Tschechische Armee: Volltreffer durch Korruptionsskandal
Es gibt wohl kein tschechisches Ministerium, das so anfällig für Klüngel und Korruption ist wie das Verteidigungsressort. In einem der größten Fälle ermittelt derzeit die Polizei des Landes.
Nicht um Waffen geht es diesmal, sondern um Immobilien und Aufträge für Bauarbeiten in Kasernen. Diese sollen zu überhöhten Preisen an ausgesuchte Baufirmen gegangen sein. Umgekehrt überreichten dafür die Firmenvertreter dicke Geldbündel an die Armeebeschäftigten in den richtigen Positionen – das natürlich nur unter dem Tisch, als Bestechungsgelder. Die Polizei spricht sogar von einer Mafia, die sich im Verteidigungsministerium eingenistet habe. Einige Zahlen nennt der Sprecher der Kriminalpolizei, Roman Skřepek:
„Derzeit werden insgesamt 26 Personen verdächtigt. Wir erwarten, dass noch weitere hinzukommen. Zu den Verdächtigen gehören Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, unter ihnen auch der ehemalige Chef der Gebäude- und Bauverwaltung, aber auch Privatpersonen, Unternehmer und andere.“
Wie der Sprecher von Verteidigungsministerin Vlasta Parkanová ergänzt, arbeite allerdings keiner der Verdächtigen mehr für das Ressort. Ohnehin betrifft die Affäre die Zeit vor Parkanova, in den Jahren 2004 bis 2006. Es geht dabei um viel Geld. Jährlich vergibt das Verteidigungsministerium Bau-Aufträge in Höhe von 2,5 Milliarden Kronen (95 Millionen Euro). Dementsprechend gehen auch die Bestechungsgelder, in Euro gerechnet, wahrscheinlich in Millionenhöhe. Polizeisprecher Skřepek:
„Die Gesamtsumme könnte im Bereich hoher zweistelliger Millionenbeträge in Kronen liegen. Aber die Ermittlungen der Antikorruptionseinheit sind umfangreich und werden noch einige Monate andauern. Wahrscheinlich wird sich die Höhe der Summe deswegen ebenfalls noch ändern.“Erstaunlich ist es indes nicht, dass gerade bei der Armee ein mafiöses Umfeld entstanden ist. Hier werden ausgesprochen hohe Summen öffentlich ausgeschrieben. Tatsächlich gerät fast jeder Rüstungsauftrag in Korruptionsverdacht – dazu gehören selbst eingestampfte Aufträge wie der Kauf der Abfangjäger vom Typ Gripen aus Schweden. Die Polizei aus beiden Ländern ermittelt noch immer. In einem weiteren Fall hat sich Ende 2007 das Finanzamt eingeschaltet. Das Verteidigungsministerium hatte die Lieferung von Militär-Transportern ohne öffentliche Ausschreibung an den tschechischen Lkw-Hersteller Tatra vergeben – erneut angeblich zu überhöhten Preisen. Doch der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Prag sagt, dass bei kleineren Aufträgen mittlerweile eine Maßnahme ergriffen wurde:
„Wir haben einen wichtigen präventiven Mechanismus eingeführt. Immer mehr öffentliche Aufträge bis zu sechs Millionen Kronen, darunter auch Bauaufträge, gehen über unsere elektronische Annahmestelle ein. Das Risiko, dass Einzelpersonen die Vergabe beeinflussen können, ist damit deutlich gesunken.“
Wenn aber polizeilich ermittelt wird, führt dies immer noch häufig zu keinem Ergebnis. Hier jedoch liegt das Problem anderswo: bei Polizei und Justiz.