Weingarten Máchalka: Rebsaft von den himmlischen Bergen

Weingarten Máchalka

Wenn über traditionelle Prager Weinberge die Rede ist, fällt einem gleich der Stadtteil Královské Vinohrady – zu deutsch Königliche Weinberge – ein. Von den einstigen Weinbergen sind heute jedoch nur noch die Weinberge im Park Gröbovka erhalten geblieben, die gerade auf der Grenze zwischen den Stadtteilen Vinohrady und Vršovice liegen. Der Weinbau wurde dort erst nach der Wende wieder erneuert. Bekannt ist auch Wein aus Trója, der über dem gleichnamigen Schloss unweit des Prager Zoos gezüchtet wird. Dass es aber auch Weinberge in Prag 9 gibt, wissen wenige Prager. Dabei hat der Weinanbau in Prosek eine sehr lange Tradition.

Weingarten Máchalka
Die einst selbständige Gemeinde Prosek gehört seit 1922 zu Prag, ähnlich wie die Nachbargemeinde Vysočany. Heute sind die inzwischen zu Stadtvierteln gewordenen Gemeinden Bestandteil des neunten Prager Stadtbezirks. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, ist der Weinberg Namens „Máchalka“ vom Prager Stadtzentrum in knapp zwanzig Minuten zu erreichen. Denn von der U-Bahn-Station Palmovka sind es nur zwei Bus-Haltestellen bis nach Kelerka. So hieß ein Gut, das sich einst dort befand, wo man heute eine Bob-Bahn und vor allem einen Weinberg finden kann. Er erstreckt sich unterhalb der ehemaligen Gemeinde Prosek.

Auch in der recht frostigen Adventszeit ist der Weinberg nicht ganz menschenleer. Helena Sochorová ist Chefin der Winzergenossenschaft „Svatý Václav“ (Heiliger Wenzel), die sich um den hiesigen Weinberg kümmert. In einem kleinen Altan am Eingang zum Weinberg wartet sie auf Kunden, die vor den Feiertagen öfter kommen, um Wein zu kaufen. Frau Sochorová interessiert sich auch für die Geschichte dieses Ortes und hat einiges selbst in den Archiven gefunden:

Helena Sochorová
„Weinberge entstanden hier, als in Prosek die romanische Dreischiffbasilika gebaut wurde. Sie wurde dem böhmischen Landespatron, dem heiligen Wenzel geweiht. König Vladislav genehmigte damals dem Stift von Kladruby, auf diesem Gebiet Wein anzubauen. Seit dieser Zeit soll es schon Weinberge gegeben haben. Dieser Weinberg wurde nach dem Winzergut Máchalka benannt, das sich einst unterhalb des Weinbergs befand. Während des 19. Jahrhunderts ist es untergegangen.“

Der Weinberg Máchalka gehörte zu einer Weinriede, zu der weitere Weinberge gehörten – wie beispielsweise Krocínka, Fleisnerka oder Kelerka. Heute heißt die Weinriede „Pod Prosekem“ – also unterhalb von Prosek – sagt Helena Sochorová.

„Die Bezeichnung entstand aus dem Grund, weil ich den ursprünglichen Namen der Weinriede nirgendwo finden konnte. Aber ein Name für die Weinriede musste gefunden werden. Ich war schon unter Zeitdruck und habe gesagt: Wir befinden uns über dem Stadtteil Vysocany, aber unterhalb von Prosek. Und so habe ich die Weinriede ´Pod Prosekem´ genannt. Zwei Wochen später entdeckte ich im Archiv, dass sie einst den schönen Namen ´Na nebeských horách´ hatte - zu Deutsch etwa ´Auf den Himmelsbergen´. Ich konnte es aber nicht mehr ändern. Wir sind jetzt also auf den Himmelsbergen unterhalb von Prosek.“

Weingarten Máchalka
Noch vor etwa fünfzig Jahren gab es vor dem Weinberg Reste einer historischen Winzersäule. Sie stammte aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, sagt Frau Sochorová.

