Essensgutscheine und Freifahrten: Gewerkschaften drohen mit Streik, Premier Fischer will verhandeln

Sie sind rosa, hellblau oder blassgrün und fast jeder tschechische Angestellte bekommt sie: Die beliebten Essensgutscheine, zu denen der Arbeitgeber einen finanziellen Zuschuss leistet. Bisher waren sie steuerlich begünstigt, doch seit 1. Januar ist damit Schluss. Ähnliches gilt auch für die stark verbilligten so genannten „Regie-Fahrkarten“, über die Zehntausende Angestellte öffentlicher Verkehrsbetriebe und deren Angehörige verfügen. Die Gewerkschaften befürchten nun die Abschaffung dieser Vorteile und drohen mit Streik. Zu diesem und anderen aktuellen Problemen nahm Premier Fischer am Sonntag im Tschechischen Fernsehen Stellung.

Sollten die steuerlichen Begünstigungen für Essensgutscheine und verbilligte Mitarbeiter-Fahrkarten nicht wieder eingeführt werden, drohen die tschechischen Gewerkschaften mit Streik. An vorderster Front stehen dabei die Vertreter der Beschäftigten im öffentlichen Verkehr. „Irgendwann nach dem 22. Februar“ könnten im ganzen Land Busse und Bahnen in den Depots bleiben, drohen sie. Premierminister Jan Fischer sagte dazu am Sonntag im Tschechischen Fernsehen:

„Ich verhehle nicht, dass das ein Problem ist. Diese Besteuerung haben alle Beteiligten in einer ziemlich technokratischen Gesetzesnovelle übersehen. Das ist sehr unangenehm. Einige Arbeitgeber werden diese Vergünstigungen aus finanziellen Gründen womöglich einschränken oder abschaffen. Ich werde mit dem Finanzminister und einigen Abgeordneten verhandeln. Die einzige mögliche Lösung ist eine Gesetzesänderung.“

Von links Finanzminister Janota und Premier Fischer  (Foto: ČTK)
Ein anderes, internes Thema beschäftigt seit einigen Tagen Fischers Übergangsregierung: Es gibt Hinweise, dass einige Minister seines Kabinetts bei den für Ende Mai angesetzten Parlamentswahlen für eine Partei kandidieren wollen. Innenminister Martin Pecina hat etwa eine Kandidatur für die Sozialdemokraten nicht ausgeschlossen. Die Bürgerdemokraten sprechen von Verrat, denn das Abkommen zur Bildung der Übergangsregierung schließe eine solche Kandidatur dezidiert aus. Premierminister Jan Fischer:

„Es wäre zumindest ungewöhnlich, wenn jemand aus meiner Regierung für die eine oder andere Partei kandieren würde. Ich bin überzeugt, dass das auch mit der Streichung der geplanten Neuwahlen zusammenhängt. Hätten die Wahlen im Oktober stattgefunden, hätte sicher niemand kandidiert. Das ist gewissermaßen der Preis, den das Kabinett fürs Weiterregieren zahlt. Aber es ist nicht so, dass ich damit gar nicht leben könnte.“

Jan Fischer  (Foto: ČTK)
Wenig erfreut zeigte sich Premierminister Jan Fischer über den in letzter Zeit – höflich ausgedrückt – schleppenden Verlauf der Debatten und Abstimmungen im Abgeordnetenhaus. Einige wichtige Gesetzesvorhaben drohten dabei auf der Strecke zu bleiben, so der Regierungschef:

„Fix auf dem Programm steht zum Beispiel das so genannte Anti-Korruptions-Paket. Eine Reihe weiterer Gesetzesentwürfe liegen ebenfalls im Parlament und ich hoffe fest, dass das Abgeordnetenhaus die Abstimmung noch vor den Wahlen schafft.“

Reichlich Gelegenheit zur Debatte hat das Parlament in dieser Woche: Gleich vier Sondersitzungen stehen auf dem Programm. Bleibt abzuwarten, ob neben dem üblichen Gezerre um die Tagesordnung und zahlreichen Reden diesmal auch Zeit für den einen oder anderen Gesetzesbeschluss bleibt.