Stadion der Freundschaft ist Hoffnungsschimmer im tschechischen Sport

Stadion Přátelství (Foto: FAČR)

Der aktive Spitzen- und Breitensport in Tschechien hat ein großes Problem: Eine Vielzahl der Sportstätten ist unmodern bis marode, die technische Ausstattung ist ebenso nicht auf dem neuesten Stand. Eine Ursache dafür ist die mangelnde staatliche Unterstützung des Sports nach der Wende. Nun wurde aber auf dem Prager Strahov-Hügel ein Stadion modernisiert. Der Fußball-Verband hat damit in enger Kooperation mit dem Ministerium für Bildung und Sport und der Stadt Prag ein Zeichen gesetzt für eine mögliche Trendwende.

Stadion Přátelství  (Foto: FAČR)
Am 1. Dezember wurde auf dem Prager Strahov-Hügel eine modernisierte Sportanlage eingeweiht und ihrer neuen Bestimmung übergeben. Es ist das kleine Stadion Přátelství (zu dt.: Freundschaft), das sich direkt am Sitz des tschechischen Fußball-Verbandes (FAČR) befindet. Eigentlich nichts Besonderes, könnte man meinen, denn die Sportstätte ist eher unscheinbar mit ihren zukünftigen knapp 1300 Tribünenplätzen. Der Vorsitzende der Tschechischen Sport-Union (ČUS), Miroslav Jansta, aber sieht das anders:

„Der heutige Tag ist die erste Schwalbe der Hoffnung, dass sich auf dem Gelände des Strahov-Hügels doch noch etwas bewegt. In den letzten 25 Jahren sind die hiesigen Sportstätten ziemlich heruntergekommen. Ein typisches Beispiel ist das ehemalige Spartakiade-Stadion, von dem Prag-Touristen nur noch eine ruinenhafte Fassade zu Gesicht bekommen. Das ist ein abschreckendes Beispiel für die Einstellung des Staates zum Sport. Von daher bin ich froh, dass der Fußball-Verband in Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport den Mut aufgebracht hat, das Stadion der Freundschaft zu sanieren. Denn dafür haben die finanziellen Mittel gereicht.“

Die Sanierung der Sportanlage kostete 81,4 Millionen Kronen (ca. drei Millionen Euro). Davon steuerten das Bildungsministerium 50 Millionen und die Stadt Prag 10 Millionen Kronen bei. Den Rest zahlten der Fußball-Verband FAČR und die Uefa. Die Fertigstellung des Stadions stimmte vor allem den Chef des tschechischen Fußball-Verbandes, Miroslav Pelta, froh:

Jansta: „In den letzten 25 Jahren sind die hiesigen Sportstätten ziemlich heruntergekommen. Ein typisches Beispiel ist das ehemalige Spartakiade-Stadion, von dem Prag-Touristen nur noch eine ruinenhafte Fassade zu Gesicht bekommen.“

„Ich bin maximal zufrieden, sowohl mit der Termineinhaltung als auch mit der Qualität des Umbaus im Stadion der Freundschaft. Die Anlage erfüllt die höchsten internationalen Anforderungen. Ich will daher dem Magistrat der Stadt Prag und dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport für ihre Unterstützung danken, denn beide sind die Hauptinvestoren für diesen bedeutenden Bau in der Sport-Infrastruktur von Prag.“

Die moderne Sportstätte wird zunächst vor allem durch den Fußball genutzt. Doch in Zukunft soll sie immer mehr auch ein Zielort für andere Bereiche des Sports sein, betont Pelta:

„Aktuell ist es so, dass wir das Stadion für die Belange unserer Nationalteams nutzen werden. Des Weiteren werden wir hier Seminare und Trainingslehrgänge für unsere Schiedsrichter abhalten. Darüber hinaus wird die Anlage den Studenten zu Gute kommen, denn hier wird ein Zentrum des Hochschulsports errichtet, das unter dem Dach des Bildungsministeriums steht. Zudem werden die Tartanbahn und weitere Sektoren durch den Leichtathletik-Verband genutzt.“

Miroslav Jansta  (Foto:  Tschechisches Fernsehen)
Und es gilt hinzuzufügen: Das Stadion der Freundschaft ist noch nicht komplett. In einer zweiten Bauphase, die 2020 abgeschlossen sein soll, wird das Stadion noch eine Tribüne mit 1279 Plätzen und einen Tunnel aus Zutritt der Athleten zum Stadioninneren erhalten. Zudem werden an seiner Peripherie zwei weitere administrative Gebäude entstehen – der neue Sitz des Tschechischen Olympischen Komitees (ČOV) und ein sogenanntes Haus des Sports als neue Wirkungsstätte der Sport-Union. Alles das sind vielversprechende Investitionen, über die sich Sport-Unionschef Jansta eigentlich freuen dürfte. Am Tag der Einweihung des modernisierten Stadions der Freundschaft aber blickte der Sportfunktionär doch eher im Zorn in die Vergangenheit zurück:

„Es ist eine Tragödie, dass in Tschechien der Staat in den zurückliegenden 25 Jahren nicht dafür gesorgt hat, auch nur ein einziges Sportstadion zu bauen oder zu sanieren. Denn als 1990 der ehemalige Sportdachverband ČSTV aufgelöst wurde, hat auch die Finanzierung des Sports durch den Staat aufgehört. Und sie ist durch nichts ersetzt worden.“

Um seine Worte zu verdeutlichen, zog Jansta einen Vergleich. So habe die Kirche im Rahmen der Restitution vom Staat ihr Eigentum und reichlich Entschädigung erhalten. Der Sport aber sei im letzten Vierteljahrhundert recht stiefmütterlich behandelt worden, beklagte Jansta:

