April 1969: Husák spricht erstmals als tschechoslowakischer KP-Chef
Vor 40 Jahren musste der frühere Reformpolitiker Alexander Dubček die Spitze der kommunistischen Partei in der Tschechoslowakei verlassen. Sein slowakischer Landsmann Gustáv Husák wurde nun zum Ersten Sekretär gewählt. Husák blieb bis zur Wende im Jahr 1989 an der Spitze der KPTsch. Er gilt als Symbol der so genannten Normalisierung. Im Archiv des Tschechischen Rundfunks befindet sich die Radio-Ansprache von Gustáv Husák, die dieser direkt nach seiner Wahl an die Parteispitze am 17. April 1969 hielt.
„Es ist in dieser Zeit unausweichlich, dass wieder mehr Disziplin einkehrt in die Partei und in die Gesellschaft. Sie wissen sicher, dass der ganze Staatsapparat etwas durcheinander geraten ist – in der Partei, um die Partei und anderswo. Einige Leute haben die Freiheit als grenzenlos interpretiert und haben anarchistische Tendenzen gezeigt. Doch in jedem geordnetem Staat muss es gewisse Spielregeln geben und müssen die Gesetze befolgt werden.“
Husák spielt hier auf Vorkommnisse aus dem März 1969 an. Bei der Eishockey-WM siegt das tschechoslowakische Nationalteam zweimal hintereinander gegen die russische Sbornaja. 150.000 Menschen verleihen auf dem Prager Wenzelsplatz spontan ihrer Freude Ausdruck. Schon das kommt beim Großen Bruder in Moskau nicht gut an. Doch dann lässt der tschechoslowakische Geheimdienst StB mit Pflastersteinen das Büro der russischen Fluggesellschaft Aeroflot demolieren. Breschnew ist aufgebracht.Es ist eine gezielte Provokation, die die Reformer in der KPTsch diskreditierten soll. Deswegen die Absetzung Dubčeks. Doch dass die Ikone des Prager Frühlings gehen muss, macht viele Tschechen und Slowaken misstrauisch gegenüber der Parteiführung. Husák versucht zu beruhigen:
„Einige Menschen haben die Befürchtung, dass das Handeln des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei oder die Wahl einer neuen Führung eine Umkehr in der Politik bedeuten könnte. Auch wenn die westliche Propaganda dies einflüstert, werden wir nicht zu alten Zeiten zurückkehren. Manche Leute sprechen ja sogar von den 50er Jahren.“
50er Jahre, das war die Zeit des Stalinismus in der Tschechoslowakei. Husák selbst saß damals aus politischen Gründen hinter Gittern. Dennoch ist seine Beschwichtigung falsch. Mit seiner Wahl an die Spitze starten wie zu Zeiten des Stalinismus Säuberungen in der Partei, und Hunderttausende Tschechen und Slowaken verlieren ihre bürgerlichen Existenzen. Mindestens ebenso irreführend sind Husáks Aussagen über Wirtschaftsreformen.„Hauptsächlich werden sich die Partei- und Staatsorgane mit der Lösung der Wirtschaftsfragen beschäftigen – vor allem mit den Reformen und der Lösung der dringenden sozialen Probleme.“
Tatsächlich werden nun die Wirtschaftsreformen von 1968 zurückgenommen. Diese Umkehr und die erneuten Repressionen versuchen Husák und Co. den Menschen jedoch schmackhaft zu machen, indem sie das Konsumangebot ausdehnen: Brot und Spiele also. Dies ist das Wesen der so genannten Normalisierung, und zum Symbol der Normalisierung wird Gustáv Husák selbst.