Grüne erbost über Expertenempfehlungen zur Atompolitik
Eine unabhängige Expertenkommission hat erste Empfehlungen zur Energiepolitik veröffentlicht. Sie war von der Regierung beauftragt worden. Die Expertise ist eine Vorabveröffentlichung, in ihrer endgültigen Form soll sie erst im September vorliegen. Doch die Empfehlungen sorgen bereits jetzt für einen heftigen Streit in der Regierungskoalition.
„Mit Kernenergie werden derzeit 30 Prozent unserer Elektrizität produziert. Die Entscheidung über ihren Ausbau muss meiner Meinung nach möglichst schnell fallen, da die Planung und der Bau neuer Atommeiler 8 bis 13 Jahre dauern. Die Entscheidung muss entweder diese oder die nächste Regierung tätigen. Für mich persönlich bedeutet die Kernenergie eine Chance für ganz Europa.“
Mehr Kernenergie - für die Grünen als Koalitionspartner ist dies jedoch ein rotes Tuch. Ihr Vorsitzender, Umweltminister Martin Bursík, wies darauf hin, dass sich die aktuelle Regierung im Koalitionsvertrag verpflichtet hat, keinen weiteren Ausbau der Atomkraftwerke zu beschließen und auch keine Erhöhung der Limits für den Kohleabbau. Würde in diesen Punkten vom Koalitionsvertrag abgewichen, drohen die Grünen mit dem Austritt aus der Regierung. Doch der Druck auf sie wächst derzeit. Premier Topolánek warnte, dass eine einzige politische Partei, so wörtlich, „nicht die Sicherheit der Versorgung mit Elektrizität für die zukünftigen Generationen“ beeinflussen dürfe.Den Druck der Koalitionspartner lehnt die stellvertretende Vorsitzende der Grünen, Dana Kuchtová, jedoch ab. Am Sonntag sagte Kuchtová, die jahrelang in der Widerstandsbewegung gegen den südböhmischen Meiler Temelín aktiv war, in einer Fernsehtalkshow:
„Wir stehen nun vor der Situation, in der alle sagen, dass es ohne Kernenergie nicht geht und es angeblich keine andere Lösung gibt. Ich glaube aber, dass es diese Lösungen gibt. Und unser staatliches Energiekonzept hat auch schon einmal beinhaltet, dass eine Variante mit und eine Variante ohne Kernenergie besteht. In solcher Weise hatte ich mir auch die Empfehlungen der Kommission vorgestellt. Sie sollten langfristige Perspektiven bis zum Jahr 2050 aufzeigen, aus denen die Regierung dann auswählen kann.“
Ihr Parteikollege und Chef Martin Bursík wiederum will so knapp vor den Ferien den Streit eher eindämmen. Im Tschechischen Fernsehen sagte er, dass es falsch sei, aufgrund einer Vorabveröffentlichung die Diskussion zu führen. Er möchte die Ergebnisse der Expertenkommission erst aufgrund des Gesamtberichts beurteilen. Den will die Kommission im September vorlegen.
Wie die Wirtschaftszeitung „Hospodařské noviny“ jedoch in ihrer Montagsausgabe berichtet, hat Premier Topolánek dem Energie-Produzenten ČEZ bereits signalisiert, dass er mit den Vorbereitungen für einen Antrag auf den Ausbau des Atomkraftwerks Temelín beginnen kann.