Staatsinstitut stellt Liste früherer kommunistischer Agenten ins Internet

Seit Montag stehen fast 1000 Namen ehemaliger kommunistischer Agenten im Internet. Jeder kann sich also anschauen, wer zur Auslandsspionage des tschechoslowakischen Korps der nationalen Sicherheit SNB gehört hat, und in den Personalakten stöbern. Ins Netz gestellt hat diese Akten diesmal nicht der bekannte Kommunisten-Jäger Stanislav Penc, sondern das mit Staatsgeldern finanzierte Institut zum Studium totalitärer Regime in Zusammenarbeit mit dem Archiv der Sicherheitsorgane. Als Anlass diente der 20. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin.

Tschechien ist das erste postkommunistische Land, das die Namen von Agenten aus der Zeit vor der Wende im Internet veröffentlicht. Das Institut zum Studium totalitärer Regime hat dafür die konkreten Personen hinter den Decknamen in den Kaderakten der ersten Abteilung des SNB aufgespürt. Institutsleiter Pavel Žáček bei der Pressekonferenz am Montag in Prag:

„Wir haben versucht, die Zusammensetzung der Abteilung laut Stand vom 17. November 1989 zu rekonstruieren. Das ist uns nicht ganz gelungen, auch wegen der Verschleierungstaktik im gesamten kommunistischen Staatsapparat. Die Zahl der Angehörigen sollte gemäß der Pläne vom Anfang der 80er Jahre zwischen 1000 und 1600 Leuten schwanken.“

Das Institut hat letztlich 985 Namen aufgedeckt. Dies waren Leute, die offiziell ganz unterschiedlichen Berufen nachgingen. Eine ganze Reihe war in den Unternehmen des tschechoslowakischen Außenhandels tätig, über 200 aber auch im Ausland wie bei der Uno in New York.

Auf den Internetseiten des Instituts zum Studium totalitärer Regime lässt sich nun beispielsweise herausfinden, wer damals die österreichische Botschaft ausspioniert hat. Von jedem Agenten sind Name und Deckname veröffentlicht, sowie Fotokopien der Kaderakte mit einem Passfoto und einem tabellarischen Berufsweg. Warum diese Internet-Veröffentlichung? Pavel Žáček auf die Frage von Radio Prag:

„Ich erinnere mich noch an die Diskussion im Jahr 1989. Ich arbeitete damals in der Studentenzeitung. Man war damals hungrig auf Informationen, wer wo was gemacht hat. Der Schlüssel war damals die Staatsverwaltung, sie wollte mit den Informationen nicht herausrücken. Wir haben heute mit unserem Institut eine unabhängige Institution, die selbst entscheiden kann, was relevant ist zu veröffentlichen. 20 Jahre danach haben wir uns entschieden dies zu tun, weil wir der forschenden Öffentlichkeit und den Medien den Zugang zu den Materialien erleichtern wollen. “

Die Informationen mögen auch die breite Öffentlichkeit interessieren. Aber sehr viel Konkretes geben die Akten im Internet eigentlich nicht her, das bekennt auch Žáček:

„Das Archiv der Sicherheitsorgane muss bestimmte persönliche Angaben schützen. Es ist also einfach eine Liste. Mit ihr lässt sich aber überprüfen, ob jemand seine Vergangenheit bagatellisiert oder nicht.“

Auf die Frage, ob neue Namen oder überraschende Fakten in den Akten aufgetaucht seien, lautet indes die Antwort: Nein, die Fälle seien im Allgemeinen bereits bekannt.