„Kleine Goetheinstitute“ - Kulturmanager in Tschechien
Und damit zum Angenehmen – der Kultur. Manager lenken nicht nur die Geschicke von großen Wirtschaftsunternehmen, sondern im kleinen Rahmen auch die der Kultur. Kulturmanager, das sind junge Hochschulabsolventen, die von der Robert-Bosch-Stitung an Kultureinrichtungen in Mittel- und Osteuropa vermittelt werden. Auch in Tschechien gab es Kulturmanager und wird es bald wieder geben. Was deren Arbeit bisher gebracht hat und was die Zukunft bringt, das berichtet Ihnen Iris Riedel im Kultursalon.
Ústí nad Labem / Aussig ist die achtgrößte Stadt in Tschechien, mit knapp 100.000 Einwohnern im Vergleich zu deutschen Städten jedoch klein. Sanft schmiegt sie sich ins Elbtal, umgeben vom malerischen Böhmischen Mittelgebirge. Trotz der traumhaften Lage ist die Stadt eher hässlich. Industrieschlote bohren Löcher in den Himmel und abgewetzte Plattenbauten hocken am Fuß der Berge. In diesem Ort hat sich das Collegium Bohemicum niedergelassen. Denn das Collegium widmet sich der Geschichte der Deutschen in den böhmischen Ländern und Ústí hat einstmals unter dem Namen Aussig zu Deutschland gehört. Das Collegium Bohemicum war bis vor einem halben Jahr die einzige tschechische Einrichtung, die einen Kulturmanager der Robert-Bosch-Stiftung beherbergen durfte. Frauke Wetzel war eine von zwei Kulturmanagerinnen in Ústí:
„Ich sollte die Einrichtung dadurch unterstützen, dass ich ein aktuelles Deutschlandbild durch Kultur vermittele. Das ist die normale Aufgabe, die ein Goetheinstitut hat. Und so waren wir alle als Kulturmanager (lacht) ‚kleine Goetheinstitute’, das hat man mal über uns geschrieben.“
„Kulturmanager“ ist ein Programm der Robert-Bosch-Stiftung. Sie wählt jedes Jahr junge Hochschulabsolventen in einem mehrstufigen Auswahlmarathon aus und sendet sie in eine Kultureinrichtung in Tschechien, Polen, Mazedonien, Ukraine oder einem anderen Land Mittel- und Osteuropas. Ihre Stellen werden durch die Stiftung voll finanziert und ihre Aufgaben kann man in drei Stichworten zusammenfassen: Kultur, Bildung und Begegnung. Jeder Kulturmanager hat andere Ideen, wie er diese Ziele umsetzt. Manche konzentrieren sich auf eine bestimmte Sparte, zum Beispiel Theater oder bildende Kunst. Frauke Wetzel hat sich in Ústí auf ein breites Spektrum verlegt.
„Das fing an bei Graffittiworkshops mit deutschen und tschechischen Jugendlichen und ging bis zu wissenschaftlichen Vorträgen, Buchvorstellungen, einzelnen Workshops für Studenten. Musikalisch hatten wir zum Beispiel das Laptoporchester auf einer Tournee durch ganz Mittelosteuropa auch in Ústí zu Gast.“
Der Kulturmanager ist nicht der Durchführende, sondern durch seine guten Kontakte zu Deutschland der Vermittelnde. Er ist dafür verantwortlich, dass eine Veranstaltung stattfinden und reibunslos ablaufen kann. Frauke Wetzel:„D.h. einmal die Mittel zu beschaffen, gleichzeitig das Publikum zu besorgen, die Menschen zueinander zu bringen, vor Ort für Essen, für den Transport zu sorgen, ja und nicht zuletzt das Ganze zu dokumentieren und all seinen Geldgebern Rechenschaft abzulegen.“
Seit 2005 hat das Collegium Bohemicum zwei Kulturmanager empfangen, die der Institution geholfen haben, sich in der Stadt zu etablieren und anerkannt zu werden. Denn eine Einrichtung, die sich in Tschechien mit deutscher Geschichte beschäftigt, wird erst einmal kritisch beäugt. Seit Juli 2009 muss nun die ehemalige Gastinstitution selbst laufen lernen, denn ein Kulturmanager soll Projekte anleiern, aber die Gasteinrichtung soll nicht von seiner Arbeit abhängig werden. Blanka Mouralová, Direktorin des Collegium Bohemicum, hat bereits eine neue Mitarbeiterin gefunden, welche die Manageraufgaben nun übernimmt.
