Weingarten Máchalka: Die wiederbelebte Winzertradition von Prosek

Weingarten Máchalka (Foto: www.machalka.cz)

Der neunte Prager Stadtbezirk besteht aus einigen historischen Vierteln. Eines davon ist Prosek, das erst seit den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu Prag gehört. Der Name der einst selbständigen Gemeinde Prosek wurde vom Verb „prosekat“ zu Deutsch etwa „ausholzen“ oder „ausroden“ abgeleitet. Dies hängt höchstwahrscheinlich mit der Errichtung der Stege im sonst dichten Wald zusammen. Diese Wege führten unter anderem ins mittelböhmsiche Stará Boleslav / Altbunzlau, wo der Premyslidenfürst Václav – der spätere heilige Wenzel – ermordet wurde.

Dem Landespatron wurde auch die romanische Kirche in Prosek geweiht. Seinen Namen trägt aber auch die Winzergenossenschaft, die sich um die Wiederbelebung des Weinbergs „Máchalka“ kümmerte. Helena Sochorová, die die Genossenschaft leitet, sagt, die Bewohner von Prosek und vom Nachbarviertel Vysocany hätten es während der letzten Jahre gelernt, so zu sagen „ihren“ Weinberg zu besuchen.

„Wir züchten hier heute fast dieselben Weine, die hier vor Jahren angebaut wurden – den Weiß- und Blau-Burgunder, Blauen Portugieser, Mährischen Muskateller. Zudem gibt es hier neu auch Müller Thurgau, Rheinischen Riesling und Chardonnay. Als wir die Rebe zum ersten Mal anpflanzten, gab es hier insgesamt 7500 Rebenstöcke, heute sind es schon mehr als 9000 Rebstöcke. Wir verkaufen unsere Weine direkt hier im Weinberg und liefern sie auch in einige Weinläden. Dabei arbeiten wir mit dem Weingeschäft im Schloss Trója in Prag zusammen, das von der Böhmischen Winzerzunft unterstützt wird. Aus dem Grund werden dort hauptsächlich Weine aus Böhmen verkauft. Von den Prager Weinproduzenten sind wir von der Máchalka dort als einzige vertreten. Ich habe schon erlebt, dass französische Interessenten die gesamte Lieferung von unserem Muskateller und Blauem Portugieser aufgekauft haben. Dies ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Frankreich eine Winzergroßmacht ist. Die Reiseführerin bat uns darum, die Etiketten nicht zu ändern, weil sie bei den regelmäßigen Besuchen unsere Weine gut erkennen kann.“

Helena Sochorová  (Foto: Autorin)
Helena Sochorová hat mit ihren Mitarbeitern auch am Winzerfest im Schloss Trója teilgenommen und ihre Weine waren dort, wie sie sagt, sehr gefragt. Zweimal wurden die Tropfen von der Máchalka auch im Weinsalon im Schloss in Mníšek pod Brdy vorgestellt. Zu diesem Zweck wurden spezielle Weinetikette entworfen. Und beim königlichen Umzug von der Prager Burg zur Burg Karlstein, der im Juni 2007 organisiert wurde, wurde nicht der Wein von Karlstein, wie man annehmen könnte, sondern der Wein aus Prosek angeboten.

Die Winzer von der Máchalka veranstalten selbst auch Winzerfeste, bei denen sie in den letzten Jahren nur ihre eigenen Weine präsentieren. Diese wurden inzwischen auch mehrmals mit Medaillen bedacht. Besonders stolz ist die Leiterin der Winzergenossenschaft auf die Medaille, mit denen der Mährische Muskateller ausgezeichnet wurde – und zwar durch Mähren selbst. Die Winzer von Prosek produzieren jetzt auch Spätlesen – unter anderem Weiß-Burgunder und Rheinischer Riesling. Es scheint, dass Helena Sochorová im Verkaufsstand im Weinberg fast das ganze Jahr hindurch viel zu tun hat.

„Viel zu tun ist hier vor allem um die Zeit der Weinernte herum, zu Weihnachten sowie zu Ostern. Anfang Dezember organisieren wir regelmäßig eine Verkostung junger Weine für die Öffentlichkeit. Am Ende des Jahres verabschieden die Winzer dann das Jahr. Diesmal sind wir dazu am 29. Dezember zusammengetroffen. Anfangs war dieses Fest nur für Leute von unserer Winzer-Genossenschaft bestimmt. Denjenigen, die daran Interesse hatten, ermöglichten wir, auch beispielsweise eine Zeile im Weinberg zu mieten, um die sie sich dann kümmern. Wir sorgen dann für die Verarbeitung der Weinrebe, und diese Pächter bekommen einen entsprechenden Anteil des Weines. Auch diese Pächter wollten am Abschlussfest im Weinberg teilnehmen. Zudem haben auch mehrere unserer Kunden Interesse daran gezeigt. Ich hätte nie geglaubt, dass so viele Leute in die kleine Winzerbude reinpassen, aber sie passten rein.“

Dass in den viel bekannteren Weinregionen Südmährens verschiedene Bräuche noch leben, die mit dem Weinbau zusammenhängen, dies dürfte einleuchten. Dass aber auch am Rande des Prager Industrie-Viertels Vysočany eine feierliche Schließung des Weinbergs genauso wie zum Beispiel im mährischen Velké Pavlovice stattfindet, das war für mich eine Überraschung. Helena Sochorová war die Initiatorin der Zeremonie, die mit der Weinernte verbunden ist:

„Ich habe ein Szenario dafür geschrieben, und wir Winzer haben die Aufführungen selbst gespielt. Es war immer fabelhaft. Mit der Zeit war es nicht mehr möglich, dies organisatorisch zu bewältigen, und da haben wir eine Künstlergruppe engagiert, die die Zeremonie unter Begleitung von Barockmusik vorführt. Sie organisiert auch den Festumzug und führt jedes Jahr im Weinberg eine Vorstellung auf, die sich auf die Geschichte des Weinbergs bezieht. Darin geht es beispielsweise um den Traubendiebstahl, der von den Wächtern aufgedeckt wurde. So etwas wurde einst scharf bestraft. Mit einer Ausnahme: Schwangere Frauen durften die eine oder andere Traube im Weinberg pflücken. Die Wächter durften den Weinberg nicht betreten, sie konnten nur reinschauen. Am Freitag hatten sie jedoch das Recht, ebenfalls Trauben mitnehmen, diese mussten sie aber öffentlich nach Hause tragen.“

Einige der Vorstellungen waren von den Ereignissen des Dreißigjährigen Kriegs inspiriert, erzählt Helena Sochorová. Denn während des so genannten Schwedenkrieges wurden der Weinberg sowie seine Umgebung teilweise geplündert, und der Weinbau wurde nie wieder in seinem ursprünglichen Umfang erneuert. Die Leute um Helena Sochorová sorgen nun dafür, dass die Weine von Prosek erneut bekannt werden.