Jan Benda, Ex-Nationalspieler der Deutschen Hockey-Bundesliga, spielt in Tschechien

Jan Benda (Foto: ČTK)

Am Dienstag hat in Tschechien die 16. Punktspielsaison der O2-Extraliga begonnen. Auch in dieser Saison werden in der höchsten Eishockey-Spielklasse des Landes wieder 14 Mannschaften ihre Visitenkarte abgeben. Unter ihnen ist mit dem BK Mladá Boleslav ein absoluter Neuling, denn die Mittelböhmen waren zum letzten Mal in den 1930er Jahren mit einem Team im Oberhaus der damaligen Tschechoslowakei vertreten. Im Kader des Aufsteigers spielt auch ein Deutscher, und zwar keine Geringerer als der langjährige DEB-Nationalspieler Jan Benda. Der 36-jährige Allrounder gilt als Globetrotter, weil er in seiner Karriere außer in Tschechien und Deutschland auch schon in Kanada, den USA, Finnland und Russland gespielt hat. Deshalb hat Lothar Martin sein Gespräch, das er mit Benda kurz vor Saisonbeginn geführt hat, auch mit einer Frage zu seinem neuesten Engagement begonnen.

Jan Benda  (Foto: ČTK)
Nun ist es wieder eine Mannschaft mehr, die du auf deinem langen Zettel hast – was spricht für Mladá Boleslav, es ist ja ein Aufsteiger, ein absoluter Neuling, was hat die Mannschaft für Ambitionen?

Ganz klare Ambition ist es, nicht abzusteigen, das steht fest. Man muss sich dieses Ziel setzen, wenn man aufgestiegen ist, man muss jetzt am Anfang der Saison sehen, wie man sich verkauft. Es wird natürlich schwierig sein: Es gibt Mannschaften, die uns unterschätzen, und wieder andere, die uns gegenüber anhand unserer gezeigten Resultate stark auftreten werden. Aber ich glaube, dass wir nur überraschen können. Und wenn es da eine kleine Chance gäbe, um den zehnten Platz mitspielen zu können wäre das natürlich super. Aber wie gesagt: Uns ist es wichtig, nicht Letzter zu werden, das ist das Hauptziel.

Wie schätzt du es selber ein: Hat die Mannschaft das Zeug dazu, dass sie die Klasse halten kann, wird es eine schwere Saison?

Auf jeden Fall. Das hat man bei Ústí gesehen letztes Jahr: Die haben bei den Vorbereitungen gut gespielt, waren stark besetzt und haben trotzdem viele Fehler gemacht. Davon müssen wir lernen, und ich hoffe, dass wir diese Fehler nicht machen und eben nicht Letzter werden.

Wie ist das Umfeld hier in Mladá Boleslav? Ihr habt Škoda im Rücken, wird alles getan dafür, dass alle sich hier stabilisieren können?

Ja, das Umfeld hier ist auf hohem Niveau, da gibt es keine Unterschiede zu anderen Mannschaften in der Extraliga. Und ich hoffe natürlich, dass die Fans uns hier weiterhin gut vertreten, was unser Spiel angeht. Die sind natürlich leider an Siegesserien gewöhnt, wir haben ja die untere Liga dominiert. Also hoffe ich jetzt, dass wir ihnen auch in der Extraliga gute Spiele und gute Leistungen zeigen können.

Was denkst du, was aus dieser Saison werden wird, was rechnest du dir für die Liga aus? Es sind viele NHL-Spieler oder einige sehr gute zurückgekommen. Meinst du, dass das die Liga noch ein bisschen toppen wird? Wie lautet deine Diagnose: Wird mehr Show da sein, wird mehr Qualität in der Liga sein?

Ich glaube schon. Ich glaube, wenn Sparta Prag sich findet, werden sie die konkurrenzlose Nummer eins. Die sie sind so stark besetzt – wenn die eine gute Mannschaft bilden, sind sie problemlos oben. Im letzten Jahr war es bis auf Ústí ja sehr ausgeglichen. Ich vermute, dass es dieses Jahr anders sein wird: Vier Mannschaften werden sich nach oben absetzen und dann gibt es eine Lücke nach unten.

Kannst du diese vier Mannschaften benennen?

Jan Benda  (rechts) und Leo Gudas und Richard Král  (Foto: ČTK)
Ja sicher: Sparta Prag, Liberec, Pardubice. Mit Pardubice hat man bislang nicht gerechnet. Aber ich meine, so wie die letztens gegen uns gespielt haben und neulich in Brno aufgetreten sind, werden sie dieses Jahr wieder oben mitspielen.

