Schülerklubs aus Tschechien, Polen und Deutschland feierten Abschluss ihres gemeinsamen Projektes
In dem kleinen Dorf Řehlovice in Nordböhmen, nicht weit von Litoměřice, haben sich Ende August Schülerklubs aus Tschechien, Deutschland und Polen getroffen. Sie haben dort in Řehlovice auf dem Kulturbauernhof den Abschluss eines fünfjährigen Projektes gefeiert: klub-net. Unser ehemaliger Kollege Thomas Kirschner war vor Ort. Hören Sie einen Beitrag von ihm und Patrick Gschwend.
Aber von Anfang an: Was ist denn überhaupt ein Schülerklub? Finden tut man sie meist in ungenutzten Kellerräumen von Schulen, alten Klassenräumen oder leer stehenden Hausmeisterwohnungen. Schüler gestalten und verwalten sie selbst, oft mit großer Eigeninitiative. Wenn die Schüler bei ihren Vorhaben Unterstützung oder Beratung brauchen, können sie sich an einen Lehrer oder Schulsozialarbeiter wenden.
„Mal kurz vorbeischauen ... sehen, wer da ist ... am Computer Mails checken … für ein Kickerspiel dableiben ... einen Tischtennisschläger ausleihen ... eine Cola trinken ... und sich über den aktuellen Stand in der Projektarbeit informieren …“
Das alles geschieht in einem Schülerklub. So steht es auf der Internetseite von „klub-net“. Und was ist nun schon wieder klub-net? Auch dazu gibt die Internetseite www.klub-net.org Auskunft. „Das Programm unterstützt seit 2003 in jedem der drei Länder Schülerclubs bei der Arbeit in ihrer Schule vor Ort, aber auch über die Landesgrenzen hinweg und bringt sie miteinander in Kontakt. Mit Start des Schuljahres 2005/06 sind 20 Schülerclubs pro Land dabei, so dass insgesamt 60 Schülerclubs am Programm teilnehmen. Vier Stiftungen - die Robert Bosch Stiftung, die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, die Polnische Kinder- und Jugendstiftung und die Tschechische Stiftung zur Entwicklung der Bürgergesellschaft – sind an der Umsetzung des Programms beteiligt. Die finanzielle Unterstützung wird von der Robert-Bosch-Stiftung gewährleistet. Im trinationalen Netzwerk der klub-net-Schülerclubs beraten sich die deutschen, polnischen und tschechischen Clubs gegenseitig.“
Nach fünf Jahren ist das Programm klub-net nun ausgelaufen. Um Bilanz zu ziehen, und auch um sich einfach zu treffen und gemeinsam zu feiern, haben sich die Schülerklubs aus Deutschland, Tschechien und Polen nun in Řehlovice getroffen. In dem kleinen Dorf bei Litoměřice gibt es auf einem alten Bauernhof ein Kulturzentrum, das sich insbesondere um Kontakte zwischen jungen Leuten aus ganz Europa kümmert. Regelmäßig finden dort internationale Künstlersymposien statt – und Ende August eben auch das klub-net-Treffen. Die nur etwa 1200 Bewohner von Rehlovice nehmen großen Anteil am Kulturleben auf dem ehemaligen Bauernhof. So begann das Treffen der Schülerklubs, von denen etwa 60 bis 70 Teilnehmer vor Ort waren, auch mit einem Umzug durch das Dorf. Damit sollten die Einwohner lautstark auf die Feier aufmerksam gemacht und eingeladen werden.
Unser ehemaliger Kollege Thomas Kirschner ist in Rehlovice gewesen und hat dort mit Schülern, Betreuern und den Koordinatoren des klub-net Programms gesprochen. Wie war also die Stimmung? Kora Böhm aus Frankfurt am Main, hatte den Eindruck, dass sich die Jugendlichen alle sehr wohl fühlen.
Wie ist denn die Atmosphäre überhaupt hier?
„Sehr entspannt! Alle sind sehr selbstbewusst und offen und auch laut. Niemand sitzt schüchtern in der Ecke oder grenzt sich ab. Den großen Zusammenhalt in der Gruppe und die große Solidarität dem ganzen klub-net-Programm gegenüber konnte man ja schon auf dem Gang durch das Dorf spüren.“
Trotzdem gibt es auf internationalen Treffen – nicht nur von Jugendlichen – ja oft ein großes Problem, nämlich die Sprache. Das Wichtigste ist aber natürlich die Bereitschaft zur Kommunikation zwischen den verschiedenen Nationalitäten. Wenn es trotzdem mal nicht so recht klappen will mit der Verständigung, stehen Dolmetscher zur Verfügung. Seit dem Start des klub-net-Programms vor fünf Jahren ist Leszek Krull aus Polen als Dolmetscher dabei. Er hat den Eindruck, dass die Jugendlichen trotz der Sprachbarrieren über die Nationalitätengrenzen hinweg zusammengewachsen sind.
