Lissabonner Vertrag nimmt wichtige Hürde in Tschechien: Ratifizierung im Senat

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Europa kann erleichtert aufatmen: Der Vertrag von Lissabon hat in Tschechien eine schwer Hürde genommen. Der Senat, also die Obere Kammer des tschechischen Parlaments, hat am Mittwochnachmittag mit der erforderlichen Mehrheit dem europäischen Grundlagenpapier zugestimmt. Im Februar hatte bereits das Abgeordnetenhaus als untere Kammer „Ja“ gesagt. Tschechien war der letzte der 27 EU-Staaten, dessen Parlament den Lissabonner Vertrag noch nicht ratifiziert hatte - abgesehen von Irland natürlich, wo diesen Herbst ein neuerliches Referendum stattfinden soll. Daniel Kortschak sprach mit Till Janzer, der die Abstimmung im Senat verfolgt hat.

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Till, wie knapp war die Abstimmung über den Lissabon-Vertrag im tschechischen Senat?

„Sie war nicht sehr knapp, sondern deutlicher als erwartet. Für die Ratifizierung war eine 3/5-Mehrheit der anwesenden Senatoren nötig. Letztlich erhielt der Vertrag fünf Stimmen mehr als nötig, nämlich insgesamt 54 – bei 20 Gegenstimmen. Frei geworden war der Weg für die Ratifizierung im Senat bereits am Mittwochmorgen. Die Senatoren beschlossen das so genannte ´Gebundene Mandat´, eine Art Garantie, dass die Regierung künftig nur dann Kompetenzen auf die Ebene der Europäischen Union übertragen kann, wenn beide Parlamentskammern zustimmen. Damit wurde eine Bedingung von Senatoren der regierenden ODS – also der Bürgerdemokraten – erfüllt, die den Lissabonner Vertrag sonst nicht unterstützt hätten.“

Der legislative Prozess ist noch nicht endgültig abgeschlossen. Staatspräsident Václav Klaus muss den Vertrag noch unterschreiben. Wie ist seine Haltung?

Václav Klaus und José Manuel Barroso  (Foto: ČTK)
„Kurz nach der Abstimmung gab es noch keine Aussage von Klaus, ob er den Vertrag unterschreibt. Im Vorfeld hatte Klaus jedoch angekündigt, dass er mit seiner Unterschrift aber so lange warten will, bis auch Irland in einem neuen Referendum dem Lissabon-Vertrag zugestimmt hat. Ein erneutes Referendum in Irland wird allerdings nicht vor dem Herbst erwartet.“

Klaus gilt als entschiedener Gegner des Lissabon-Vertrags. Droht denn die Gefahr, dass er einfach nicht unterschreibt?

„Dies ist schwer zu sagen. Der Verfassung nach könnte er sich einfach stur stellen und den Vertrag liegen lassen. Es gibt dafür sogar einen Präzedenzfall. Klaus weigert sich bereits seit einigen Monaten den internationalen Strafgerichtshof zu ratifizieren, das Parlament hatte dem bereits im Herbst vergangenen Jahres zugestimmt. Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Gegner des Vertrags im Senat eine erneute Verfassungsbeschwerde einreichen. Es könnte theoretisch noch einige Zeit dauern, bis der Ratifikationsprozess abgeschlossen ist.“