Misstöne aus Paris: Frankreich will Tschechien zur baldigen Ratifizierung des Lissabon-Vertrages bewegen

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Mit Wirkung vom 1. Juli hat Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft von Slowenien übernommen. Gleichzeitig hat damit das erste Kapitel der EU-Trio-Ratspräsidentschaft von Frankreich, Tschechien und Schweden begonnen. Auf deren Eckpunkte haben sich die drei Länder vor kurzem in Prag verständigt. Oberste Prämisse dieser Zusammenarbeit ist es, die Ziele ihrer aufeinander folgenden Präsidentschaften in der EU gemeinsam durchzusetzen. Am Tag der Präsidentschaftsübernahme durch Frankreich wurde jedoch schnell deutlich, dass gerade Franzosen und Tschechen eine unterschiedliche Partitur spielen, wenn es um die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages geht.

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Nach Frankreich wird Tschechien am 1. Januar 2009 das Zepter in der Brüsseler EU-Zentrale übernehmen. Für beide Länder war das Anlass genug, um den Zeitraum vom 1. Juli dieses Jahres bis zum 30. Juni 2009 zum Jahr der Tschechisch-französischen Wirtschaft zu erklären. Ein Jahr, in dem beide Länder gemeinsam zahlreiche Konferenzen, Seminare und Ausstellungen veranstalten werden. Ein Jahr, in dem beide Staaten aber ebenso gemeinsame Wege in der EU-Politik beschreiten wollen, zum Beispiel im Bereich der europäischen Energiepolitik. „Unser Ziel ist es, die bereits guten Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern weiter zu verbessern“, sagte der tschechische Minister für Industrie und Handel, Martin Říman, am Montag in Prag vor Journalisten. Und die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen können sich durchaus sehen lassen: Lag Frankreich im Wendejahr 1989 noch an 14. Stelle unter den Handelspartnern Tschechiens, so hat sich die Grande Nation in diesem Ranking inzwischen auf Platz vier nach vorn gearbeitet. „Die gleiche Position nimmt Frankreich auch als Investor in Tschechien ein“, betonte Říman.

Martin Říman
Mit Wirkung vom 1. Juli hat Frankreich seinen Arbeitsmarkt für acht neue EU-Staaten geöffnet, darunter auch die Tschechische Republik. Innerhalb der EU bleibt den Tschechen damit nur noch in drei Staaten der Zutritt zum Arbeitsmarkt verwehrt – in Deutschland, Österreich und Belgien. Die jüngere Vergangenheit habe gezeigt, dass die Tschechen diese Freizügigkeit zwar nutzen, doch in einem relativ bescheidenen Maße. Allein schon deshalb, weil die eigene Wirtschaft boomt und es daher in Tschechien eher einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften gibt. Wirtschaftsminister Říman begrüßte dennoch die Öffnung des französischen Arbeitsmarktes:

„Der Schritt Frankreichs ist für uns von hoher psychologischer Bedeutung. Er ist Ausdruck dessen, dass die EU-Mitgliedsländer allesamt die gleichen Rechte und Pflichten haben. Und er ist Beleg dafür, dass die europäische Gesellschaft auf vier Grundwerten basiert – dem freien Austausch von Waren, Dienstleistungen und Kapital sowie der Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Auf der Grundlage dieser Vorteile ist auch die Tschechische Republik Mitglied der EU geworden und will es auch weiter sein.“

Außenminister Karel Schwarzenberg
Wirtschaftlich sind die französisch-tschechischen Bande also in Takt, in politischer Hinsicht aber wurde die scheinbare Harmonie gleich zu Beginn der französischen Präsidentschaft getrübt. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner sagte am Dienstag in Brüssel, dass man mit Prag sehr intensiv sprechen werde, um Tschechien zur Ratifizierung des EU-Vertrages von Lissabon zu bewegen. Die Ratifizierung durch das tschechische Parlament solle noch während der französischen Ratspräsidentschaft erfolgen, fügte Kouchner an und warnte gleichzeitig, dass ein Scheitern des Lissabon-Vertrages auch ein Ende der EU-Erweiterung mit sich brächte, die Prag ansonsten ja unterstütze. Ein anderer französischer Regierungsvertreter, der nicht genannt werden wollte, schlug sogar noch deutlichere Töne an.„Wie wolle die Tschechische Republik die EU ab 2009 führen, wenn sie den Rest der Union blockiere“, fragte er gegenüber Tageszeitung „Lidové noviny“. Kritik, die die tschechische Seite sichtlich überraschte.

„Ich kann diese Worte absolut nicht verstehen, hat doch unsere Regierung klar erklärt, sie werde darum kämpfen, dass der Lissabon-Vertrag gleich nach dessen Prüfung durch das Verfassungsgericht in Brünn im Parlament ratifiziert wird“, reagierte Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg auf die Misstöne aus Paris. Der französisch-tschechische Part der EU-Trio-Ratspräsidentschaft steht also gleich zum Auftakt vor einer Zerreißprobe, die es diplomatisch zu regeln gilt.