Hast du das Gefühl, dass die Schüler aus den drei Ländern wirklich zusammenkommen?
„Na klar! Manchmal werden wir Dolmetscher sozusagen absichtlich ausgeschaltet. Wir sind natürlich sofort da, wenn mal eine Vokabel fehlt, die unbedingt nötig ist, um Klarheit zu schaffen. Aber wir versuchen uns auch selbst so weit wie möglich herauszuhalten, damit die Jugendlichen gleich hier die Kommunikation lernen.“
Die Entwicklung in den letzten Jahren bewertet Leszek positiv. Die Atmosphäre in Rehlovice bestätigt ihm das.
„Man merkt, dass die Gruppen einander näher kommen. Man sieht vielleicht nicht die nationalen aber die sprachlichen Grenzen verschwinden. Jetzt am letzen Tag ist es nicht mehr so, wie noch am Anfang, dass in der einen Ecke nur die deutschsprachigen Teilnehmer, in der zweiten nur die tschechischsprachigen und in der dritten die polnischsprachigen sitzen. Denn die Teilnehmer kommunizieren nun, wie auch immer, miteinander. Sei es weil sie die jeweils andere Sprache lernen, oder aber auf Englisch oder Russisch.“
Den Eindruck hat auch Jens aus einem Schülerklub in Dresden, der sich noch gut an den ersten Kontakt mit tschechischen Jugendlichen erinnern kann.
„In Tschechien haben wir die polnischen und tschechischen Jugendlichen getroffen und sind mit ihnen dann nach Kreisau in Polen gefahren. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich zu den anderen Deutschen gesagt habe: ‚Oh mein Gott! Wir verstehen ja gar nichts!’ Die ganze Woche war dann aber wirklich schön.“
Jens hat auch erzählt, was sein Klub zum Beispiel für Projekte gemacht hat.
„In Kreisau haben wir unsere tschechischen Projektpartner kennen gelernt, die aus einem Schülerklub in Brno / Brünn kamen. Unserem gemeinsamen Projekt haben wir den Namen „Eye to the culture“, auf deutsch „Auge zur Kultur“, gegeben. Das Ziel des Projekts war es sich gegenseitig zu besuchen und sich gegenseitig die eigene Kultur vorzustellen. In Brno haben wir ein tolles Programm gehabt. Die Tschechen haben uns ihre Stadt gezeigt, wir waren in einem Kletterpark, wir waren in Höhlen, haben eine Bootstour gemacht und die Burg von Brno gesehen. Es war alles sehr spannend.“
Mit dem Besuch der Tschechen in Dresden hat es leider nicht geklappt. Jens weiß aber auch nicht wieso. Bohumil Rupec aus Usti nad Labem hat von Projekten erzählt, die er mit seinem Schülerklub organisiert hat.
„Unsere größten Erfolge waren zwei internationale Projekte. Das eine war die Verzierung unserer Mittelschule mit Graffitis, die wir mit einem Schülerklub aus Dresden durchgeführt haben. Das andere war die Simulation einer politischen Verhandlung mit einem Klub aus Polen. Das Thema war ‚Soll die Türkei der EU beitreten oder nicht’.“
Die Projekte, die die Jugendlichen meist in Eigeninitiative durchgeführt haben, waren also inhaltlich breit gestreut. Bleibt noch die Frage, was das Projekt den Jugendlichen aus den drei Ländern gebracht hat. Pamela Kain, Programmleiterin aus Deutschland fasst das folgendermaßen zusammen.
„Für mich war ein persönliches Highlight zu sehen, dass gerade von deutscher Seite sehr viele – in Anführungsstrichen- benachteiligte Schüler an diesem Programm teilgenommen haben und was für eine persönliche Entwicklung die gemacht haben. Ich glaube die Schüler bekommen durch solche internationale Programme einfach ein ganz anderes Selbstbewusstsein, auch der Selbstwert steigt und die Bereitschaft sich etwas zu trauen und eigene Grenzen zu überschreiten. Das heißt erstens, sich auf eine große Gruppe einzulassen, zweitens auf eine Fremdsprache und drittens auf ein fremdes Land, andere Essengewohnheiten und all die Ängste, die immer bei internationalen Jugendbegegnungen auftreten. Das alles stärkt das eigene Selbstbewusstsein. Darüber hinaus zeigt es auch, dass eventuell vorhandene Vorurteile grundlos sind. Man sieht, dass die Jugendlichen in den anderen Ländern genau dieselben Probleme und Schwierigkeiten haben. Man erkennt die Gemeinsamkeiten, und dass es sich lohnt darüber miteinander zu sprechen.“
Am Ende saßen alle gemeinsam am Lagerfeuer, haben miteinander gesprochen und gelacht, miteinander musiziert und gesungen. Die Kontakte sind nun also geknüpft, und es bleibt nun abzuwarten, ob sie auch außerhalb des Rahmens des klub-net-Programms weiterhin bestehen bleiben.