„Es spricht London“ – vorletzte Sendung der Exilregierung über BBC

V.l.n.r.: Edvard Beneš und Petr Zenkl (Foto: ČTK)

Ab 1939 wandte sich die tschechoslowakische Exilregierung regelmäßig über Radio an die Menschen in ihrer Heimat. Die Sendung hieß „Hlas svobodné republiky“ – also „Stimme der freien Republik“, sie wurde von der BBC aus London in Tschechisch und Slowakisch übertragen. Als Präsident Edvard Beneš Mitte Mai 1945 nach Prag zurückkehrt, wird der Regierungsfunk eingestellt. Im Archiv des Tschechischen Rundfunks befindet sich eine Aufzeichnung der vorletzten Sendung.

V.l.n.r.: Edvard Beneš und Petr Zenkl  (Foto: ČTK)
„Die Stimme der freien Republik – es spricht zu Ihnen London“. So startete auch am 10. Mai 1945 die Sendung der tschechoslowakischen Exilregierung. Ein bisschen Verwirrung stiften die folgenden Worte. Denn da wird angekündigt, dass Edvard Beneš noch am selben Tag nach Prag zurückkehrt. Die Rückkehr des Staatspräsidenten fällt aber erst auf den 16. Mai. Welche Daten auch immer hier verdreht wurden, der Sprecher feierte jedenfalls diesen Moment:

„Wir schließen uns den Stimmen des Volkes an, die rufen: `Ruhm unserem Präsidenten´, `Die tschechoslowakische Regierung möge leben´, ´Es lebe das kämpfende und siegreiche tschechoslowakische Volk´.“

Im Folgenden wurde die Grußbotschaft verlesen, die der englische König George VI. anlässlich des Kriegsendes an Beneš geschickt hatte.

„Mit tiefer Anteilnahme haben wir das lange Leiden der Tschechoslowakei verfolgt. Wir waren glücklich, dass wir Ihnen und der tschechoslowakischen Regierung Asyl gewähren konnten, von dem aus Sie im ungebrochenen Glauben an den endgültigen Sieg der Gerechtigkeit das Volk Ihres Landes aufgemuntert haben und ihm geholfen haben in seinem schweren Kampf.“

Frühere tschechoslowakische Regierungsmitglieder waren bereits seit dem Münchner Abkommen, das Ende September 1938 die Abtretung der Sudetengebiete erzwang, ins Exil gegangen. Die größte Welle folgte nach der Besetzung der restlichen Tschechoslowakei durch Hitler. Am 21.Juli 1941 wurde die Exilregierung offiziell anerkannt und war bis zum 2. April 1945 in London ansässig.

Erst nach der Befreiung aus dem Konzentrationslager Buchenwald ins Londoner Exil gekommen, war der ehemalige Oberbürgermeister Prags, Petr Zenkl. Der Parteigänger von Edvard Benešs „Nationalen Sozialisten“ war sofort bei Beginn des Zweiten Weltkriegs von der Gestapo verhaftet worden. Am 10. Mai 1945 konnte er sich erstmals nach sechseinhalb Jahren wieder an seine Mitbürger wenden.

Fast sieben Jahre lang sei das tschechoslowakische Volk erniedrigt und verfolgt worden. Die Qualen hätten aber den Freiheitswillen eher verstärkt, so Zenkl. Doch der Prager Oberbürgermeister warnte davor, den Sieg über Nazi-Deutschland nur als Anlass zum Feiern zu sehen:

„Der fürchterliche Krieg ist aber noch nicht zu Ende. Zu Ende gegangen ist bisher nur seine blutige Phase. Nach den Aufräumarbeiten wartet der zweite Teil auf uns. Mit gewaltiger Anstrengung müssen wir uns ehrlich mit den Problemen im Land auseinandersetzen, vor allem den sozialen Problemen.“

Zenkl selbst im Übrigen musste hart darum kämpfen, wieder Prager Oberbürgermeister zu werden. Erst im August 1945 konnte er seinen kommunistischen Konkurrenten Václav Vacek verdrängen. Zenkl war einer der letzten hochrangigen Redner in der Sendung der tschechoslowakischen Exilregierung. Denn bereits am nächsten Tag sollte diese zum letzten Mal erklingen, wie angekündigt wurde:

„Teure Hörer, morgen, am Freitag, hören Sie die letzte Sendung der Stimme der freien Republik aus London.“

Autor: Till Janzer
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