Weg! Das neue Hörspiel von Radio Prag
Die Hörer von Radio Prag dürfen gespannt sein: Am 28. September, in Tschechien ein Staatsfeiertag, senden wir ein Hörspiel, das der junge tschechische Dramatiker Miroslav Bambusek für uns geschrieben hat. Hintergrund der Handlung: Die so genannte wilde Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg und die gewalttätigen Übergriffe gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Gerald Schubert hat das Stück übersetzt und mitproduziert, Christian Rühmkorf hat mit ihm gesprochen.
Wie unsere Stammhörer wissen, sendet Radio Prag ja für gewöhnlich ein tägliches halbstündiges Informationsprogramm. Wie ist denn die Idee entstanden, am 28. September einmal eine Ausnahme zu machen und ein Hörspiel auszustrahlen?
"Miroslav Bambusek hat sich schon vorher mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Gewalt gegenüber der deutschen Zivilbevölkerung auseinandergesetzt. Er hat zu diesem Thema ein Theaterstück namens "Porta Apostolorum" geschrieben, das voriges Jahr in Prag mit großem Erfolg aufgeführt wurde. Wir sind dann an ihn herangetreten und haben ihn gefragt, ob er nicht Lust hat, auf Basis dieser Geschichte ein Hörspiel zu produzieren. Das ist allerdings sehr schwierig. Auf der Bühne sind eine Menge Menschen, und die Handlung ist komplizierter. Ein Hörspiel fordert da eine radikale Reduktion. Der Hörer hat keine Bühne vor Augen, an der er sich optisch orientieren kann. Bambusek hat also die Besetzung auf drei Personen reduziert und die Geschichte umgeschrieben. Eigentlich ist am Ende eine ganz andere Handlung herausgekommen, aber die Basis ist doch der historische Hintergrund, von dem wir gesprochen haben. Zuerst wurde das Stück auf Tschechisch geschrieben, produziert und ausgestrahlt. Danach habe ich es in Deutsche übersetzt. Wir wollten zeigen, dass man sich auch hier mit diesem Thema beschäftigt. Wenn es um die gemeinsame Vergangenheitsbewältigung geht, dann wirft man dem jeweils anderen Land gerne vor, es beschäftige sich nicht ausreichend mit den eigenen Verfehlungen in der Geschichte. Dieses Argument ist ein bisschen billig. Wir wollten zeigen, dass es in Tschechien junge Künstler gibt, die das sehr wohl tun."
Es ist aber nicht das erste Mal, dass Radio Prag diesen Weg beschritten und ein Hörspiel produziert hat, oder?
"Das ist richtig. Allerdings liegt unsere letzte Hörspielproduktion schon ein Weilchen zurück. Im Jahr 2003 haben wir 'Der Schutzengel', ein Hörspiel von Vaclav Havel, in deutscher Sprache produziert und gesendet. Wir haben es später auch in den Tschechischen Zentren in Berlin und Wien präsentiert. Der Erfolg war gut, die Menschen waren interessiert, und deshalb haben wir beschlossen, etwas in der Art noch mal zu machen."Nochmals zu dem Hörspiel, das uns am 28. September erwartet: Es handelt sich ja um ein Stück mit tschechisch-deutschem Hintergrund, in dem sowohl Tschechen als auch Deutsche auftreten. Welche Bedeutung hatte das für die Übersetzung respektive für die Besetzung der Rollen?
"Für die Übersetzung zunächst mal keine. Das Stück war ganz auf Tschechisch geschrieben und ich habe es einfach ins Deutsche übertragen. Für die Besetzung aber hatte das in der Tat eine Bedeutung. Es handelt sich um eine Liebesgeschichte vor dem genannten historischen Hintergrund, verquickt mit einer - sagen wir Kriminalhandlung. In dieser Liebesgeschichte spielen ein junger Tscheche und eine junge Deutsche eine Rolle. Der junge Tscheche wurde von einem Tschechen gespielt, der deutsch spricht und seine Sache sehr gut macht. Die junge Deutsche wird von einer tschechischen Schauspielerin gespielt, die in ihrer Jugend lange Zeit in Österreich gelebt hat und komplett zweisprachig ist. Und dann gibt es noch eine Rolle, die quasi von außen her in die Handlung involviert ist, aus dem Off spricht und die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft. Das ist Karel Weinlich, ein altgedienter tschechischer Rundfunkregisseur, der sich nun einmal auf die andere Seite des Mikrofons begeben hat und selbst spricht - und das noch dazu auf Deutsch."