Pelta: „Den Gedanken an ein Nationalstadion habe ich vorläufig aufgegeben. Ich bin der Meinung, dass die Kapazität der Stadien von Slavia und Sparta Prag ausreichen für die Austragung von Länderspielen. Jetzt würde ich eher einen anderen Weg wählen, und zwar den Ausbau der Infrastruktur.“

„Wir haben zwar das Eigentum des ehemaligen kommunistischen Sportbundes bekommen, darüber hinaus jedoch keine einzige Krone. Uns wurde stattdessen die Lotteriegesellschaft Sazka zugeteilt, was wir anfangs als einen Sieg gefeiert haben. Doch Sazka wurde von einem Kader der alten Nomenklatur geführt, der schlecht gewirtschaftet hat. An der Spitze stand zudem ein Manager, der das Unternehmen in sehr eigenwilliger Art geführt hat. Sazka zog sich dann als Schuldner zurück, und wir blieben ohne Geld. Aber darüber will ich eigentlich nicht mehr reden.“

Aus gutem Grund. Die Lotteriegesellschaft Sazka tat sich einerseits nach der Jahrtausendwende damit hervor, als Investor für den modernsten Sportstättenbau der Nach-Wende-Zeit, die heutige O2-Arena in Prag, gesorgt zu haben. Doch an der Hypothek der Baukosten in Höhe von neun Milliarden Kronen (333 Millionen Euro) hatten die Sportverbände als damalige Aktionäre von Sazka noch sehr lange zu knabbern. Vielleicht auch deshalb hat Fußballverbandschef Pelta mittlerweile von seiner Idee Abstand genommen, in nächster Zeit ein großes nationales Fußballstadion errichten zu lassen:

„Diesen Gedanken habe ich vorläufig aufgegeben. Ich bin der Meinung, dass die Kapazität der Stadien von Slavia und Sparta Prag ausreichen für die Austragung von Länderspielen. Wir haben doch erst in diesem Herbst gesehen, dass die Arenen zu den Qualifikationsspielen für die Weltmeisterschaft bei weitem nicht ausverkauft waren. Jetzt würde ich eher einen anderen Weg wählen, und zwar den Ausbau der Infrastruktur. Dies soll zur Ausbildung von neuen guten Talenten beitragen.“


Fußballchef Pelta: Wollen 2017 noch Platz für WM-Relegation erkämpfen

Miroslav Pelta  (Foto: Filip Jandourek)
Im Rahmen der feierlichen Einweihung des modernisierten Stadions der Freundschaft stellte sich Miroslav Pelta den Medienvertretern aber auch zu einer Reihe anderer Fragen. Zum Niveau der ersten tschechischen Liga in der jüngst abgeschlossenen Hinspiel-Serie sagte der 52-Jährige:

„Die Liga hat sich zum 1. Juli vom Verband abgekoppelt. Es ist eine attraktive Liga, und es ist letztlich auch gut, dass diesmal mehrere Mannschaften um den Titel spielen. Hin und wieder bin ich etwas verärgert über die geringen Zuschauerzahlen, doch das ist sicher auch eine Frage der Termine, des Wetters und Ähnlichem. Die Liga hat Qualität, das belegt die Tatsache, dass im Herbst drei Mannschaften in der Gruppenphase der Europa League gespielt haben. Sparta Prag ist am Ende sogar als Sieger der schweren Gruppe mit Inter Mailand und Southampton hervorgegangen. Das ist ein großer Erfolg für den tschechischen Fußball.“

Von einem ähnlichen Erfolg kann indes in der laufenden WM-Qualifikation nicht die Rede sein. Mit nur einem Sieg und fünf Punkten in vier Partien liegt Tschechien derzeit nur auf Platz vier der Gruppe C. Und das hinter Mannschaften wie Nordirland und Aserbaidschan. Doch Pelta hat auch dazu seine eigene Meinung:

„Ein grundlegender Erfolg ist die Qualifikation der U21-Mannschaft für die EM-Endrunde im nächsten Jahr. Bei den Profis sind wir in die WM-Qualifikation gestartet. Hier fehlt mir ein Sieg, entweder gegen Aserbaidschan oder Nordirland. Doch Trainer Karel Jarolím hatte es auch nicht einfach. Er konnte an seine neue Aufgabe nur so herangehen, dass er erst einmal einen neuen Kader zusammenbauen muss. Eine neue gute Mannschaft wird nach und nach geformt, und ich denke, dass uns dies gelingen wird. Es sind auch schon einige Akteure zu sehen, die zu großen Spielern europäischen Formats heranreifen könnten.“

Diesbezüglich ist Pelta auch überzeugt, dass der Vater des ehemaligen HSV-Spielers David Jarolím der richtige Trainer für den Neuaufbau des tschechischen Nationalteams ist:

„Die Art und Weise, die Karel Jarolím gewählt hat, ist die einzig mögliche, um ein Team zu formen, das auf lange Sicht wieder Erfolg haben wird. Ich denke, es ist einfach erforderlich, mutige Entscheidungen zu treffen, und ich bin froh, dass Jarolím dies tut. Ich würde mir wünschen, dass wir im nächsten Jahr um den Platz mitkämpfen werden, der uns die Relegation für die Weltmeisterschaft ermöglicht.“

Und das heißt nichts anderes, als dass Tschechien 2017 noch in den Kampf um Platz zwei in der Gruppe C eingreifen will. Denn der erste Platz ist wohl vergeben – an den souverän auftrumpfenden Titelverteidiger Deutschland.

Autor: Lothar Martin
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