„Die größte Schwierigkeit ist sicherlich, wo man die Finanzierung bekommen kann, wenn das Geld nicht mehr von der Bosch-Stiftung kommt. Und da ist unsere Stategie, dass wir uns für die nächsten Jahre als Hauptorganisator für die tschechische Seite von dem Festival ‚Tschechisch-Deutsche Kulturtage’ etabliert haben. Und gleichzeitig werden wir jetzt die Rolle des Tschechischen Zentrums in Dresden übernehmen, auch was die Gestaltung des Festivals auf der deutschen Seite angeht, weil das Tschechische Zentrum in Dresden zugemacht wird.“
Frauke Wetzel hat inzwischen die Seiten gewechselt und leitet nun die Öffentlichkeitsarbeit der „Tschechisch-Deutschen Kulturtage in Dresden“ auf der deutschen Seite. In diesem Sinne wird die Zusammenarbeit also fortgesetzt werden. Das Collegium Bohemicum hat durch die Kulturmanagerin nicht nur ein großes Programm anbieten, sondern auch direkt von ihr lernen können, resümiert Direktorin Blanka Mouralová.„Bedingung ist, dass man sich auch die Zeit dafür nimmt, aber es lohnt sich auf jeden Fall, weil die Kulturmanager, die von der Robert-Bosch-Stiftung geschickt werden, hochqualifiziert sind. Sie machen auch im Laufe des Projektes eine Reihe von Qualifizierungsseminaren. Das ist auch eine schöne Herausforderung für die Einrichtung, die Gespräche mit dem Kulturmanager zu führen, die Evaluation zu machen und dabei kann man auch von einer Außenperspektive die eigene Arbeit betrachten.“
Nun hat Tschechien in Sachen Kulturmanager erst einmal eine Runde ausgesetzt, denn für die Robert-Bosch-Stiftung war es schwierig, einen neuen Gastgeber in Tschechien zu finden. Warum erklärt Johanna Holst, die für das Programm Kulturmanager bei der Bosch-Stiftung zuständig ist.
„Ich denke, dass einer der größeren Knackpunkte darin lag, dass wir das vielleicht in Tschechien auch nicht gut genug kommuniziert haben, dass Deutsch nicht Vorraussetzung für eine Bewerbung ist.“
Blanka Mouralová vermutet außerdem, dass viele Einrichtungen auch zusätzliche Arbeit und Kosten befürchtet haben. Die Vertreterin der Bosch-Stiftung darauf:„(lacht) Das kann natürlich sein. Ich muss ehrlich sagen, solche Rückmeldungen kommen natürlich bei uns auch nur über Ecken an. Aber ich denke auch, dass wir in diesem Jahr nochmal mit der Informationsveranstaltung in Prag vielleicht auch gerade in der Hinsicht Überzeugungsarbeit leisten konnten. Denn viele der Rückfragen bezogen sich auf finanzielle Fragen, aber eher darauf, ob denn der Kulturmanager als solcher voll finanziert ist oder ob die Institution da auch noch eventuell etwas dazu leisten müsste.“
Auf der anderen Seite ist natürlich die Gefahr groß, dass so ein finanziell gut ausgestattetes Programm mißbraucht wird, um reguläre Aufgaben der Einrichtung abzudecken.
„Genau das versuchen wir natürlich auch in so einem etwas längeren Bewerbungs- und Auswahlverfahren abzusichern. Die Kulturmanager sind alle junge Hochschulabsolventen mit solider Projekterfahrung, aber dennoch sollen sie auch gerade in diesem zweijährigen Qualifizierungsprogramm, das sie mit uns durchlaufen, noch dazu lernen. Zum anderen ist aber auch wichtig, dass der Kulturmanager nicht vor Ort als Praktikant gesehen und eingesetzt wird,“ bekräftigt Holst.
In der Bewerbungsphase besuchte Johanna Holst die jeweiligen Anwärter, klopfte Erwartungen und Umfeld ab. Die Hauptfragen waren: Gibt es hier für einen Kulturmanager überhaupt noch etwas zu tun oder ist die Einrichtung schon gut mir Deutschland vernetzt? Ist man hier überhaupt offen für Neues? Johanna Holst:
„Es haben sich aus Tschechien fünf Einrichtungen beworben. Die letztliche Auswahl findet diesen Monat statt. Bis Ende des Monats müssen wir wissen, wen wir ausschreiben, und ich denke fast, dass es auch noch die eine oder andere Überraschung für das tschechische Publikum geben wird.“Höchstens zwei tschechische Kultureinrichtungen können 2010 den Sprung ins Programm schaffen. Wenn diese feststehen, können sich wieder junge deutsche Akademiker bewerben, um nach Mittel- und Osteuropa auszuschwärrmen, dann auch wieder nach Tschechien, aber natürlich ohne…
„ohne vorzuführen, guckt mal, wie bei uns alles so viel toller ist,“ betont Ex-Kulturmanagerin Frauke Wetzel. Sie jedenfalls möchte ihre Mission in im Nachbarland nicht missen:
„Mir hat es sehr, sehr gut gefallen. Ich finde die zwei Jahre waren eine sehr intensive Zeit.“