Regierung verhindert Abstimmung über Radarverträge – Sozialdemokraten kündigen Misstrauensvotum an

Die Verträge über das amerikanische Raketenabwehrradar standen schon auf der Tagesordnung des Abgeordnetenhauses. Am Mittwoch wollte die Opposition aus Sozialdemokraten und Kommunisten die Verträge zwischen Prag und Washington vom Tisch fegen. Dazu kommt es nun vorerst nicht. Nach einer außerordentlichen Kabinettssitzung entschied sich die Regierung zu dem unüblichen Schritt, den Verhandlungspunkt von der Liste zu streichen.

Mirek Topolánek  (Foto: ČTK)
Die Opposition aus Sozialdemokraten und Kommunisten hatte am Dienstag die Chance auf einen politischen Trumpf gewittert. Die Ablehnung des in Mittelböhmen geplanten US-Radars schien in greifbare Nähe gerückt. Drei Minister sind auf Auslandsreise und zwei Koalitionsabgeordnete erkrankt. Das übliche Gentleman’s-Agreement - abwesende Koalitionsabgeordnete werden durch das Fernbleiben von Oppositionsabgeordneten ausgeglichen – kam für die Sozialdemokraten diesmal nicht in Frage. Die Regierung stellt im Abgeordnetenhaus ohnehin nur noch 96 der 200 Abgeordneten, einen weniger als die Opposition. Denn einige Abgeordnete schweben seit Monaten im fraktionslosen Raum. Ein großer Unsicherheitsfaktor, was die Radar-Frage betrifft. Kurz: Es drohte die Ablehnung der Verträge zwischen Prag und Washington. Und damit des Projektes, das besonders den regierenden Bürgerdemokraten von Premier Topolánek am Herzen liegt. Also zog die Regierung die Notbremse und nahm das Radar wieder von der Tagesordnung. Topolánek verteidigt die ungewöhnliche Maßnahme:

„Das war keine einfache Entscheidung. Aber was wir getan haben, ist vom Gesetz gedeckt. Es erlaubt uns auch die Verträge wieder einzubringen. Und zwar dann, wenn erstens klarer ist, wie die neue US-Regierung und die Nato zum Radar stehen, und zweitens die Atmosphäre im Abgeordnetenhaus weniger aufgeregt und destruktiv ist.“

Jiří Paroubek und Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
Der sozialdemokratische Oppositionsführer Jiří Paroubek sah das natürlich anders. Er schärft kurz vor dem Wahlkongress seiner Partei noch einmal sein Profil.

„Wenn die Regierung sich nicht so feige verhalten würde, wären diese Verträge morgen vom Tisch gefegt. Die Regierung kann diese Verzögerungstaktik nicht endlos durchhalten. Falls die Regierung das kommende Misstrauensvotum überlebt – was wir nicht glauben – dann sollte sie sich ernsthaft mit dem künftigen Stil ihrer Arbeit befassen.“

Und damit sprach Paroubek schon aus, was seine Partei für den kommenden Dienstag angekündigt hat: das fünfte Misstrauensvotum gegen Topoláneks Regierung in dieser Legislaturperiode. Der Grund diesmal: Die Affäre um den früheren sozialdemokratischen und nun parteilosen Abgeordneten Petr Wolf. Gegen Wolf, der die Regierung seit vergangenem Juli oft bei Abstimmungen unterstützt, laufen polizeiliche Ermittlungen. Eine Fernsehreportage zur „Affäre Wolf“ versuchte Topolánek offenbar mittels eines engen Lobbyisten-Freundes zu verhindern. Der Vorwurf lautet: Beeinflussung der Medien.

Die Regierung wird also auch in der kommenden Woche kräftigen Gegenwind zu spüren bekommen.