Tschechische Rüstungsbetriebe wollen Deutschland verklagen
Deutschland ist nicht nur Transitland für holländische Tomaten, sondern auch für tschechische Waffen. Dennoch: Die Tomaten scheinen den deutschen Behörden ein wenig lieber. Sie haben in der Vergangenheit mehrfach den Transit tschechischer Waffenprodukte untersagt und damit den Export verhindert. Die hiesigen Rüstungsbetriebe wollen deswegen vor europäischer Gerichtsbarkeit klagen.
Der jüngste Fall betrifft den Export eines Militärhubschraubers nach Nigeria. Die staatliche tschechische Rüstungsfirma LOM erhielt von den deutschen Behörden keine Transiterlaubnis für den Transport des Hubschraubers in den Hafen von Rotterdam. In der Begründung hieß es unter anderem: Der deutsche Export nach Nigeria unterliege Restriktionen. In dem afrikanischen Land schwelt ein bürgerkriegsähnlicher Konflikt und der Hubschrauber könnte darin zum Einsatz kommen. Immer wieder wird mit solchen oder ähnlichen Begründungen der Waffenexport aus Tschechien verkompliziert oder gar gestoppt. Jiří Hynek, der Präsident der Vereinigung tschechischer Rüstungsbetriebe, ist verärgert. Im Gespräch für Radio Prag kritisierte er das Vorgehen der deutschen Behörden:
„Für mich ist unverständlich, dass eine Transiterlaubnis abgelehnt werden kann mit der Begründung, der Export liege nicht im Interesse einer fremden, in diesem Fall der deutschen Regierung. Es geht doch nicht um den Handel der fremden Regierung sondern um den der Tschechischen Republik.“
Der große nordwestliche Nachbar Deutschland ist besonders wichtig. Viele tschechische Rüstungsexportgüter werden vom Hamburger Hafen aus verschifft. Das Problem besteht aber nicht nur in Deutschland. Transiterlaubnisse brauchen tschechische Firmen auch in Österreich und Polen. Hynek argumentiert rein wirtschaftlich:
„Allgemein sollte unsere Exportlizenz automatisch auch als Transitlizenz durch die Nachbarstaaten anerkannt werden. Da wir alle in der Europäischen Union sind, darf es eigentlich nicht möglich sein, den freien Güterverkehr einzuschränken.“
Die Vereinigung tschechischer Rüstungsbetriebe will nun vor ein europäisches Gericht ziehen. Durch das Vorgehen der Nachbarstaaten entstünden ihren Mitgliedern hohe wirtschaftliche Verluste.
„Wir haben alle tschechischen Rüstungsfirmen gebeten, uns ihre Verluste aufzulisten. Und wir haben eine Anwaltskanzlei beauftragt, die vor einem europäischen Schiedsgericht auf Schadensersatz klagen soll“, so Hynek.
Im Jahr 2006 hat Tschechien im Übrigen Militärgüter im Wert von insgesamt 93 Milliarden Euro exportiert, damit rangiert das kleine Land immerhin im Mittelfeld der europäischen Staaten.
Doch der Export und Transit sind nicht das einzige Problem. Immer wieder hagelt es Kritik von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International: Tschechische Waffenexporte gingen auch in Krisenregionen wie zum Beispiel Angola oder Guatemala. Doch Deutschland steht hier keinesfalls besser da. Auch an die Adresse der Bundesregierung in Berlin werden immer wieder ähnliche Vorwürfe gerichtet.