Trimm-Dich-Übungen Fridolin Hojers begeistern auch nach 100 Jahren

Fridolin Hojer

Immer wieder und immer öfter bekommt man heutzutage zu hören und zu lesen, wie wichtig körperliche Aktivitäten für die Gesundheit des Menschen sind, die physische wie auch die psychische. Die moderne Medizin weiß uns das mit handfesten Fakten nahe zu legen, und es liegt an jedem von uns, wie man mit den Empfehlungen der Mediziner umgeht. Dass es viele ernst nehmen, davon zeugt die ständig steigende Besucherzahl in den Fitness-Salons oder Wellness-Einrichtungen. Man sich aber auch auf eine recht herkömmliche Weise fit halten, so wie es zum Beispiel die Mitglieder eines Turnvereins in Prag tun.

Dass im gesunden Körper gesunder Geist angesiedelt ist, wusste man schließlich schon in der Antike. Das aus jener Zeit stammende Sprichwort "Mens sana in corpore sano" schrieben sich auch die Enthusiasten auf die Fahne, die 1862 den ersten tschechischen Turnverein in der Habsburger Monarchie mit dem Namen Sokol / Falke gründeten. Dieses Kredo hat sich seinerzeit auch ein junger Mann zu Eigen gemacht, der zunächst mit Begeisterung im Sokol-Verein turnte, später aber Vorkämpfer einer hierzulande neuen Sportart wurde, und zwar der Schwerathletik. Er hieß Fridolin Hojer und die nach ihm benannten Übungen mit kleinen Hanteln werden bis heute geturnt.

"Ich komme zum Turnen erst seit fünf Jahren, jetzt zwei Mal in der Woche. Ich glaube, diese Übungen halten einen zusammen, sowohl körperlich als auch psychisch. Außerdem kann man dabei den alltäglichen Stress spürbar abbauen."

So Rudolf Skuhra, eines der Mitglieder eines Prager Turnvereins, in dem die so genannten Hojer-Übungen hoch gehalten werden:

"Sie werden zehn bis hundertmal wiederholt. Es ist eine Übungsserie mit Rumpfbeuge, Kniebeuge, Aufsprung. Am Anfang ist es ziemlich einfach, aber die Übungen werden immer schwerer und man schwitzt auch immer mehr. Wenn man durchhält und passende Übungen wählt, dann kann jeder mitmachen."

Machen wir jetzt einen kleinen Exkurs in die Geschichte, um etwas mehr über Fridolin Hojer zu erfahren. Er wurde 1868 in einer sehr armen Familie mit neun Kindern geboren, die in den Prager Arbeitervierteln Zizkov und Karlin lebte. Sehr jung ging er in die Lehre und arbeitete als Kesselmonteur an Lokomotiven, um Kesselbauer zu werden. Mit sechzehn Jahren trat er in den Turnverein Sokol ein. Der junge Fridolin war körperlich sehr geschickt und sehr gut für mehrere Sportdisziplinen disponiert, insbesondere in Leichtathletik, Ringen und Fechten, aber auch in der Gymnastik.

Mit seinem Freund und Trainingspartner Josef Balej besuchte Hojer oft das Varietetheater in Karlin, in dem ausländische Kraftmänner auftraten. Ihre Leistungen hatten es den beiden angetan, sodass sie heimlich hinter den Kulissen mit ihren Hanteln trainierten. Nach einiger Zeit traten Hojer und Balej selbst als ein Kräftemännerduo auf. Zunächst in einfachen Gastwirtschaftslokalen mit eigenhändig angefertigten Turnzeug, mit wassergefüllten Fässern oder Steinblöcken. 1892 wurden sie im Zirkus "Jung" im Prager Zizkov engagiert, und nachdem Fridolin Hojer in der Lage war, zwei Pferde hochzuheben, kam auch das Angebot zum Engagement im Zizkover Variete. Später schloss sich dem Duo noch Josef Soukup an und alle drei bauten ein Programm auf, das für lange Zeit landesweit ohne Konkurrenz war. Dabei ist es aber nicht geblieben.

