Tschechien verhandelt über Kampfjets: Die alten behalten oder neue kaufen?

Gripen (Foto: Archiv der Armee der Tschechischen Republik)

Die derzeitige tschechische Regierung spart zwar an allen Ecken, doch eine Entscheidung, die auf jeden Fall viel Geld kosten wird, wird sie bald fällen müssen: Ob sie den tschechischen Luftraum wie bisher von 14 schwedischen Grippen-Jagdflugzeugen schützen lässt oder neue Maschinen anschafft?

Gripen  (Foto: Archiv der Armee der Tschechischen Republik)
Es war damals das größte Rüstungsgeschäft in der tschechischen Geschichte: Vor elf Jahren entschied die damalige tschechische Regierung, die alten sowjetischen Mig-Jagdflugzeuge endgültig auszumustern und neue, modernere Kampfjets anzuschaffen. Ursprünglich hätten 24 neue Flugzeuge vom Typ Gripen gekauft werden sollen, und zwar für einen Preis von 60 Milliarden Kronen (knapp 2,5 Milliarden Euro). Doch dann zwangen ein Jahr später die Schäden beim Jahrtausend-Hochwasser Tschechien zum Sparen. Das ursprüngliche Geschäft platzte, stattdessen einigte man sich mit Schweden, eine geringere Stückzahl, nämlich 14 Kampfjets, für einen Zeitraum von zehn Jahren anzumieten. Der Preis betrug 20 Milliarden Kronen (800 Millionen Euro).

Petr Nečas  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Von Beginn an war allerdings dieses Rüstungsgeschäft vom Verdacht auf Korruption begleitet. Da diese Vorwürfe bis heute noch nicht entkräftet wurden, ist das Wort Grippen für viele Tschechen fast synonym für Korruption. Das war wohl auch der Grund, warum sich Premier Petr Nečas vor einigen Monaten unerwartet kritisch geäußert hat, als er gefragt wurde, ob sein Kabinett auch nach 2014 den schwedisch-britischen Kampjets treu bleiben werde. Solange nicht alle Verdachtsmomente aus dem Weg geräumt sind, sagte Nečas, mache es keinen Sinn, über eine Verlängerung des Leihgeschäfts zu reden. Mittlerweile hat wohl der Regierungschef seine Meinung geändert. Dennoch stellte er den Schweden die Rute ins Fenster: Wenn sie bis Ende November kein zufriedenstellendes Angebot vorlegen, wird Tschechien offiziell einen neuen Auftrag ausschreiben, an dem dann auch andere Hersteller teilnehmen können.

Karin Enström und Alexandr Vondra  (Foto: Archiv der Armee der Tschechischen Republik)
Die Gespräche über die Zukunft dieser Flugzeuge haben gerade erst begonnen. Verteidigungsminister Alexandr Vondra traf sich vergangene Woche mit seiner schwedischen Amtskollegin Karin Enström am Rande einer Flugshow in Ostrau / Ostrava. Zum bisherigen Angebot der Schweden äußerte er sich gegenüber dem Tschechischen Rundfunk ein wenig kryptisch:

„Das Angebot war für die tschechische Regierung und für mich persönlich nicht befriedigend. Ich habe der schwedischen Ministerin bestimmte Vorstellungen erläutert, wie wir weiter verfahren sollten. Ich denke, dass die bevorstehenden Verhandlungen nicht leicht sein werden, aber ich gehe davon aus, dass beide Seiten Interesse haben an einem guten Ergebnis, und zwar noch in diesem Jahr.“

Foto: Barbora Němcová,  Radio Prague International
Einer der Gründe, warum die tschechische Regierung in dieser Angelegenheit sehr vorsichtig agiert, ist die Angst vor möglichen negativen Reaktionen der breiten Öffentlichkeit. Angesichts der beschlossenen Sparpakete und der Kürzungen im Sozialbereich könnte ein Rüstungsgeschäft in dieser Größenordnung die Regierung leicht diskreditieren. Alexander Vondra:

„Die wirtschaftliche Lage ist so, wie sie ist. Ich möchte verhindern, dass wir uns auf etwas einigen, was dann alle mit anderen Vereinbarungen vergleichen werden. Das Schlüsselkriterium für unsere Auswahl wird der wirtschaftliche Aspekt des Geschäfts sein, also auch der Preis. Wir werden noch viel verhandeln müssen, damit wir uns unseren Vorstellungen annähern.“

