Deutsch-Tschechisches Zusammenleben im Jahr 1936

Wenzel Jaksch

Wie war eigentlich das Zusammenleben zwischen Tschechen und Deutschen in der Ersten Tschechoslowakischen Republik? Wir haben dazu in unserem Tonarchiv interessantes Material gefunden. Wenzel Jaksch, der damalige Abgeordnete zum tschechoslowakischen Parlament und spätere Vorsitzende der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpratei (DSAP) in Tschechien diskutierte am 29. Mai 1936 mit seinen tschechischen Abgeordneten-Kollegen Jan Kapras und Jan Blahoslav Kozák über das Zusammenleben im gemeinsamen Staat.

Wenzel Jaksch
Er sei sehr froh, mit zwei Repräsentanten des öffentlichen Lebens der Tschechoslowakei diskutieren zu können und eine offene Aussprache zu führen. Was man sehr schmerzlich empfinde, sei „die Wahrnehmung, dass Tschechen und Deutsche in diesem Lande vielfach aneinander vorbei reden. Dass sie viel zu sehr Monologe führen und zu wenige Gelegenheiten suchen, ihre Meinungen auszutauschen.“

In der letzten Zeit habe sich dies aber gebessert, wirft einer der beiden tschechischen Abgeordneten ein: „Das gebe ich zu, in der letzten Zeit hat sich das bedeutend gebessert“, erwiderte Jaksch.

Was kann man nun aber konkret verbessern im gemeinsamen Leben des Staates? Er könne sich vorstellen, „dass die Deutschen vom demokratischen Standpunkt aus das Verlangen stellen, dass sie nach dem Verhältnis ihrer Zahl, ihrer Leistung für den Staat auch am öffentlichen Leben Teil haben.“

Aber sei nicht die Sprache der Kern des Problems? Viele Deutsche könnten kein Wort Tschechisch, und auch ihre Bereitschaft, die Sprache zu erlernen, sei enden wollend, werfen die beiden tschechischen Abgeordneten Wenzel Jaksch vor. Sie könnten dies ja durchaus verstehen, sei doch Tschechisch eine schwere Sprache. Doch dem Zusammenleben sei es nicht eben zuträglich.

Er sei sehr dankbar dafür, dass seine Kollegen zugäben, dass die tschechische Sprache schwer zu erlernen sei, erwiderte Wenzel Jaksch:

„Ich muss feststellen, dass sich die Verhältnisse nach dem Kriege bedeutend geändert haben. Der Wille zum Tschechisch-Lernen ist absolut stark entwickelt. Allerdings will ich hier ganz offen sagen, von so Älteren, Staatsangestellten, kleinen Briefträgern, Oberbauarbeitern, soll man nicht irgendwelche großartigen grammatikalischen oder literarischen Kenntnisse verlangen.“

Die Sprache diene doch vorwiegend als Mittel zur Verständigung. Da komme es auf die korrekte Verwendung nicht unbedingt an, meint Wenzel Jaksch.