Senats- und Regionalwahlen beginnen

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Am Freitag und Samstag finden in Tschechien gleich zwei Wahlen statt. Im ganzen Land sind die Bürger aufgerufen, die Regionalvertretungen neu zu wählen. Und in einem Drittel der Wahlkreise werden auch die Senatoren neu gewählt. Patrick Gschwend im Gespräch mit Daniel Kortschak über die Einzelheiten der Urnengänge.

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Daniel, wer beziehungsweise was wird gewählt?

„Einerseits wird in 13 Landkreisen die Regionalvertretung gewählt. Eine Ausnahme ist nur die Hauptstadt Prag, die zwar als 14. Landkreis gesehen wird, im Bezug auf das Wahlrecht aber als Stadt gilt. Daher wird das dortige Stadtparlament erst im Jahr 2010 bei den Kommunalwahlen neu bestimmt. Außerdem wird in 27 von 81 Wahlkreisen ein neuer Senator gewählt, also ein Mandatar im Oberhaus des Parlaments.

Die Regionalwahlen laufen nach dem Verhältniswahlrecht ab. Neben einer politischen Partei kann der Wähler auch bis zu vier Vorzugsstimmen vergeben und damit einzelne Kandidaten auf den Listen nach vorne reihen.

Die Senatoren werden nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt. Das heißt, pro Wahlkreis wird ein Kandidat gewählt. Erreicht im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit, gibt es eine Woche später eine Stichwahl. Das ist also das britische beziehungsweise das französische Wahlsystem. Und aus Frankreich hat man sich auch die so genannte Drittel-Erneuerung des Oberhauses des Parlaments 'abgeschaut', die dort bis Ende letzten Jahres gegolten hat. Die Amtsperiode der 81 tschechischen Senatoren dauert sechs Jahre, alle drei Jahre wird ein Drittel der Sitze neu besetzt. Darum wird nun in 27 Wahlkreisen gewählt.“

Wie laufen die Wahlen genau ab?

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Nun, die Wahllokale sind am Freitag von 14 bis 22 Uhr geöffnet, am Samstag von 8 bis 14 Uhr. Diese Zeiten mögen ungewöhnlich erscheinen vor allem für unsere Hörer in Deutschland und Österreich, die es gewohnt sind am Sonntag zu wählen. Das hat aber einen ganz praktischen Grund, warum in Tschechien am Freitagnachmittag und am Samstagvormittag gewählt wird: Viele Großstadt-Bewohner haben ein Häuschen auf dem Land – eine „chata“ oder „chalupa“. Spätestens Samstag früh setzt die große „Stadtflucht“ ein, das kann man auch jede Woche auf den Fernstraßen und den Bahnhöfen beobachten. So ungewöhnlich ist das auch gar nicht, denn in Italien zum Beispiel wird traditionell am Sonntagabend und am Montag gewählt. An heißen Sommerwochenenden ist einfach der Strand verlockender als das Wahllokal.

Wie ist die Ausgangslage? Sind durch die Wahlen große politische Veränderungen zu erwarten?

„Nun, zurzeit stellt die bürgerdemokratische ODS in 12 der 13 Kreise den „hejtman“ – den Kreishauptmann. Nur in Brünn amtiert als Hauptmann von Südmähren ein Christdemokrat. Die ODS versucht natürlich ihre Vormachtstellung in den Kreisen zu halten und die Sozialdemokraten als größte Oppositionspartei setzen alles daran, möglichst viele Hauptmann-Sessel für sich zu erobern. Wie immer es ausfällt, das Ergebnis wird mit Sicherheit auch Einfluss auf die bürgerlich-liberale Regierungskoalition haben. Die Sozialdemokraten haben gleich einmal vorsorglich für nächsten Mittwoch ein Misstrauensvotum gegen das Kabinett Topolánek beantragt. Auch die Mehrheit der Senatoren ist der ODS zuzurechnen. Hier geht es durch das Mehrheitswahlrecht aber viel stärker um die einzelnen Personen und nicht unbedingt nur um Parteien. Und es wird ja, wie gesagt, auch nur ein Drittel der Mandate neu vergeben. Ein relativierender Faktor ist auch die traditionell geringe Wahlbeteiligung. Vor vier Jahren lag sie etwa nur bei 30 Prozent und viel höher wird sie sicher auch diesmal nicht ausfallen, eher im Gegenteil.

Meinungsumfragen können wir Ihnen übrigens keine präsentieren. Das ist nämlich nach tschechischem Recht in den letzten Tagen vor der Wahl verboten."