Präsident und Außenminister unterwegs in der Welt: Charmeoffensive und Wirtschaft

Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva und Václav Klaus (Foto: ČTK)

Die Schlachten in Europa sind vorerst geschlagen. Der Lissabon-Vertrag ist endgültig ratifiziert. Der EU-Gipfel in Brüssel ist vorüber. Der künftige tschechische EU-Kommissar wurde in dem noch amtierenden Europaminister Stefan Füle gefunden. Die tschechischen Politiker haben also Zeit, sich auch anderen Regionen der Welt zuzuwenden. Diese Zeit haben in den vergangenen Tagen Präsident Václav Klaus und Außenminister Jan Kohout genutzt. Till Janzer hat über die Auslandsreisen der beiden Politiker das folgende Gespräch mit Patrick Gschwend geführt.

Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva und Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Präsident Klaus hat in den vergangenen acht Tagen eine ausgedehnte Lateinamerika-Reise unternommen. Was ist dabei herausgekommen?

„Präsident Klaus hat sich wirklich Zeit genommen. Er ist schon seit Mitte vergangener Woche in Südamerika und hat zuerst Peru und dann Brasilien besucht. Dabei stand vor allem die Wirtschaft im Mittelpunkt, denn gerade in den beiden Ländern hat Tschechien einiges aufzuholen. Klaus hat deshalb in Peru und in Brasilien bilaterale Unternehmerforen eröffnet. Solche Institutionen hat es vorher nicht gegeben.“

Das heißt: Wirtschaftsbeziehungen mit den beiden Ländern muss Tschechien erst noch aufbauen?

„Nicht ganz. In erster Linie ging es darum, die bestehende Zusammenarbeit auf eine institutionelle Grundlage zu stellen und über kurz oder lang natürlich auch auszuweiten. Es handelt sich dabei etwa um die Förderung von Rohstoffen, den Austausch von Umwelttechnologien oder um eine Kooperation im Energiesektor. Was diesen letzten Punkt betrifft, ist Tschechien zum Beispiel schon lange in Peru aktiv. Dort laufen eine Vielzahl von Kraftwerken mit Turbinen tschechischer Herkunft. Überhaupt genieße Tschechien einen guten Ruf in Peru, hat Klaus nach eigenem Bekunden festgestellt. Die Menschen dort seien nämlich auch fußballverrückt. Namen wie Pavel Nedvěd oder Jan Koller seien dort in aller Munde.“

Foto: Kristýna Maková
Die gehören ja eher der vergangenen, goldenen Generation des tschechischen Fußballs an. Derzeit läuft es nicht so gut. Es muss frustrierend gewesen sein für Klaus, im Anschluss an Peru die Fußballgroßmacht Brasilien zu besuchen…

„Mag sein. Vielleicht hat Klaus auch deswegen dort eher in alten Zeiten gekramt. Als Gastgeschenk hat er dem brasilianischen Präsidenten Lula nämlich einen Fußball mit dem Autogramm von Josef Masopust mitgebracht. Der war Kapitän der tschechoslowakischen Mannschaft, die 1962 im WM-Finale Brasilien mit 1:3 unterlag. Lula soll sich über den Ball sehr gefreut haben.“

Das klingt fast so, als sei Klaus in Sachen Fußball unterwegs gewesen…

„Ich würde es eher eine Charmeoffensive nennen. Fußball ist eben eine Sache, die bei den Menschen in Südamerika und besonders in Brasilien gut ankommt. Aber Tschechien ist dort auch aus anderen Gründen bekannt, nicht zuletzt wegen der vielen tschechischstämmigen Emigranten und ihrer Nachkommen. Sogar der frühere brasilianische Präsident Juscelino Kubitschek war tschechischstämmig. Kubitschek hat in den 50er Jahren im Urwald die Hauptstadt Brasilia bauen lassen. Und dort hat Klaus auch ein Kubitschek-Denkmal besucht. Was vielleicht auch interessant ist: Brasilien war im Dezember 1918 der erste Staat überhaupt, der die eigenständige Tschechoslowakei offiziell anerkannt hat. Auch ein Grund, warum Klaus Brasilien als traditionellen Verbündeten Tschechiens bezeichnet hat.“

Mal abgesehen von Klaus und seiner Südamerikareise: Auch Außenminister Jan Kohout war im Ausland unterwegs. Er war zwei Tage lang im Irak, einem Sorgenkind der internationalen Gemeinschaft.

Außenminister Jan Kohout links  (Foto: ČTK)
„Genau, bei Kohouts Reise ging es auch um die angespannte Sicherheitslage im Irak. Um den ordnungsgemäßen Ablauf der Parlamentswahlen zu gewährleisten, die im Irak Anfang kommenden Jahres stattfinden sollen, hat Kohout auch die Entsendung tschechischer Wahlbeobachter versprochen. Allerdings war auch der Hauptgrund von Kohouts Reise die Wirtschaft. Er führte – unter anderem mit dem irakischen Premier Nuri al Maliki – Gespräche über ein bilaterales Abkommen zur Besteuerung und zum Investitionsschutz. Denn tschechische Firmen haben ein großes Interesse, sich stärker als bisher am Aufbau des Irak nach dem Krieg zu beteiligen.“