Bedrohen deutsche Windkraftwerke die tschechische Energieversorgung?

Die Meldung sorgt in regelmäßigen Abständen für Aufregung: Deutsche Windkraftwerke bringen das tschechische Stromnetz an den Rand des Kollaps. Das behauptet zumindest der staatliche tschechische Stromnetz-Betreiber ČEPS. Der Tschechische Verband für Windenergie widerspricht dieser Sichtweise und spricht von Diskriminierung der Energie aus erneuerbaren Quellen.

Immer wieder komme es durch die stark schwankende Stromproduktion der deutschen Windkraftwerke zu ernsten Problemen im tschechischen Stromnetz, sagt der Leiter des staatlichen Stromnetz-Betreibers ČEPS, Petr Zeman:

„Wenn in Deutschland starker Wind weht, dann gibt es im Norden eine hohe Stromproduktion. Die potenziellen Verbraucher sind aber eher im Süden. In Italien oder in Österreich zum Beispiel. Dadurch werden die Stromnetze der Nachbarstaaten stark beansprucht, vor allem das in Tschechien. Vor zwei Wochen war die Situation bei uns wirklich kritisch.“

Foto: Europäische Kommission
Michal Janeček, der Vorsitzende des Tschechischen Verbandes für Windenergie (ČSVE), hält die Darstellung des staatlichen Stromnetz-Betreibers für übertrieben:

„Der Stromkonzern hat selbst gesagt, dass es im Jahr 2008 an einem einzigen Tag wirklich kritisch war. Jetzt, vor etwa einer Woche, gab es wieder starken Wind in Norddeutschland und sofort hat ČEPS die Medienmaschinerie angeworfen und seine Kritik erneuert. Wir halten dies für eine künstlich aufgebauschte Causa.“

Der staatliche Stromnetz-Betreiber wolle damit nur öffentlichen Druck zum umstrittenen Ausbau seiner Stromnetze erzeugen, so Windkraft-Experte Janeček. Außerdem diskriminiere ČEPS die Hersteller von Energie aus erneuerbaren Quellen und biete ihnen deutlich schlechtere Konditionen als den großen Stromkonzernen, sagte Janeček. Daher hat der Windenergie-Verband vor einigen Tagen Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingebracht. ČEPS-Chef Zeman entgegnet, der Anschluss neuer Kraftwerke ans Netz bedürfe genauer Planung und habe eine Vorlaufzeit von bis zu zehn Jahren:

„Da kommt zum Beispiel ein Kunde zu uns und sagt: ‚Mein Kraftwerk ist im Jahr 2011 fertig. Schließen Sie mich bitte ans Stromnetz an.’ Und wir müssen ihm dann sagen, er soll im Jahr 2022 noch einmal kommen, dann haben wir die Leitung fertig.“

Grund für die lange Vorlaufzeit sei neben der aufwändigen Technik vor allem das komplizierte Genehmigungsverfahren und zahlreiche Einsprüche von Seiten der Gemeinden und Bürgerinitiativen, so Stromnetz-Manager Petr Zeman.

Einen ausführlichen Bericht dazu hören Sie am kommenden Dienstag in unserer Sendereihe „Umwelt und Verbraucher“