herrschten die Kommunisten, die in der Presse günstige (Wetter-)Aussichten abdrucken ließen. Heute gibt es auch katastrophale Hitze und Fröste, Überschwemmungen und Dürren. Auch heute ist dafür die Regierung verantwortlich und die Zeitungen sind voll davon.“
Im Gegensatz zur kommunistischen Ära, wo man zu schweigen hatte, gebe es heute viele politische Exzentriker, die sich über alle und zu allem zitieren ließen. Für politische Auswüchse zum Beispiel sähen sie den Grund, dass einfach „zu wenig Sauerstoff“ oder „zuviel Rauch“ in der Atmosphäre gewesen seien, schreibt Steigerwald und setzt fort:„Wir Tschechen haben eine Vorliebe für Katastrophen, Kalamitäten und Schicksalsschläge. Wir bestaunen sie und finden sie auf jedem Schritt und Tritt. Vermutlich deshalb, weil unser Schmuddelwetter solche Schicksalsschläge und Katastrophen nicht bereithält. Unser Wetter ist fad, und wer keine Phantasie hat, der kann auch nicht darüber schreiben.“
Nach dieser Bestandsaufnahme eines (fiktiven) Zusammenspiels von Politik und Wetter schildert Steigerwald dann auch, welche Schlüsse die Tschechen aus dieser „Abhängigkeit“ ziehen:„Einen Vorteil haben die tschechische Politik und die glatten, vom Schnee nicht geräumten Gehsteige schon – die Leute lernen darauf zu gehen. Sie lernen zu vernebeln, Streiche zu spielen und Haken zu schlagen. Die größten Meister aber brechen sich auf den glatten Wegen und in der Politik die Beine. Denn sie rühmen sich mehr als wirklich gesund ist mit dem, was sie können.“
Die Lidové noviny befasst sich in einem ihrer Kommentare mit einer aktuellen Entscheidung des Brünner Verfassungsgerichts. Das Plenum des Gerichts hatte entschieden, dass bei polizeilichen Ermittlungen künftig Körpergeruchsproben, Speichel- und Haarproben auch gegen den Willen eines Verdächtigen abgenommen werden können. Die Sicherstellung derartiger Proben wider Willen stehe nicht im Widerspruch zu dem Verbot, Verdächtigen ein Geständnis abzupressen, begründete das Plenum. Martin Zvěřina gibt in seinem Kommentar aber zu bedenken:
„Es gibt keine Verhältnismäßigkeit mehr – die Umstände spielen keine Rolle…. Der Willkür der Polizei sind keine Grenzen mehr gesetzt, zum Beispiel indem sie die Proben nur wirklich Beschuldigten abnehmen darf. Oder aber die Abnahme von Proben wird durch einen Richter angeordnet.“