Europäisches Parlament: Tschechien und Václav Klaus im Zentrum der Kritik

Václav Klaus

Er sorgt seit Tagen in ganz Europa für Schlagzeilen: Tschechiens Präsident Václav Klaus. Vor rund zwei Wochen hatte er wissen lassen, dass er vor einer Unterzeichnung des Lissabon-Vertrags eine „Fußnote“ zum EU-Reformvertrag verlange. Und zwar dafür, dass die EU-Grundrechtecharta, die integraler Bestandteil des Lissabon-Vertrags ist, die Beneš-Dekrete nicht in Frage stellt. Ein idealer Stoff für eine lebhafte Debatte im Europäischen Parlament, das zurzeit in Straßburg tagt.

Man respektiere den durch die tschechische Verfassung definierten Ratifizierungsprozess, sagte die schwedische Europaministerin und derzeitige Ratsvorsitzende, Cäcilia Malmström vor dem Parlament. Schließlich stehe auch noch die Entscheidung des tschechischen Verfassungsgerichts aus. Im Falle eines positiven Urteils erwarte man aber eine rasche Ratifizierung des Vertrags.

Deutlich weniger diplomatisch drückte sich die deutsche Grünen-Abgeordnete Rebecca Harms aus:

„Ich möchte sagen, dass ich es schon als besondere Art von politischer Zumutung empfinde, wie schlecht Herr Klaus als Verlierer agiert. Und ich würde Sie sehr, sehr dringend bitten, einem schlechten Verlierer, der außerdem offensichtlich noch nicht einmal tschechisches Gesetz respektiert, weil er die Verfassungsmehrheit, mit der in Tschechien für den Vertrag abgestimmt worden ist, nicht respektiert… Diesem Mann, der in Tschechien Gesetze missachtet, sollten Sie nicht entgegenkommen, wenn er jetzt ein Opt-Out für sein Land fordert, was die Charta der Menschenrechte betrifft. Das wäre meiner Meinung nach ein Schritt zuviel in Richtung dieses tschechischen ´Trouble-Makers´. Und ich glaube, dass die Bürger Tschechiens, die so viel getan haben für die Wiedervereinigung Europas, etwas Besseres verdient haben.“

In dasselbe Horn stößt der österreichische Sozialdemokrat Hannes Swoboda:

„Ich halte es für unakzeptabel, dass jetzt die Beneš-Dekrete herangezogen werden, um vielleicht noch einmal das ganze Werk aufzurollen und mit der Unterschrift zu warten. Ich erinnere die Kolleginnen und Kollegen daran, dass wir, bevor die Tschechische Republik der EU beigetreten ist, ein Gutachten darüber in Auftrag gegeben, ob die Beneš-Dekrete ein Hindernisgrund für den Beitritt sind. Und da waren wir mehrheitlich der Meinung: Nein.“

Unterstützung erfährt der tschechische Präsident hingegen von der rechts-nationalistischen Fraktion „Europa der Freiheit und der Demokratie“. Deren Vertreter, der britische Abgeordnete Nigel Farage:

„Alle Augen richten sich auf Präsident Klaus; wird er unterschreiben oder nicht. Ich weiß, dass Sie alle Klaus hassen, weil er an die nationale Demokratie glaubt. Dabei tut er nichts Anderes, als aufzustehen und die tschechischen nationalen Interessen zu verteidigen. Er befürchtet Forderungen der Sudetendeutschen. Und nachdem ich deutsche Politiker über die Beneš-Dekrete sprechen gehört habe, denke ich, dass er absolut recht hat. Bleiben Sie standhaft, Herr Präsident Klaus! Wenn Sie nicht das bekommen, was Sie fordern, dann unterschreiben Sie nicht!“

Ähnlich argumentierte auch der ungarische Rechtsaußen-Abgeordnete Csanád Szegeti, der hinzufügte, man wolle ein Europa „ohne Beneš-Dekrete und ohne Lissabon-Vertrag.“ Der tschechische Sozialdemokrat Libor Rouček konterte wenig später:

„Präsident Klaus ist seit langem als Gegner des Sozialkapitels in der Grundrechte-Charta bekannt. Nun versucht er unter dem Vorwand einer ‚sudetendeutschen Bedrohung’ unter großem Zeitdruck ein Opt-Out für Tschechien herauszuschlagen. Die Europäische Union sollte auf diese unredliche Forderung nicht eingehen. Die Mehrheit der Tschechen ist für die Grundrechte-Charta. Es ist bedauerlich und traurig, dass der tschechische Präsident 65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nun die Sudetendeutschen in dieses Spiel hineinzuziehen versucht.“

Ende kommender Woche wird sich die EU bei ihrem Herbstgipfel mit Klaus´ Forderungen zum Lissabon-Vertrag beschäftigen.