Osteuropa-Filmfestival in Cottbus mit zwei tschechischen Filmen im Wettbewerb

Roland Rust (Foto: www.cinema.bg)

Lubina ist ein beliebter sorbischer Mädchenname und bedeutet die Liebreizende. Lubina ist aber auch der Name der farbenfrohen Glas-Skulptur, die auf dem Osteuropa-Filmfestival in Cottbus vergeben wird. Im derzeit laufenden Wettbewerb buhlen unter anderem zwei tschechische Filme um die begehrte Trophäe. Welche Filme das sind und was das Filmfestival sonst noch zu bieten hat, das erzählte uns der Festivaldirektor Roland Rust.

Lubina
Herr Rust, welche Bedeutung hat das Filmfestival in Cottbus?

„Das Festival in Cottbus, das nun in diesem Jahr zum 18. Mal stattfindet und damit volljährig wird, ist einzigartig: Nirgendwo gibt es einen besseren Überblick über das aktuelle Filmschaffen Mittel- und Osteuropas als jedes Jahr hier bei uns in Cottbus. Ich glaube, dass dieses Profil, das das Festival seit seiner Gründung im Jahr 1991 konsequent gepflegt und ausgebaut hat, uns dazu verholfen hat, dass wir mittlerweile vom Branchenblatt ´Variety´ zu den 50 Top-Festivals der Welt gerechnet werden. Auf der Eröffnung des Festivals hat unser neuer Schirmherr Frank-Walter Steinmeier gesagt, dass Cottbus nun zum zweitwichtigsten Filmfestivals Deutschlands nach der Berlinale aufgestiegen sei.“

Sie haben die Eröffnung des Festivals gerade schon erwähnt. Was sind denn bisher die Highlights des Festivals gewesen und was steht noch auf dem Programm?

„Wir haben so viele Filme wie lange nicht im Programm und das aus so vielen Ländern wie überhaupt noch nie. Das ist wirklich das Beste vom Besten, was Osteuropa zu bieten hat. Das bekommt man ja leider in Deutschland im Kino ansonsten fast gar nicht zu sehen. Der Wettbewerb ´Spielfilm´ mit zehn Filmen ist natürlich das Herzstück des Festivals. Neben vier russischen Produktionen ist hier übrigens Tschechien mit zwei Filmen besonders stark vertreten. Außerdem haben wir zum allerersten Mal einen ´russischen Tag´ beim Festival etabliert. Das ist der Tatsache geschuldet, dass Russland wieder mit Abstand zum größten Filmproduzenten im gesamten osteuropäischen Raum geworden ist. Darüber hinaus veranstalten wir einen ´Fokus´. Dieser richtet sich auf die Region des Baltikums, verstanden als Estland, Lettland und Litauen, aber auch die anderen Anrainer der Ostsee. Und - last but not least – zeigen wir die Retrospektive ´1968 – Prager Frühling und die Folgen´.“

Diese Retrospektive interessiert uns natürlich ganz besonders. Können Sie uns erzählen, welche Filme dort gezeigt werden und welche Gäste Sie erwarten?

„In dieser Retrospektive setzen wir zeitgenössische Dokumente vom Ende der 1960er Jahre in Beziehung zu Spielfilmen, in denen auf dieses Ereignis Bezug genommen wird. Die Spielfilme stammen einerseits aus der damaligen Zeit, also zum Beispiel von Jiří Menzel, der übrigens Gast des Festivals ist, oder auch von Juraj Jakubisko. Andererseits zeigen wir auch Spielfilme, die in den letzten Jahren entstanden oder auch ganz aktuell sind, zum Beispiel von Jan Hřebejk oder Petr Nikolajev.“

Noch einmal zu den zwei aktuellen tschechischen Filmen im Wettbewerb: Welche Filme sind das und haben Sie diese schon gesehen?

„Ja, ich habe die Filme gesehen. Ich habe sie ja mit ausgewählt. Wir waren sehr froh, dass wir zwei ganz aktuelle Filme aus Tschechien bekommen konnten. Aktuell sind sie insofern, als es sich in beiden Fällen um die deutsche Erstaufführung handelt. Die beiden Filmemacher waren schon mit ihren vorangegangen Arbeiten in Cottbus zu Gast und waren auch sehr erfolgreich. Ganz besonders trifft das auf Bohdan Sláma zu, der mit seinen ersten Filmen ´Wilde Bienen´ oder ´Die Jahreszeit des Glücks´ sogar den Sprung ins deutsche Kino geschafft hat. Wir zeigen nun seinen aktuellen Film ´Der Dorflehrer´. Das ist eine Geschichte, wie wir sie nicht nur in Tschechien, sondern auch im gesamten mittel- und osteuropäischen Kino noch sehr selten finden. Der Film erzählt nämlich die Geschichte eines Comings-outs, in der ein homosexueller Lehrer am Ende zu sich selbst findet. Das ist beinahe noch ein Tabubruch in dieser Region. Die zweite Regisseurin Michaela Pavlátová hatten wir schon vor einigen Jahren mit dem Film ´Treulose Spiele´ im Programm. Auch in ihrem aktuellen Film ´Kinder der Nacht´ geht es um eine junge Generation. Das ist ein sehr zeitgenössischer Film im modernen Prag.“