Wenzel in Wiesbaden – Filmfestival „Go East“ zeigt mittel- und osteuropäische Filme

Bereits zum achten Mal dreht sich mitten im Westen Deutschlands alles um den osteuropäischen Film. Denn in Wiesbaden heißt es wieder einmal: „Go East“! Auch ein tschechischer Film lag im Rennen um den begehrten Spielfilmpreis, der dort am Dienstag verliehen wurde.

Mehr als 150 osteuropäische Produktionen von Bulgarien bis Russland fesselten seit letztem Mittwoch den cinéastisch interessierten Zuschauer, der sich mehr als dem üblichen Mainstream wünscht, an Wiesbadens Kinosessel: Damit hat „Go East“ mittlerweile internationales Niveau erreicht.

Auch ein tschechischer Film musste sich vor der Jury behaupten: „Václav“, zu deutsch „Wenzel“, ein Film von Jiří Vejdělek. Svitlana Sikora, künstlerische Leiterin des Festivals verrät, worum es geht:

„Václav ist ein junger Mann, der geistig zurückgeblieben ist. Aber nicht das ist Hauptaugenmerk des Films, sondern der Regisseur hat einen Film über einen Menschen gemacht, der etwas Besonderes ist. Ein ungewöhnlicher Mensch mit besonderen geistigen Fähigkeiten, mit besonderem Zugang zu Liebe und Beziehung zu Mitmenschen. Also ein Mensch, der abseits von der Gesellschaft steht und trotzdem seinen Platz in dieser Gesellschaft behaupten will.“

Sensibel und bedacht zeichnet der Regisseur die Handlung. Václavs kleine, fragile Welt öffnet sich dem Zuschauer. Es ist aber nicht nur das feinsinnige Ausskizzieren der Protagonisten, das den Film so besonders macht.

Film 'Václav'
„In diesem kleinen Film, der sich eigentlich auf das private Leben konzentriert, spiegeln sich auch die Verhältnisse der tschechischen Gesellschaft wider. Aber der Charakter von Václav und sein Umgang mit Mitmenschen sind Dinges, die man in jeder Gesellschaft beobachten kann.“

Go East-Besucher Eric Marr ist cinéastisch vielseitig interessiert und hat eine besondere Schwäche für tschechische Produktionen:

„Der Film hat mich ziemlich berührt. Es war meines Erachtens der bisher beste Film, den ich hier gesehen habe. Ich denke, der Film könnte auch viele Freunde und Anhänger in Deutschland finden, falls er denn hier gezeigt werden würde!“

Denn Filme aus Osteuropa und auch Tschechien gehören in deutschen Lichtspielhäusern seit jeher zu Raritäten. Viele große Verleiher scheuen sich, Produktionen jenseits von Oder und Neiße, ins Programm aufzunehmen. Dabei lohnt sich ein Blick über den Tellerrand, wie Eric Marr weiß.

Kino Světozor
„Tschechien oder früher die Tschechoslowakei ist schon immer bekannt gewesen für gute Filme, wenn man sich dafür interessiert hat. Dort werden gute Filme produziert, ständig kommen einheimische Filme ins Kino. Und deshalb wundere ich mich, dass es praktisch nie ein tschechischer Film nach Deutschland schafft.“

Václav hat es leider auch nicht geschafft. Bei der großen Preisverleihung am Dienstagabend ging "Die Goldene Lilie" für den Besten Film an "Magnus" von Kadri Kõusaar, eine estnisch-britische Produktion. Doch vielleicht hat „Go East“ trotzdem das Interesse der Verleiher für den tschechischen Film wecken können. Damit ginge dann auch Eric Marrs spezieller Wunsch in Erfüllung:

„Ich würde empfehlen, dass der Film so schnell wie möglich in die deutschen Kinos kommt. Man weiß viel zu wenig über unser Nachbarland und da kann man endlich was mitbekommen.“

Autor: Julia Angelov
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