Prager Geburtsklinik Apolinarius würdigt Gründervater Josef Hlávka
Mit weit über 4000 Geburten machen die Geburtsklinik Apolinarius zu den führenden gynäkologischen Krankenhäusern in der Tschechischen Republik. Als Teil der medizinischen Fakultät der Karlsuniversität kann sie auf eine über 130-jährige Tradition zurückblicken. Anlässlich des 100. Todesjahres ihres Gründervaters und Architekten Josef Hlávka fand am 14. Februar eine Gedenkveranstaltung in der Kapelle der Klinik statt.
Seit 1789 werden in der Nähe der St.-Apolinarius-Kirche Kinder geboren. Vor allem arme und allein stehende Frauen entbanden noch Mitte des 19. Jahrhunderts unter hygienisch unhaltbaren Bedingungen. Daher regte Graf Thun-Hohenstein einen Neubau des Krankenhauses an. Der böhmische Landesausschuss berief mit dem erst 31-jährigen Josef Hlávka einen außergewöhnlichen Architekten, wie der stellvertretende Leiter des Nationalmuseums, Karel Ksandr, in seiner Rede betonte:
„Seine Außergewöhnlichkeit besteht ohne Zweifel in dem ungeheuer breiten Spektrum seiner Tätigkeiten, weil er außer Baumeister und Architekt noch Mäzen und Sponsor sowie Gründer der Akademie der Wissenschaften war. Er war auch Politiker, weil er Mitglied im Landtag war, und wirkte auch einige Zeit lang als Pädagoge. Im Wesentlichen kann man sagen, dass es in den böhmischen Ländern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kein kulturelles Vorhaben gab, an dessen Beginn nicht Josef Hlávka stand.“
Bevor Hlávka 1862 mit dem Entwurf der Geburtsklinik begann, studierte er die medizinischen Voraussetzungen, die eine moderne Entbindungsanstalt erfüllen sollte. Das im neogotischen Stil erbaute Gebäude gehörte dank der sechs selbständigen Pavillons und dem Material aus roten Ziegeln zu den modernsten Krankenhäusern seiner Zeit. Von seiner Fertigstellung berichtete die Zeitung „Národní listy“ („Nationale Blätter“) am 28. Februar 1875:
„Die neue Entbindungsanstalt erfüllt bereits ihren Zweck: Vorgestern hat sie ihr erstes Neugeborenes empfangen, ein Mädchen. Ihre Mutter heißt Barbara Koutná aus Rožmitál.“
Bis heute entspreche das Konzept Hlávkas den Anforderungen, bestätigt der Vorsitzende der Klinik, Professor Alois Martan. Dank der schrittweisen Restaurierungsarbeiten hat man das einzigartige Gebäude mit der modernsten Technik im Bereich der Geburtenmedizin in Einklang gebracht. Den Mittelpunkt des Baues bildet die Heilig-Kreuz-Kapelle, die unter den Kommunisten als Lagerraum diente und erst vor einigen Jahren renoviert wurde. Die von drei Seiten begehbare Kapelle mit Taufbecken entspreche Josef Hlávkas philosophischem und theologischem Verständnis, wie Karel Ksandr betont:
„Hlávka war selbstverständlich unglaublich fleißig und gebildet, aber er war auch ein tief gläubiger Mensch. Somit hat er einige Taten sowohl aus moralischen, als auch aus geistigen Werten heraus vollbracht.“
Hlavka wird im Übrigen nicht nur in Tschechien gedacht, sondern auch in Österreich. Seine Baufirma schuf unter anderem die Wiener Hofoper.