Villa Liska in Ostrau erstmals für Besichtigungen offen

Вилла братьев Шлапета

Sie gilt als eines der wichtigsten Beispiele des sogenannten „organischen Funktionalismus“: die 1936 erbaute Villa Liska in Ostrau / Ostrava. Nun ist das in Privatbesitz befindliche und nach wie vor bewohnte Haus erstmals für Besucher geöffnet.

Die Villa Liska in Schlesisch-Ostrau beschreibt die Form eines T und zeichnet sich durch den fließenden Übergang zwischen außen und innen aus, riesige Fenster und Terrassen verbinden das Innere des repräsentativen Wohnbaus nahezu nahtlos mit dem Garten. Das Haus sei einer der ganz wenigen Bauten im Stil des organischen Funktionalismus, erklärt der Architektur- und Kunsthistoriker Martin Strakoš:

Martin Strakoš  (Foto: www.osu.cz)
„Die Villa ist ein großartiges Beispiel für die Avantgarde-Architektur. Für eine Architektur, die für ein neues Wohnkonzept steht: Die Architekten wollten das Haus für das Tageslicht öffnen und haben dazu so viel Glas wie möglich verwendet und die gesamte Konstruktion so schlank wie möglich gestaltet. Außerdem haben sie die Raumaufteilung revolutioniert: Das Haus hat keine Gänge mit Türen, die in die einzelnen Zimmer führen, sondern ist wie ein Organismus konzipiert.“

Für die Architekten, die Zwillingsbrüder Čestmír und Lubomír Šlapeta, habe beim Bau der Villa Liska neben der Funktionalität der Räume vor allem die Freude am Wohnen im Mittelpunkt gestanden, sagt Strakoš. Das Haus steht damit in der Tradition der organischen Architektur, als direktes Vorbild gedient hat das Einfamilienhaus Dr. Baensch in Berlin-Spandau. Dessen Architekt Hans Scharoun war einer der Lehrer der Zwillingsbrüder Šlapeta.

Im Gegensatz zur Villa Tugenhat in Brünn oder der Villa Müller in Prag ist das Ostrauer Haus Liska bis heute bewohnt. Vor 40 Jahren kaufte das Ehepaar Doležílek das Haus. Drahoslava Doležílková führt stolz durch die Villa:

„Das hier ist der repräsentativste Raum des Hauses, der rundum verglast ist. Er ist in zwei Funktionsbereiche getrennt. Hier ist der Essbereich, da sehen Sie die Durchreiche in die Küche. Und dort drüben ist der Wohnbereich. Der Raum hat über 70 Quadratmeter, also so viel wie eine Dreizimmerwohnung in einem Plattenbau.“

Drahoslava Doležílková  (Foto: www.ostrava2015.cz)
Auch nach 75 Jahren sind in der Villa Liska die meisten Teile der Ausstattung noch im Original vorhanden: Türen und Fenster, Einbauschränke, Treppengeländer und sogar Lichtschalter und Steckdosen. Auch die damals wie heute hochmoderne Warmluftheizung ist noch voll funktionsfähig.

„Wir stehen jetzt im Bad. Die Wanne samt Wasserhähnen und die Kacheln sind original, nur die Dusche mussten wir austauschen. Und hier sehen Sie eine weitere Besonderheit des Hauses: wenn Sie sich im Badezimmer ausziehen, können Sie die Schmutzwäsche in diese Öffnung werfen. Sie landet dann direkt in der Waschküche“, so Hausbesitzerin Doležílková.

Details wie dieses sind typisch für funktionalistische Bauten. Ganz im Sinne der organischen Architektur mit ihrer maximalen Öffnung nach außen hat auch das Badezimmer der Villa Liska ein Fenster, das den Blick auf den terrassenförmig angelegten Garten und den Fluss Ostravice freigibt.


Im Rahmen der Bewerbung der Stadt Ostrau als europäische Kulturhauptstadt 2015 kann die Villa Liska nun erstmals besichtigt werden. Die geführten Rundgänge finden am 21. und am 28. August statt, jeweils um 10:00, 11:30, 13:00 und 14:30 Uhr. Alle Touren sind bereits ausgebucht, es gibt aber noch Plätze auf der Warteliste. Nähere Informationen und Anmeldung: [email protected] oder Telefon (00420) 596 110 523.