Radio Freies Europa im Fadenkreuz: Saddam Hussein plante Anschlag in Prag

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Vor neun Jahren ist das Zentrum Prags nur knapp einem Anschlag entgangen. Darüber hat der tschechische Geheimdienst nun zum ersten Mal Informationen gegeben. Im Herbst des Jahres 2000 hatte der damalige irakische Diktator Saddam Hussein den Befehl zu einem Anschlag auf Radio Freies Europa gegeben. Till Janzer sprach mit Christian Rühmkorf über den geplanten Terror.

Christian, was war da genau von Bagdad aus geplant worden?

„Es ist eine Geschichte, in die Geheimdienste und diplomatische Kreise verwickelt waren. Im Visier des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein war ein Gebäude, das im Herzen Prags steht, gleich neben dem Nationalmuseum am oberen Ende des Wenzelsplatzes. Touristen erkennen das dunkle Gebäude an den Stelzen, auf denen es steht. Das war zur kommunistischen Zeit die Föderalversammlung, also die Volksvertretung. Seit 1995 strahlte von hier aber der von den Amerikanern finanzierte Sender Radio Freies Europa (RFE) in Dutzenden von Sprachen aus, in Länder, wo es keine oder nur eine eingeschränkte Pressefreiheit gab. Es war die kritische Stimme der irakischen Redaktion, die Saddam Hussein mit Waffen zum Schweigen bringen wollte.“

Wie sollte das geschehen?

„Im Frühjahr war dem tschechischen Geheimdienst BIS ein allzu neugieriger ´Tourist´ ausgefallen, der sich ein paar Mal zu oft in der unmittelbaren Umgebung des RFE-Gebäudes sehen ließ und auch immer wieder Fotos machte. Das war ein Agent des irakischen Geheimdienstes DGI. Daraufhin schafften es tschechische Agenten, einen ihrer Männer direkt in die irakische Botschaft einzuschleusen. Da war sozusagen der Planungsstab

Ehemaliges RFE Gebäude
für den Terroranschlag untergebracht. Das waren Agenten geschützt durch diplomatische Pässe. Durch den tschechischen Spion in der Botschaft bekamen die hiesigen Behörden dann auch im Herbst 2000 die entscheidende Information: Saddam Hussein habe den Befehl zur Durchführung des Anschlags gegeben.“

Tschechien hat dann ja erst einmal offiziell reagiert, oder?

„Richtig, mit einer diplomatischen Protestnote und der Ausweisung des irakischen Generalkonsuls. Aber die Anschlagpläne wurden weiter verfolgt. Die irakischen Agenten hatten eine Wohnung in der Washington-Straße gemietet. Nur 80 Meter Luftlinie zum Gebäude von Radio Freies Europa. Der Anschlag sollte mit einer Panzerfaust des russischen Typs RPG 7 erfolgen. Die kann einen bis zu 30 Zentimeter starken Panzerstahl knacken. Das hätte schon verheerende Folgen gehabt. Dazu kam es dann aber nicht, weil das Regime von Saddam Hussein im Irakkrieg 2003 von den Amerikanern gestürzt wurde. Aus Bagdad gingen also keine Befehle mehr in Prag ein. Es kostete aber einige Verhandlungskünste, das illegale Waffenarsenal in der irakischen Botschaft - unter anderem mit der besagten Panzerfaust – an die tschechische Polizei zu übergeben.“

Radio Freies Europa ist ja eigentlich immer eine potentielle Zielscheibe, oder?

„Ja, in den 80er Jahren war der Sender noch in München angesiedelt, und da gab es auch ein Bombenattentat. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center wuchs auch das Bedrohungspotential für Radio Freies Europa in Prag. Jetzt befindet sich der Sender in einem neuen Hochsicherheitsgebäude in Prag-Strašnice.“