Ausbau des Kernkraftwerkes Temelín rückt näher - Proteste in Österreich
Es ist eines der Aufreger-Themen und das seit Jahren: das südböhmische Kernkraftwerk Temelín. Heftige Kritik an seinem Bau kam aus dem benachbarten Österreich. Nun plant Tschechien den Ausbau des Atomkraftwerks. Und prompt kommen erneut starke Worte von jenseits der Grenze.
Zwar ist die endgültige politische Entscheidung bisher noch nicht gefallen, doch schon seit einigen Monaten deutet vieles darauf hin, dass Tschechien auch in Zukunft voll auf Strom aus Kernkraft setzen wird: Der halbstaatliche Energiekonzern ČEZ jedenfalls hat am Montag eine Ausschreibung für den Bau zweier weiterer Reaktorblöcke in Temelín veröffentlicht, wie ČEZ-Sprecherin Eva Nováková erläutert:
„Diese Ausschreibung ist ein weiterer Schritt zur Vorbereitung des Ausbaus des Kernkraftwerks Temelín. Bereits im Juli haben wir beim Umweltministerium die Einleitung eines Umweltverträglichkeits-Verfahrens beantragt.“
Und genau gegen dieses Verfahren richtet sich die Kritik aus Österreich. Obwohl Tschechien angekündigt hat, die Nachbarländer Deutschland und Österreich an diesem Verfahren zu beteiligen, hat Werner Neubauer, Nationalratsabgeordneter der rechtsnationalen FPÖ, eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingebracht:„Man müsste hier eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach EU-Recht vornehmen. Derzeit wird aber lediglich eine Prüfung nach nationalstaatlichen Kriterien durchgeführt. Dabei werden die Rechte der Verfahrensteilnehmer massiv beschränkt.“
Eine „reine Farce“ sei das von Tschechien geplante Verfahren, sagte der freiheitliche Abgeordnete im Gespräch mit Radio Prag. Der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober von den Grünen sieht ebenfalls einen Verstoß gegen geltendes EU-Recht:
„Wir wissen, dass wir ganz gute Karten haben in einer Auseinandersetzung um den Ausbau von Temelín. Vor kurzem hat uns die EU-Kommission bestätigt, dass es massive Kritik am tschechischen UVP-Verfahren gibt, weil es nicht den europäischen Standards entspricht. Deswegen läuft auch bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Tschechien.“
Das Land Oberösterreich werde auf jeden Fall „heftigen politischen und rechtlichen Widerstand" gegen den Ausbau des Kernkraftwerkes und gegen das in Südböhmen geplante Atommüll-Endlager leisten, so Landesrat Anschober gegenüber Radio Prag.In Tschechien hingegen ist man sich keiner Schuld bewusst: Man erfülle alle Auflagen und habe den Nachbarländern Deutschland und Österreich eine umfassende Verfahrensbeteiligung angeboten:
„Wir betrachten die Klage von Herrn Neubauer nicht als Bedrohung für den Ausbau des Kernkraftwerkes Temelín. Und über die Errichtung eines Atommüll-Endlagers ist überhaupt noch nicht entschieden worden. In diesem Punkt ist die Klage des Abgeordneten Neubauer also ohnehin irrelevant“, gab das tschechische Wirtschaftsministerium bereits vergangene Woche via Pressemitteilung bekannt.
Einen ausführlichen Bericht zu diesem Thema planen wir für unsere Sendereihe „Schauplatz“ am kommenden Montag (10.8.)