Wikileaks: auch Dokumente aus Prager Botschaft veröffentlicht

US-Botschaft in Prag

Vertrauliche Dokumente aus US-Botschaften in der ganzen Welt, die auf der Internetplattform „Wikileaks“ veröffentlicht wurden, sorgen für gehörigen Wirbel. Offengelegt wurden auch Depeschen aus der US-Botschaft in Prag.

Wikileaks
Die Kanzlerin als „Teflon-Merkel“, Außenminister Westerwelle „inkompetent und eitel“, der französische Präsident als „Kaiser ohne Kleider“ mit „dünner Haut“ oder Russlands Premier Putin als „Alpha-Rüde“. Die in den vergangenen Tagen über das Internetportal „Wikileaks“ an die Öffentlichkeit geratenen vertraulichen Dokumente aus US-Botschaften in der ganzen Welt haben das Zeug zum diplomatischen Skandal der Extraklasse.



Unter den offengelegten Botschaftsberichten sind auch Schreiben, die aus der Prager US-Botschaft nach Washington geschickt wurden. Spöttische Bemerkungen über tschechische Politiker finden sich darin allerdings nicht. Vielmehr geht es um die Zusammenarbeit zwischen Tschechien und den USA beim Aufbau des seinerzeit geplanten Raketen-Abwehrschildes in Europa. In den Dokumenten werden die Inhalte verschiedener Sitzungen mit dem tschechischen Außen- und Verteidigungsministerium wiedergegeben sowie Einschätzungen der damaligen amerikanischen Geschäftträgerin und des Verteidigungsattachés in Tschechien. Der Inhalt dieser Depeschen ist nicht gerade skandalös. Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg zeigte sich im Gespräch mit dem Tschechischen Rundfunk dennoch alles andere als begeistert über die Affäre:

Angela Merkel  (Foto: www.vlada.cz)
„Das ist das Problem der Amerikaner, nicht meines. Ich weiß nicht, warum ich darauf reagieren sollte. Diese vertraulichen Gespräche zu veröffentlichen ist trotzdem eine Schweinerei. Das ist doch klar, auch Sie sprechen unter Kollegen in der Redaktion oder unter Freunden in einem anderen Ton als in der Öffentlichkeit. Das muss man respektieren. Es ist doch klar, dass daraus eine Sensation gemacht wird, wenn dort ein paar heftigere Ausdrücke vorkommen.“

Petr Drulák
Einige der betroffenen Politiker würden sich nun wohl verletzt fühlen durch die wenig schmeichelhaften Einlassungen amerikanischer Diplomaten. Auf Tschechien treffe das aber wohl nicht zu. Er hoffe, dass seine Kollegen die ganze Sache mit Humor nehmen würden, so der tschechische Außenminister.

Bleibt zu hoffen, dass nicht doch noch unangenehme Details auftauchen, die die Beziehungen zwischen Prag und Washington belasten könnten. Dies sei unwahrscheinlich, meint der Leiter des Prager Instituts für Internationale Beziehungen, Petr Drulák:

Martin Barták  (Foto: Kristýna Maková)
„Ich erwarte keine sensationellen Ergebnisse. Was die Tschechen interessieren könnte, wären irgendwelche Hinweise auf Korruption. Aber die Frage ist, ob das weitreichender wäre, als der Korruptionsvorwurf von Seiten eines Ex-US-Botschafters gegenüber einem ehemaligen tschechischen Regierungsmitglied.“

Gemeint damit ist die Causa rund um den ehemaligen stellvertretenden Verteidigungsminister Martin Barták, der gegen Geld die Lösung eines wirtschaftlichen Konflikts bei einem Rüstungskauf angeboten haben soll. Wir haben berichtet.