4000 Glasmacher ohne Lohn und Brot – Gewerkschafter kritisieren Insolvenzgesetz und Haltung des Staates
Die tschechische Glasindustrie steht vor dem Aus. So sehen es jedenfalls die Gewerkschafter der Branche, die die gegenwärtige Situation als einen „gesteuerten Prozess zur Liquidierung des tschechischen Verbrauchsglases“ bezeichnen. Sie kritisierten vor allem die Haltung des Staates in der für sie schwierigen Situation. Finanzminister Miroslav Kalousek hat nun am Dienstag die Bereitschaft signalisiert, den Glasarbeitern zu helfen.
„Die Situation ist sehr trostlos, denn in den Glashütten in Světlá nad Sázavou, in Poděbrady und in Nový Bor wurde die Produktion vollkommen eingestellt. Zum Unternehmen Crystalex in Nový Bor gehören zudem noch die Werke in Hostomice, Karolinka und in Vrbno pod Pradědem. Nach unseren Kalkulationen sind in diesen Glashütten derzeit 4000 Leute arbeitslos geworden.“
Die Gewerkschafter kritisieren insbesondere eine Novelle des Insolvenzgesetzes vom Jahr 2006, laut der das gesamte Eigentum des Schuldners konfisziert wird. Dem früheren Wortlaut des Gesetzes zufolge konnten die Gläubiger nur 70 Prozent des Eigentums geltend machen, der Rest konnte für Lohnzahlungen und für die Aufrechterhaltung einer Teilproduktion genutzt werden. Das geht nun nicht mehr. Die Beschäftigten der genannten Glashütten haben daher bereits seit Dezember keinen Lohn mehr erhalten. Und andere müssten derzeit ohne Lohn weiterarbeiten, was die Gewerkschafter als „Verbrechen am Arbeitsrecht“ bezeichneten.Finanzminister Miroslav Kalousek will jetzt den Glasarbeitern, allerdings nur unter zwei Voraussetzungen: Zum einen müssen die Eigentümer der Glashütten einen sinnvollen Restrukturierungsplan vorlegen, und zum anderen müssen sie die Gewähr dafür leisten, dass sich die Firmen nicht weiter verschulden. Die Kritik der Gewerkschafter, dass sich der Staat als Miteigentümer der Glashütten nicht schon früher engagiert habe, aber wies er strikt zurück:
„Ich bin darüber informiert, dass es eine ganze Reihe von ernsthaften und seriösen Kaufinteressenten gibt. Mit ihnen kann jedoch nur der gegenwärtige Eigentümer der Glashütten verhandeln. Der Staat ist in dieser Sache außen vor, denn er ist weder Eigentümer der Firmen noch kann er Eigentumsansprüche in ihnen geltend machen. Der Staat hat daher auch keine Vertreter in den leitenden Organen der Gesellschaften.“Gewerkschaftschef Kubinec hielt dem jedoch eine andere Kritik entgegen: „Ich wundere mich nur, dass keiner der staatlichen Repräsentanten prüfen ließ, ob man unseren Kollegen nicht mit Zuschüssen aus dem Globalisierungsfonds der Europäischen Union helfen könne. Das ist ein Fonds, der jährlich mit rund einer halben Milliarde Euro gefüllt ist und der unter anderem zur Sanierung von Firmen dient, die aufgrund der globalen Konkurrenzsituation in Schwierigkeiten geraten sind.“
Die nächsten Tage und Wochen werden zeigen, ob das vorher Versäumte noch halbwegs nachgeholt werden kann. Die arbeitslosen Glasarbeiter sind für jede Unterstützung dankbar.