Verfassungsgericht kippt Wahltermin, Kollers endgültiges Aus in der Nationalmannschaft und Prügelei um Wilson-Statue
Die ganze Woche war bestimmt von der erwarteten Entscheidung des Verfassungsgerichts am Donnerstag, die Aufschluss darüber bringen sollte, ob die Parlamentswahlen in Tschechien wie geplant am 9. und 10. Oktober stattfinden werden oder nicht. Seit Donnerstag ist nun klar: Die Tschechen werden sich mit dem Urnengang noch etwas gedulden müssen. Die Verfassungsrichter haben das Gesetz, das zu den Wahlen geführt hätte, gekippt.
KM: Zunächst einmal konstatieren die Kommentatoren, dass es das erste Mal in der Geschichte der Tschechischen Republik ist, dass das Verfassungsgericht ein so genanntes Verfassungsgesetz für ungültig erklärt. Der Druck, der auf den Verfassungsrichtern lastete, seitdem sie die gesetzliche Grundlage für die vorgezogenen Neuwahlen auch nur in Frage gestellt hatten, war immens, unterstreicht Jiří Leschtina von der Tageszeitung Hospodářské Noviny:
„Indem das Verfassungsgericht das Gesetz über die Neuwahlen trotz dieses Drucks aufgehoben hat, hat es gezeigt, dass es nicht bereit ist Abstriche bei der Verteidigung der Verfassung zu machen. Das ist eine wichtige Botschaft. Vor allem in einer Zeit, da die Politiker einige seiner Entscheidungen ignorieren. Die wichtigste Lehre aus dieser Entscheidung können jedoch die Wähler ziehen. Sie können beobachten, wie sich die Politiker verhalten, wenn sie von der größten Autorität im Land mit dem Stock über die Finger bekommen“, findet Leschtina.
Ondřej Kundra von der Wochenzeitung Respekt zufolge hat die Verhandlung ein langfristiges Problem der tschechischen Politik aufgezeigt:
„Politik wird hier gemacht, ohne dass sich die Politiker groß mit den Konsequenzen jedes einzelnen ihrer Schritte auseinandersetzen.“
Die Politiker, haben „nur“ mal eben die Regierung gestürzt und sich dann beeilt, Neuwahlen zu initiieren, um so schnell wie möglich an die Macht zu gelangen. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts ist außerordentlich wichtig, schreibt der Autor weiter, denn „sie zeigt, dass es hier eine funktionierende Institution gibt, die nicht davor zurückschreckt ein Gegengewicht zur Macht der Politiker zu sein und nötigenfalls zu Gunsten der Rechtstaatlichkeit einzugreifen.“
Eher nüchtern ist der Kommentar von Martin Komárek in der Mladá Fronta Dnes ausgefallen. Seine Schlussfolgerung:
„Die Entscheidung des Verfassungsgerichts ist weder ein Segen noch eine Katastrophe. Das gilt für die Politiker genauso wie für die Bürger. Die Tatsache, dass die Richter auf der Verfassung bestehen, wenngleich die Auslegung in manchen Augen etwas konservativ ist, ist auf jeden Fall eher ein Grund zur Freude denn zur Sorge.“Moderator: Du hast es schon erwähnt, Katrin, eine schlechte Nachricht für viele Fußballfans gab es diese Woche. Jan Koller, der erfolgreichste Torschütze in der tschechischen Nationalmannschaft, hat das Handtuch geschmissen. Diesmal endgültig, wie er behauptet.
KM: Ja, in der Presse sind nach dem Qualifikationsspiel der tschechischen Nationalelf gegen die slowakische Nationalmannschaft, das unentschieden endete, jede Menge Spekulationen aufgetaucht. Koller sei beleidigt gewesen, weil er während der zweiten Halbzeit ausgewechselt wurde, hieß es da beispielsweise. Jan Koller selbst hat aber seinen endgültigen Abschied von der Nationalmannschaft damit begründet, dass er offenbar mit seinen 36 Jahren das Feld für den Nachwuchs räumen sollte. Luděk Mádl vom Wirtschaftsblatt Hospodářské Noviny erinnert in seinem Kommentar an die Traumkarriere, die hinter dem etwas ungelenk wirkenden Kopfballvirtuosen liegt. 178 Tore in der ersten Liga in 7 Clubs hat er auf seinem Spielerkonto zu verzeichnen. „Das ist großartig“, findet der Autor und fügt hinzu:„Obgleich der Epilog in Bratislava einen etwas unschönen Nachgeschmack hinterlässt, kann er der märchenhaften Erfolgsgeschichte Jan Kollers, nichts anhaben.“
M: Weniger märchenhaft ist die Geschichte, die du im Zusammenhang mit der Statue des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson erwähnt hast. Die soll ja künftig vor dem Prager „hlavní nádraží “ (zu Deutsch Hauptbahnhof), auch Wilson-Bahnhof genannt, an den Politiker erinnern. Was genau ist da vorgefallen?
KM: Als diese Woche bei einem Ortstermin der beauftragte Bildhauer Michal Blažek gemeinsam mit Vertretern der Stadt über die Höhe des Sockels beraten sollte, hagelte es statt verbaler Schlagfertigkeit Fausthiebe. Erst schlug Blažek seinen Kontrahenten Hejtmánek nieder, dann erwischte er noch zwei weitere Anwesende, die eingreifen wollten. Der Grund für die Auseinandersetzung war angeblich ein Streit bezüglich des Auswahlverfahrens, aus dem Blažek als Sieger hervorgegangen war. Das alles vor laufenden Kameras und in Anwesenheit von Vertretern der Organisation American Friends of the Czech Republic, die den Wettbewerb ausgeschrieben hatte.„Die waren“, so Jiří Franěk von der Zeitung Právo„am meisten überrascht, denn ihnen war im Vorfeld erklärt worden, dass die Statue ein Symbol für die Demokratie sein sollte. Die Amis wissen aber nicht, wie lustig es bei uns in Sachen Demokratie zugeht“.
Bohumil Doležal von der Tageszeitung Lidové Noviny wiederum schreibt:
„Es bleibt nur zu hoffen, dass die Leistung des Herrn Blažek nicht nur von der Öffentlichkeit gebührend gewürdigt wird, sondern auch von den zuständigen Organen.“Der Autor schlägt außerdem vor, statt der Wilson-Statue ein Kunstwerk aufzustellen, das sich an einer Fotografie der Mladá Fronta Dnes orientiert. Darauf zu sehen ist der Künstler Blažek:
„Herr Blažek wirkt auf ihr, als sei er einem britischen Kinoschlager über die Geschichte Robin Hoods entsprungen. Sein unterlegener Gegner fällt gerade zu Boden. Auf einen Sockel könnte man da verzichten. Und die American Friends könnten die Statue finanzieren.“