Budějovice auch?

Ja, die auch, diese vier. Slavia Prag wird dieses Jahr eher nicht so stark sein.

Wie gefällt dir eigentlich die Liga so, von dem ganzen Know-How, von dem ganzen Drumherum, fühlst du dich wohl? Wenn du sie mit den ganzen Ligen vergleichen würdest, die du kennst, wie würdest du die tschechische Liga einstufen?

Es wurde viel darüber gesprochen, dass die tschechische Liga an Qualität verloren hat. Ich glaube, dass sie sich mit den zahlreichen Rückkehrern aus der NHL wieder erfrischen kann. Man hat jetzt wieder gute Spieler in der Liga, was auch das Interesse der Zuschauer anheben wird. Es ist auch wichtig für uns als Aufsteiger, dass wir nicht so einen Riesenunterschied zu den anderen Mannschaften machen und sich die Liga ausgleicht. Ich nehme an, dass Hockey sich insgesamt besser speziell für die Zuschauer und auch für die Medien verkaufen lässt, wenn Namen da sind.

Meinst du, da hat gerade die tschechische Liga noch ein bisschen Nachholbedarf?

Ja genau, richtig. Man hat gesehen wie in den letzten Jahren die U18 abgestiegen ist, jetzt auch noch die U20. Das heißt, dass ein Land wie Tschechien, das früher immer unter den Top sechs war, jetzt plötzlich an Potential verloren hat – auch im Nachwuchsbereich. Man sieht das deutlich im Vergleich zur Schweiz, die spielen jetzt ganz oben mit. In Tschechien muss da wieder mehr Arbeit geleistet und junge Talente viel stärker gefördert werden, damit das Potential des Nachwuchses und die Liga insgesamt wieder an ein hohes Niveau anknüpfen können. In den letzten zwei Jahren hat die Nationalmannschaft ja auch keine großen Erfolge gezeigt. Heute werden mit Rudlicka, Jager und Rudzinski Namen genannt, die aufgehört haben und plötzlich wieder im Gespräch sind – man wird sehen, was dabei herauskommt.

Jan Benda  (links) und Richard Král  (Foto: ČTK)
Du hast jetzt eine schöne Analyse über Qualität und Spielstärke geliefert. Ich wollte vielleicht noch eine Einschätzung von dir haben, wie dir die Liga gefällt, wenn du jetzt in ein anderes Stadion kommst. Sind die Hallen topp oder bist du Besseres gewöhnt – hat sich schon etwas getan weil ja neue Hallen dazu gekommen sind?

JB: Ja, neun neue Hallen sind dazu gekommen, es gibt eine neue schöne Halle in Liberec und eine ebenso schöne in Budějovice und in Pardubice. Man bemerkt das dementsprechend auch an der Zuschauerzahl: Pardubice ist immer super besetzt und auch hier in Brno hat man heute die super Stimmung und Atmosphäre gespürt, die sind immer ausverkauft. Auch wenn sie mal im Rückstand waren, haben die Fans hier die Spieler weiter angefeuert, das ist klasse so. Man kann das nicht mit Deutschland vergleichen, da ist die Fankultur wesentlich stärker besetzt – die kommen ja mit Verkleidung in die Halle und feuern mit allem Drum und Dran die Mannschaften an. Aber ich glaube, dass sich die Liga hier in Zukunft auch gut verkaufen kann, vor allem mit den modernen Hallen, die es selbstverständlich zu füllen gilt. Das hat man bei Slavia Prag gesehen, wo während der Saison nur 2000 bis 3000 Zuschauer in einer toppmodernen Halle waren. Das ist sehr schlecht.

Ja, da war dann erst im Playoff mehr los, oder?

Ja genau, erst im Playoff kamen dann die Zuschauer, das ist natürlich nicht so gut. Da muss man eine bessere PR und mehr Werbung machen, ich finde nämlich, dass die Liga gut ist.

Und wenn die Hallen voll sind, macht es auch mehr Spaß zu spielen?

Ja, auf jeden Fall. Das hat man in Litvinov gesehen. Da haben wir zwei Jahre im Playoff gespielt und die Bude war rammelvoll, das macht einfach enorm Spaß und motiviert. Wenn man im Vergleich dazu in eine neue schöne Halle kommt, und da sind dann nur 2000 Zuschauer, dann ist das ein bisschen beschämend. Das ist als ob man beim Fußball, wo die Atmosphäre eines vollen Stadions einfach dazugehört, alleine im Stadion säße – das schaue ich mir doch gar nicht erst an!

Autor: Lothar Martin
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