Griechenlands Schulden - ČEZ-Skandal - Zukunft der Solarenergie in CZ
Was hat der Blick in die tschechischen Zeitungen diese Woche ergeben? Die Situation um die griechischen Staatsfinanzen wurde auch hierzulande ausgiebig diskutiert, der Energie-Riese ČEZ steht weiterhin unter Beschuss. Und gefragt wurde auch: Wackelt die Zukunft der Solarenergie in Tschechien?
Moderator: Griechenland hat finanzielle Probleme, das weiß inzwischen ganz Europa. Und man diskutiert hitzig, wie der Rest der EU auf die „Bankrott-Erklärung“ Griechenlands reagieren soll. Wie sehen die tschechischen Kommentatoren das, Christian?
C.R.: Jan Žižka von der Wirtschaftszeitung E15 glaubt, Griechenland sei nun genauso ein Symbol der Finanzkrise wie die US-Bank Lehman Brothers. Jetzt werde deutlich, dass ein kleiner Staat wie Griechenland der Eurozone mehr schaden kann als erwartet wurde.
“Europa wägt jetzt verschiedene Rezepte gegeneinander ab. Keines davon ist gut. Genauso wie im Falle von Lehman Brothers. Nichts zu tun steigert die Panik, im Falle einer Rettungsaktion für Griechenland könnten weitere Staaten ähnliche Hilfen einfordern."Der Autor spielt dann durch, was geschehen würde, wenn man Griechenland einer ähnlichen Behandlung unterzöge wie die US-Regierung es mit Lehman Brothers getan hat. In diesem Falle hieße das, Griechenland dazu zu zwingen, die Eurozone zu verlassen. Žižka schreibt:
"Aus ökonomischer Sicht wäre das sinnvoll. Ein Geschwür einfach herausschneiden und schon ist die Gefahr insgesamt gebannt. Zusätzlich hätte man damit ein Exempel statuiert für andere Staaten wie Portugal, Spanien oder Irland."Žižka weist aber selbst darauf hin, dass das politisch nicht tragbar sei.
Moderator: Gab es noch andere Stimmen zu diesem Thema?
C.R.: Etliche. Martin Ehl nimmt das Thema in der Tageszeitung Hospodářské Noviny zum Anlass, einen Blick auf die europäische Sozialdemokratie zu werfen. Am Beispiel Griechenlands, Spaniens, Portugals und Ungarns zeigt er auf, wie die Sozialdemokraten durch die Krise gezwungen werden, unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen, also wie zum Beispiel Steuererhöhungen oder das Hinaufsetzen des Renteneintrittsalter:
"Papandreu, Zapatero, Sókrates und Bajnai haben letztlich bewiesen, dass sie verantwortungsvolle Politiker sind, die schließlich doch den Mut gefunden haben, etwas zu unternehmen, gleichwohl mit deutlichem Zähneknirschen. Ergebnisse von Meinungsforschern zu verfolgen, dazu bleibt ihnen keine Zeit. Das ist eine europäische Herausforderung auch für Jiří Paroubek", findet der Kommentator Ehl.
Moderator: Letzte Woche haben wir uns an dieser Stelle bereits mit dem neuesten Skandal des tschechischen Energieunternehmens ČEZ beschäftigt. Nur kurz zur Erinnerung: Der Presse wurden Videoaufnahmen zugespielt, die ein uniformiertes Sonderkommando dieses Unternehmens bei einem paramilitärischen Training zeigen. Diese Sondereinheit soll Stromsünder aufdecken oder zum Bezahlen ihrer Stromschulden bewegen.C.R.: Dieses Training umfasste beispielsweise das Köpfen von Hühnern.
Moderator: Genau. Und diese Woche wurden nun 26 dieser „Strom-Sheriffs“ wegen Erpressung angeklagt. Was war in den Zeitungen dazu nachzulesen?
C.R.: Die Geschichte war in der Mehrzahl der tschechischen Medien weiterhin ein großes Thema. Wie heftig die Diskussion um diese Kampfeinheit ist, zeigen aber vor allem die Reaktionen der Menschen in verschiedenen Internetforen. Auf einem Portal habe ich gesehen, dass sich sogar ein Mitglied dieser Sondereinheit persönlich zu Wort gemeldet hat. Mit dem Hinweis: Er würde nach seiner Arbeitszeit ausführlicher werden.
Aber zurück zu den Zeitungen. Die Kommentatoren beschäftigen sich überwiegend mit der Position von ČEZ im Land insgesamt. Jiří Leschtina schreibt in der Zeitung Hospodářské Noviny, das Motto des Konzerns laute: Der Staat bin ich. Dafür spreche nicht nur, dass der Konzern quasi die Arbeit der Polizei in die eigene Hand nimmt, indem er Kampfeinheiten ausbildet. Der Autor glaubt ebenso, das Unternehmen mache sogar eine eigene Außenpolitik, was er an der Ausschreibung für den Ausbau des AKW Temelin festmacht.Moderator: Inwiefern?
C.R.: Indem die Chefetage als ausschlaggebendes Kriterium den Preis festgelegt und Garantien gefordert hat, die sich nur der Kreml leisten könne, beziehungsweise seine Firma Rosatom, meint der Autor. Die Regierung wurde hier komplett herausgehalten. Insofern steigere ČEZ Tschechiens Abhängigkeit von Russland, wenn es um die Energieversorgung geht. Insgesamt findet der Autor:
„Es wird Zeit, dass mehr als bisher der Frage nachgegangen wird, wie die Führungsriege von ČEZ dazu gezwungen werden kann, das öffentliche Interesse nicht von den wirtschaftlichen Interessen des halbstaatlichen Betriebs überrollen zu lassen. Und wer, wenn nicht eine unabhängige Expertenregierung, sollte diese Überlegungen einbringen. Die ist schließlich nicht abhängig vom Geist der Parteien. Hier steht doch mehr auf dem Spiel als ein paar geköpfte Hühner.“
Moderator: Bleiben wir noch mal bei der Energieversorgung. Diese Woche ist eine Meldung durch die Presse gegangen, die die Zukunft der Solarenergie in Tschechien betrifft. Hast Du dazu etwas?C.R.: Ja, das Unternehmen ČEPS, das als einziges hier in Tschechien das Energienetz betreibt, hat dazu aufgefordert, keine neuen Quellen alternativer Energie mehr ans Netz anzuschließen. Das betrifft Windkraft- und Solaranlagen. Die Zahl der Neu-Anträge sei so groß, dass Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzes gefährdet würden, falls die Anträge alle positiv beschieden würden. Wenn sich also nicht bald etwas rühre, müsse das Unternehmen bestehende Anlagen vom Netz nehmen, hieß es.
Moderator: Gab es Reaktionen dazu?
C.R.: Daniel Kaiser schreibt in der Zeitung Lidové Noviny:„Der Abnahmepreis für Strom aus Solarenergie wird künstlich hochgehalten. Die Produzenten haben außerdem die Gewissheit, dass die Preise langfristig stabil sind. Der Staat beginnt zwar langsam, eine Gegenstrategie zu entwerfen, bis dahin besteht aber die Gefahr, dass hier viele Unternehmer Lunte riechen und man sie dann nicht mehr so einfach los wird. Viele von ihnen kommen aus Deutschland hierher, denn dort hat der Staat die Abnahmepreise schon deutlich gedrückt.“