Maria Staszkiewicz ist neue Direktorin der „Assoziation für internationale Fragen“

Maria Staszkiewicz

Die „Assoziation für internationale Fragen“ (AMO), ist wahrscheinlich einer der bekanntesten tschechischen Think-Tanks. Auf zahlreichen Konferenzen sowie durch ihre Publikationen will die AMO den Blick auf Probleme der internationalen Politik schärfen – sei es im nachbarschaftlichen Umfeld der Europäischen Union, sei es im transatlantischen Verhältnis, sei es in den Beziehungen zu den Staaten Afrikas und Asiens. Seit Januar hat die AMO nun eine neue Direktorin: Maria Staszkiewicz, eine junge Polin, die zuletzt in Brüssel gearbeitet hat und nun in Prag ihre Zelte aufschlägt.

Maria Staszkiewicz
Frau Staszkiewicz, was wird in nächster Zeit hier in Prag Ihre Arbeit sein?

„Natürlich habe ich für die AMO große Pläne. Die AMO, das ist eigentlich ein Zusammenschluss von meist jüngeren Menschen, die Interesse für das internationale Geschehen haben. Wir möchten dazu beitragen, in der Tschechischen Republik ein fundiertes Verständnis für die internationalen Beziehungen zu schaffen. Das macht die AMO zum Beispiel durch Bildungsprojekte. Ich denke, das beste Beispiel ist unsere Simulationskonferenz. Ihr Zweck ist es, Gymnasiasten oder jüngeren Studenten in der Praxis zu zeigen, wie die UNO, die Europäische Union und auch die Nato funktionieren.“

Mit der Europäischen Union haben Sie bereits Erfahrungen, von 2008 an waren Sie in Brüssel.

„Ja, ich habe vor vier Jahren ein Auswahlverfahren gewonnen und bin Teil der europäischen Beamtenschaft. Jetzt habe ich mir unbezahlten Urlaub genommen, um nach Prag zu kommen und hier bei der AMO zu arbeiten.“

Die AMO will im Rahmen von verschiedenen Projekten den Tschechinnen und Tschechen die internationale Politik näher bringen, neue Fragen aufwerfen. Was werden denn in nächster Zeit die neuen Fragen sein?

„Meines Erachtens werden sich tschechische Politiker jetzt vermehrt mit der Erweiterung der Europäischen Union beschäftigen. Eine der wichtigsten Prioritäten ist auch die Ost-Partnerschaft, die während der tschechischen Ratspräsidentschaft offiziell eröffnet wurde. Dazu möchten wir beitragen, indem wir verschiedene Projekte organisieren, die darauf abzielen, den osteuropäischen Ländern wie der Ukraine, Weißrussland oder Georgien mit der Transformation zu helfen.“

Was die Erweiterung betrifft, hat Tschechien ja jetzt einen prominenten Vertreter in Brüssel: Štefan Füle, der dieses Ressort in der Europäischen Kommission übernommen hat.

„Stimmt. Darin sehen wir auch eine Chance, in diesem Feld aktiver zu werden.“

Kommen wir zu den Beziehungen zu den deutschsprachigen Nachbarn. Manchmal könnte man den Eindruck haben, dass diese Beziehungen in den gesamteuropäischen Beziehungen fast aufgehen. Doch dann scheint manchmal plötzlich etwas zu erwachen, was zuvor geschlafen hat. In jüngster Zeit etwa in dem Moment, als Präsident Klaus die Beneš-Dekrete aus dem Jahr 1945 ins Spiel gebracht hat als Argument gegen die EU-Grundrechtecharta, die im Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon in Kraft getreten ist. Diese Grundrechtecharta soll in Tschechien künftig doch nicht gelten, weil die Beneš-Dekrete sonst angeblich in Gefahr wären. Wie beurteilen Sie den Stand der deutsch-tschechischen Beziehungen? Spielen diese tief schlummernden Ängste und Vorurteile noch eine Rolle?

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
„Ich würde die deutsch-tschechischen Beziehungen als sehr korrekt und intensiv beschreiben. Natürlich gibt es aber manchmal Probleme mit der gemeinsamen Geschichte. Das Problem würde ich darin sehen, dass die Tschechen, aber noch viel mehr die Polen, sehr oft noch in der Geschichte leben und nicht so zukunftsorientiert sind. Darin sehe ich aber auch die Chance für die bilateralen Beziehungen in Mitteleuropa. Man sollte sich mehr an der Zukunft orientieren, Zukunftsprojekte unterstützen, und nicht immer wieder die Geschichte aufwärmen. Das bringt keinem etwas.“

Sie haben Polen genannt: Sie selbst kommen ja aus Polen. Es gibt eine außenpolitische Frage, in der Tschechien in letzter Zeit immer in einem Atemzug mit Polen genannt wurde, und zwar die Stationierung eines US-amerikanischen Raketenabwehrsystems in beiden Ländern. Momentan ist dieses Projekt von amerikanischer Seite gestoppt. Wie beurteilen Sie die euro-atlantische Stellung Tschechiens und das damit verbundene Meinungsklima hierzulande?

„In den letzten 20 Jahren waren die USA der wichtigste globale politische Partner Polens und der Tschechischen Republik. Mit der Obama-Administration hat sich das etwas geändert. Wir sollten jetzt nicht vergessen, dass wir ein Teil der Europäischen Union sind. Die EU-Mitgliedstaaten sind unsere natürlichen Partner. Ich denke, der Entschluss, das Raketenabwehrsystem auf unbestimmte Zeit zu verschieben, ist ein Zeichen, dass wir die transatlantischen Beziehungen in Polen und Tschechien umdefinieren und mehr am realen Leben ausrichten sollten.“

Wie hat sich Ihr eigenes außenpolitisches Interesse entwickelt. Der ehemalige Außenminister Jiří Dienstbier erzählt, dass er sich schon als Kind, ich glaube als zwölfjähriger Junge, eine mehrbändige Geschichte der Diplomatie gekauft hat. Hat es bei Ihnen auch so früh begonnen?

Maria Staszkiewicz und Gerald Schubert
„Es begann leider nicht mit einem Buch über Diplomatie. Aber als kleines Mädchen im kommunistischen Polen habe ich immer von dem geträumt, was verboten war. Und das war natürlich der Westen. Als ich dann etwas größer geworden bin, ist in Polen die Frage des EU-Beitritts laut geworden, und da habe ich als Jugendliche meine Chance gesehen. Das waren natürlich nur Idealvorstellungen. Aber ich denke, genau diese Zeit, als ich Gymnasiastin war, die hat mich ziemlich beeinflusst.“


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