Sturm auf Stadtrat – Theaterproteste mit neuem Höhepunkt

Protestierende Theatermacher (Foto: ČTK)

Ihrem Namen habe sie alle Ehre gemacht, die Tage der Unruhe, bei denen Theaterschaffende in Prag und im ganzen Land gegen die Kulturpolitik der Hauptstadt protestiert hatten. Der Vorwurf: der ODS-geführte Stadtrat dreht den kleinen ambitionierten Theatern zu Gunsten von Kommerz-Bühnen das Geld ab. Zum vorläufigen Abschluss der Protesttage kam es am Donnerstagmorgen im Prager Magistrat zu tumultartigen Szenen.

Protestierende drangen in die Sitzung des Stadtrats ein  (Foto: ČTK)
„Für ein Prag der Kultur“, so heißt die Petition der Protestler. Mehr als 20.000 Bürger haben sie unterzeichnet, darunter viele Schauspieler, Künstler und Intellektuelle. Rund 500 von ihnen waren am Morgen vor dem Prager Rathaus zusammengekommen, eine Gruppe von Demonstranten ist auch in die Sitzung des Stadtrates eingedrungen, wo es zu Tumulten und kleineren Rempeleien kam. Ein Narrenspiel, so das Urteil von Oberbürgermeister Pavel Bém.

Oberbürgermeister Pavel Bém bei der Sitzung des Stadtrats  (Foto: ČTK)
„Mir gefällt der Ausdruck Narrenspiel ganz gut, schließlich gehört der Narr doch von alters her zum Theater. Aber in unserer Petition ´Für ein Prag der Kultur´ gibt es eine Reihe von Punkten, die noch nicht behandelt sind.“

Und dass die im Magistrat beraten werden, dass will Vladimír Procházka, Direktor des renommierten Theaters Činoherní klub und einer der Initiatoren des Protestes, durchsetzen. Hauptkritikpunkte: die geplante Umwandlung der städtischen Bühnen in Aktiengesellschaften und der neue Förderschlüssel von Kulturstadtrat Milan Richter (ODS), der die Dotationen an die Zahl der verkauften Eintrittskarten bindet. Davon profitieren die kommerziellen Boulevard- und Musicalbühnen, die erstmals auch im Fördersystem berücksichtigt werden. Ein grundlegender Fehler, meint Vladimír Procházka:

Protestierende Theatermacher  (Foto: ČTK)
„Das, worum es uns ganz grundlegend und vor allem anderen geht, ist die Trennung des kommerziellen und des nicht-kommerziellen Bereiches. Ganz einfach: Profit und Non-Profit. Und wir meinen, dass Fördergelder, so wie das in Europa üblich ist, nur an die nicht-kommerziellen Bühnen gehen sollen. Jenseits davon hat niemand von uns etwas dagegen, wenn die Stadt einen Modus finden will, wie sie Kommerz-Theater unterstützen kann.“

Die anhaltenden Proteste zeigen erste Wirkung, auch wenn ODS-Stadtrat Jiří Janeček nach den Tumulten in der Ratssitzung angekündigt hat, er wolle sich für die Streichung jeglicher Kulturförderung einsetzen. Kulturstadtrat Milan Richter immerhin signalisierte nach längerer Zeit Verhandlungsbereitschaft, und Oberbürgermeister Pavel Bém kündigte an, eine Beratungskommission für die umstrittene Verteilung der Fördergelder einzurichten. Ansonsten verlässt sich Bém auf das bewährte Prinzip teilen und herrschen. Die Botschaft: ein wenig Geld ist sicher noch da – aber nicht für jeden. Und überhaupt: vor allem steht erst einmal eine Wirtschaftsprüfung:

„Das ist ganz sicher. Und dann werden wir in schwierigen Beratungen im Kulturausschuss und der Förderkommission bestimmt über mögliche Hilfe bei den allergrößten Finanzlöchern diskutieren. Aber sicher werden wir nicht auf die Summe kommen, die alle diese laut schreienden Institutionen vorher bekommen haben.“