1895 wurde in Prag der erste Schwerathletikklub gegründet. Neben Gewichtheben und Ringen haben die Sportler auch andere Disziplinen betrieben: Diskuswerfen, Säbelfechten, Hoch- und Weitsprung, aber auch Stabhochsprung und eine funkelnagelneue Disziplin - das Boxen. 1897 entstand die "Tschechische Ahletische Amateurunion", die alle Sportklubs vereinte und 1902 Fridolin Hojer als ihren ersten Schwerathletikinstruktor ernannte. Zwei Jahre später hat er aber seine Laufbahn als aktiver Sportler beendet. Das Turnen hat Hojer allerdings nie verlassen. Im Gegenteil, er hat es revolutioniert. Einer seiner Zöglinge, Ludvik Makovec, der den erwähnten Turnverein leitet, weiß mehr:

"Er hatte natürlich Mäzene, die hinter ihm standen. Es war eine Gruppe von Sportfreunden, die unter der Leitung von Fridolin Hojer eine Sportschule auf dem Prager Karlsplatz gründete. Es war ein schönes und viel besuchtes Gebäude. 1915 richtete Hojer einen neuen Turnsaal im Hotel Zlata husa (Zur Goldenen Gans) auf dem Wenzelsplatz ein, wo er die Turnübungen unter anderem auch schon seinem Sohn beibrachte. Er litt unter Rachitis und der Vater Fridolin Hojer hat aus ihm einen gesunden Mann gemacht, der das Turnübungsprogramm mit kleinen Hanteln weiter ausgebaut und mit neuen Techniken vervollkommnet hat."

Fridolin Hojer kann man als Begründer der tschechischen Rehabilitationsgymnastik bezeichnen. Aufgrund seiner negativen Erfahrungen mit Trainingsüberforderung hat er eine neue Konzeption gesunder Übungen geschaffen. Ludvik Makovec:

"Es geht im Prinzip um ein Konditionstraining mit Ausdauerübungen, die auf richtige Atmung und Pulsfrequenz ausgerichtet sind. Sie helfen vor allem Menschen, die bei der Arbeit sitzen, aber auch ehemaligen Sportlern, die Probleme mit der Wirbelsäule haben."

Seine beim Sport und Training gemachten Erfahrungen, aber auch seine Kenntnisse aus der Anatomie und Physiologie haben Fridolin Hojer geholfen, eine in der damaligen Zeit vollkommene Methodik der Rehabilitationsgymnastik auszuarbeiten:

"Dieses Turnen hat eine wohltuende Wirkung. Bei Männern fördert es die Potenz, es kann auch Herzleiden positiv beeinflussen. Es ist anstrengend, aber schön",

sagt überzeugt Ludvik Makovec. Kurz und gut, durch diese Übungen wird man auf die Beine gestellt. Die Turnvereinsmitglieder haben sich neuerdings selbst ein Turnprogramm mit Musik ausgearbeitet. Die Musik wird von einer CD gespielt, aber es wird auch gesungen:

Lassen wir abschließend noch einige der Sänger selbst zu Worte kommen. Was bedeuten für sie die Hojer-Übungen?

"Ich turne schon 13 Jahre und fühle mich besser als am Anfang vor 13 Jahren. Man sagt, das man durch diese Turnübungen zusätzlich zehn Jahre gesundes Leben gewinnen kann."

"Ich komme seit fünf Jahren und das Turnen hat mir sehr geholfen, vor allem bei Rücken- und Kopfschmerzen am Morgen beim Aufstehen"

"Ich habe mich der Gruppe erst vor etwa einem halben Jahr durch Zufall angeschlossen und es gefällt mir sehr. Eine phantastische Erholung, ein tolles Team. Ich glaube, dass hier alle begeistert sind."