Kampf gegen Gewalt in Stadien: Richtung stimmt, Effizienz noch nicht
Auch in Tschechien ist Fußball ein Dauerthema. Am Mittwoch wurde sogar bei der Sitzung der tschechischen Regierung über Fußball diskutiert. Nicht aber über die Tabellenränge oder Chancen einzelner Ligateams, sondern über die Gewalt, die zuweilen immer noch in tschechischen Stadien zu sehen ist. Allerdings schon weit weniger als noch vor zwei Jahren, meinte Innenminister Radek John, als er dem Kabinett seinen entsprechenden Bericht vorlegte.
Der Bericht des Innenministers zur Polizeiarbeit in und um Fußballstadien umfasst den Zeitraum von Januar 2009 bis Ende Juli 2010. In diesem Zeitraum sei die Gewaltbereitschaft in den Stadien zurückgegangen, behauptet John:
„Die Polizeiarbeit war sehr erfolgreich. In den zurückliegenden anderthalb Jahren wurden insgesamt 230 Fußballspiele ausgetragen, die als risikoreich eingestuft wurden. Aber nur bei neun von ihnen ist es zu Ausschreitungen gekommen.“
Doch diese Zahlen sind fehlerhaft. Die 230 Spiele, die John anführt, war die Gesamtzahl aller Begegnungen, in denen Mannschaften der ersten Liga aufeinandertrafen. Nur rund 60 Partien aber wurden als „Spiele mit höherem Risiko“ eingestuft, das heißt bei fast jedem sechsten davon kam es zu Ausschreitungen. Darunter sind Ligaspiele im November in Ostrava / Ostrau und Liberec / Reichenberg, bei denen die Polizei Tränengas gegen Randalierer einsetzte, beziehungsweise Rowdys Sitzschalen aus der Verankerung rissen und auf die Spielfläche warfen. Dennoch sind sich die Polizei und der Böhmisch-Mährische Fußballverband (ČMFS) einig, dass die Gewalt in den Stadien nachgelassen habe, weil auch die tschechische Hooligan-Szene auf dem Rückzug sei. Ein Mittel, das Rowdys verunsichert habe, seien Stadionverbote, sagt John. Die Verbote können seit Beginn dieses Jahres ausgesprochen werden. Von dieser gesetzlichen Möglichkeit wurde bisher aber nur in vier Fällen Gebrauch gemacht. Eine vergleichsweise bescheidene Zahl. Der Chef der Ordnungspolizei, Petr Sehnoutka, hält dem jedoch entgegen:„Die Zahl der von uns festgenommenen Personen, die man aufgrund ihrer Taten mit einem Stadienverbot belegen könnte, ist weitaus höher. In den ersten elf Monaten dieses Jahres haben wir 35 oder 36 solcher Rowdys verhaftet.“Es liege als auch an der Gerichtsbarkeit, dass solche Fälle schneller als bisher bearbeitet und geahndet werden, ergänzte Sehnoutka. Ein weiteres Defizit, was die Arbeit der Polizei und Stadionordner bislang noch erschwert, nennt der Präsident des Fußballverbandes, Ivan Hašek:
„In den Stadien fehlen Überwachungskameras, mit denen die Zuschauer beobachtet werden. Kameras, mit denen man sowohl vorbestrafte Rowdys als auch andere Übeltäter ausfindig machen kann.“Die Einführung der kameragestützten Überwachungssysteme ist bisher stets an den Kosten gescheitert. Und auch auf Nachfrage konnte der Verband nicht sagen, wann genau sich das ändern könnte. Erfreut sei man aber über die verbesserte Zusammenarbeit mit der Polizei. Der Chef der Ordnungspolizei, Sehnoutka, sieht das ähnlich:
„Die Polizei hat den Veranstaltern in dieser Hinsicht mehrfach unter die Arme gegriffen. Wir haben zum Beispiel geholfen, die Stadionordner zu schulen und zu trainieren. Zudem wurde ihre Struktur sehr verändert. Zu den Ordnern gehören nicht mehr so viele Rentner und Studenten wie früher. In der Mehrzahl sind es bereits professionell ausgebildete Ordnungskräfte.“Diese positive Veränderung kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch „schwarze Schafe“ unter den Ordnungshütern gibt. So schwebt derzeit ein Anhänger aus Pilsen in Lebensgefahr, nachdem ihn ein Ordner nach dem Match der Pilsener bei Bohemians 1905 gezielt auf den Kopf geschlagen hat. Im Krankenhaus wurde ein Schädelbruch diagnostiziert.