Tomáš Soušek  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Sollte es aber bei den tschechisch-schwedischen Gesprächen nicht zu einer Einigung kommen, müsste eine neue Ausschreibung veranlasst werden, an der sich auch andere Anbieter beteiligen könnten. Sollte dann allerdings ein neuer Bieter gewinnen, würde dies nicht leicht werden. Der Übergang zu einem neuen Typ von Kampfjets dürfte zusätzliche Kosten verursachen, und zwar schätzungsweise im dreistelligen Millionenbereich. Tomáš Soušek von der Fachzeitschrift „Letectví a Kosmonautika“ (Flug- und Raumfahrtwesen) sagte gegenüber dem Tschechischen Rundfunk:

„Auf einen neuen Flugzeugtyp umzusteigen wäre aus organisatorischer und technischer Sicht sehr anspruchsvoll. Dafür müsste die gesamte Infrastruktur auf den Flughäfen geändert werden, das Bodenpersonal neu geschult werden. Und nicht zuletzt müssten auch die Kampfpiloten alles früher Erlernte vergessen und von Neuem beginnen. Das ist sicherlich nichts, was sich innerhalb von wenigen Monaten bewerkstelligen ließe.“

Für die schwedischen Grippen-Flugzeugen verfügt Tschechien hingegen mittlerweile über die gesamte benötigte Infrastruktur. Ursprünglich waren allerdings die Experten geteilter Meinung, ob gerade diese Maschinen den gestellten Anforderungen gerecht würden. Kritisiert wurde insbesondere, dass außer Tschechien, Ungarn und Großbritannien kein weiteres Mitgliedsland der Nato diese Maschinen nutzt. Es wurde davor gewarnt, dass die Maschinen innerhalb des Bündnisses inkompatibel sein könnten. Doch mit der Zeit wurden diese Bedenken zerstreut, und vor allem die Piloten loben den Jet in höchsten Tönen. Im Rahmen der Nato nehmen die tschechischen Kampfpiloten mit ihren Gripen-Maschinen seit Jahren auch zum Beispiel problemlos die Überwachung des Luftraums der baltischen Länder wahr. Wie sehen die Experten den Einsatz der Gripen-Kampfjets nach gut zehn Jahren? Tomáš Soušek:

„Ich persönlich finde, dass diese Flugzeuge durchaus geeignet sind und dass sich das schon bei einer Reihe von internationalen Flugübungen im Rahmen der Nato gezeigt hat. Weder aus technischer, noch aus taktischer Sicht haben sich bisher Schwierigkeiten oder Engpässe feststellen lassen. Von diesem Standpunkt aus bieten diese Maschinen alles, was man von ihnen erwartet.“

Verteidigungsminister Vondra, wie auch Premier Nečas, behaupten in ihren Stellungnahmen zu den künftigen Jagdflugzeugen, ausschließlich der gebotene Preis werde eine entscheidende Rolle spielen. Laut Experten könnte es der Regierung in Prag vielleicht sogar gelingen, die schwedische Seite zu Rabatten für eine Verlängerung des Anmietungsvertrags zu bewegen. Der Grund liegt darin, dass viele Länder – insbesondere wegen der Kürzungen in ihren Verteidigungsetats - Überkapazitäten an kostenintensivem militärischem Gerät abbauen. Und Jagdflugzeuge gehören zu jenem Gerät, dessen Wartung am meisten kostet. Die Nachfrage nach solchen Maschinen ist also wesentlich geringer, als das Angebot.

Tomáš Soušek verweist aber auch noch auf einen weiteren wichtigen Aspekt, der für die Entscheidung der tschechischen Regierung ausschlaggebend sein könnte:

„Der jetzige Vertrag ist aus der tschechischer Sicht sehr vorteilhaft, weil er die volle Einsatzfähigkeit der Maschinen garantiert. Sollte es zu einem technischen Problem kommen, und läge die Verantwortung dafür beim Hersteller, dann ist im Vertrag eine Entschädigung vorgesehen. Auch das erleichtert den Betrieb dieser Flugzeuge.“