Sozialdemokraten wollen vorgezogene Neuwahlen

Jiri Paroubek (Foto: CTK)

Die Opposition ist im Aufwind: Nach dem monatelangen Tauziehen um Haushalts- und Finanzreform und der Endlosaffäre um Vizepremier Jiri Cunek haben sich die Sozialdemokraten in den Wahlprognosen inzwischen leicht vor die regierende ODS schieben können. Sozialdemokraten-Chef Jiri Paroubek will die günstige Thermik nun für weitere Höhenflüge nutzen: Er kündigte an, im Abgeordnetenhaus die Vertrauensfrage zu stellen.

Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Eine Regierung weiter zu tolerieren, die in der öffentlichen Meinung so viel Boden verloren habe, heiße, sich mit der eigenen Oppositionsrolle abzufinden und den Willen der Wähler zu ignorieren, so Paroubek:

"Ich glaube, wir sind sehr korrekt vorgegangen - wir haben keine Hysterie verbreitet, sondern wirklich korrekt abgewartet, wie die Dinge sich entwickeln. Und jetzt hat sich aber gezeigt, dass die Probleme wirklich tief liegen, und das ist der letzte Tropfen, der das Fass unserer Geduld wirklich zum Überlaufen gebracht hat."

Die Regierung sei unstabil und den Aufgaben nicht gewachsen, hieß es aus Reihen der Sozialdemokraten. Parteichef Paroubek verwies vor allem auf die Affäre rund um Vizepremier Jiri Cunek, der nach Vorwürfen des Sozialmissbrauchs für den kommenden Mittwoch seinen Rücktritt angekündigt hatte.

"Die sauberste Lösung wären Neuwahlen. Ich hoffe, dass die ODS die gleiche Courage haben wird, wie die Brüder Kaczynski in Polen, die auch alles auf eine Karte gesetzt haben."

Jiri Cunek  (Foto: CTK)
Und zwar auf die Karte des Verlierers, wie man anfügen könnte. Die Bürgerdemokraten unter Premier Mirek Topolanek sehen dazu aber bislang keinen Anlass. Die Dreierkoalition mit Christdemokraten und Grünen, die ihre Regierungsmehrheit auf die Stimmen zweier sozialdemokratischer Überläufer stützt, mag wackelig erscheinen, hat aber bislang alle Krisen gemeistert, wie Regierungssprecherin Jana Bartosova in Erinnerung bringt:

"Mit dem Rücktritt von Jiri Cunek hat sich erneut bestätigt, dass die Koalition funktioniert und die Regierung stabil ist. Das belegt auch die Tatsache, dass die Regierung im Parlament alle wichtigen Gesetze durchsetzen konnte. Was nun die Vertrauensfrage angeht, können die Sozialdemokraten schlecht zunächst die Abberufung von Jiri Cunek fordern und nach seinem Rücktritt von einer Destabilisierung der Regierung reden."

Sozialdemokraten waren gemeinsam mit den Kommunisten, die auch diesmal bereits ihre Unterstützung signalisiert haben, bereits im vergangenen Juni beim Versuch gescheitert, der Regierung dass Misstrauen auszusprechen. Der zweite Anlauf soll nun im November von den Abgeordneten verhandelt werden. Die Koalition gibt sich derweil betont gelassen. Für den ODS-Abgeordneten Oldrich Vojir ist das ganze ein Schaugefecht:

"Es ist natürlich das gute Recht der Opposition, die Vertrauensfrage zu stellen, aber leider bedeutet das nur eine weitere Verzögerung der Arbeit von Regierung und Parlament."