„Die Säule stellte eine Dominante in dieser Landschaft dar. Sie mahnte zur Einhaltung des Weinrechts und der Weinbauregeln. Die heutige Straße Prosecká war einst ein Handelsweg. Dieser führte aus Stará Boleslav / Altbunzlau bis zur Moldau. Im Jahre 1905 wurde diese Straße erweitert und befestigt, und die Winzersäule befand sich dadurch unter dem Straßenniveau. Bei Straßenarbeiten im Jahre 1965 wurde die Säule zerstört – nichts ist von ihr übrig geblieben. Auf dem Marktplatz von Prosek wurde vor einigen Jahren eine Kopie dieser Säule aufgestellt, die von zwei Weinstöcken Burgunder Weinrebe umgeben ist. In dieser Form ist die verschwundene Sehenswürdigkeit also doch erhalten geblieben.“

Mit der Erneuerung des Weinbergs Máchalka hat man in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts begonnen, als in diesem Ort die historischen Grünanlagen allmählich wieder belebt wurden. Zu den historischen Grünanlagen gehört auch die Winzertradition, sagt Helena Sochorová. Wie waren die Anfänge der Winzer von Máchalka?

Weingarten Máchalka
„Wir mussten ganz von vorne beginnen, denn Weinberge gab es hier nicht mehr. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts wurde Wein auf dem Weingut Fleischnerka angebaut. Mit der Zeit sind sowohl die Weinberge, als auch die inzwischen errichteten Parkanlagen eingegangen. Als wir uns 1996 hier umgesehen haben, war hier nur ein Dschungel: Alte verwilderte Bäume, tote Bäume, Dornbüsche, hohes Gras. Es sah hier schrecklich aus. Wir fingen mit der Rekultivierung an. Ende 1997 wurden die ersten Weinsträucher angebaut. Im Jahre 2000 gab es die erste Weinlese.“

Helena Sochorová ist ursprünglich Krankenschwester von Beruf. Die Wiederbelebung des Weinanbaus in Prosek initiierte ein Verwandter von ihr, und da war sie von Anfang an dabei. Sie sorgte zuerst dafür, den Weinberg zu propagieren. Als sie die Winzergenossenschaft zu leiten begann – zuerst sollte es nur eine vorübergehende Leitungsarbeit sein – hat sie sich im Weinanbau von einem Weinforscher schulen lassen. Und mit der Zeit ist sie dem Weinberg verfallen. Wie sie einräumt, ist sie keine große Weintrinkerin, aber sie liebt die Arbeit im Weinberg und alles, was damit zusammenhängt.

Weingarten Máchalka
„Mich muss eine Tätigkeit begeistern, um mich damit mehr zu beschäftigen. Ich meine, dass wir die Natur manchmal stiefmütterlich behandeln. Hier ist es doch so zauberhaft. Wenn ich um 6 Uhr früh komme und mir den Weingarten anschaue, spüre ich, wie der Weinberg atmet. Hier kann man auch Nachtigallen singen hören, dabei sind wir doch mitten in der Großstadt Prag! Ich habe ein schönes Gefühl hier und vergesse alle Sorgen. Ich bin sehr gern hier.“

In unserer heutigen Sendung über den Weinberg im Stadtteil Prosek war über den Handelsweg die Rede, der aus Stará Boleslav nach Prag führte. Die Stadt Stará Boleslav ist mit dem böhmischen Landespatron, dem Hl. Wenzel eng verbunden: Dort wurde der Premyslidenfürst ermordet. Falls Sie wissen, wann, können Sie es uns schreiben, denn so lautet die heutige Frage zur Sendung, für deren richtige Beantwortung Sie ein Buch über Prag gewinnen können. Ihre Zuschriften richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradská 12, PLZ 120 99 Prag 2, Tschechien.

Im November fragten wir Sie danach, wann und an welchem Moldauufer die Prager Neustadt gegründet wurde. Es war 1348, und die Neustadt liegt auf dem rechten Moldauufer. Ein Buch geht diesmal an Günther Kischel aus Kornwestheim.

Fotos: Autorin